Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

28. September 2008

Ökonomische Voraussetzungen

Reden wir hier mal von etwas tristeren Dingen, nämlich unter welchen Voraussetzungen die vierte Menschheitsepoche überhaupt Fuß fassen kann.

Zum einen gibt es eine kulturelle Voraussetzung, nämlich daß die Menschen nicht zu sehr in der dritten Epoche verwurzelt sind. Epochenumbrüche brauchen starke Kontraste. Nur eine Gruppe Menschen, welche noch in der ersten oder zweiten Epoche steckt, kann die notwendige Leidenschaft aufbringen, um die vierte Epoche zu erreichen.

Meine Zeit in Frankreich hat mir das hinreichend klar gemacht, daß man den Franzosen nicht erzählen kann, wie die Dinge laufen sollten, weil sie sie zur Zeit besser handhaben als jeder sonst.

Einer gewissen Rückständigkeit bedarf es also, und psychologisch wohl eines gewissen Wahnsinns. Ich mag in bezug auf die dritte Epoche ja nur ungern Namen nennen, aber es gibt da einen definitv Wahnsinnigen mit dem sich Nietzsche sehr auseinandergesetzt hat, weil er in ihm den Grund für den Aufstieg der dritten Epoche gesehen hat. Und auch wenn Nietzsche da vielleicht etwas übertrieben hat, ganz von der Hand weisen läßt es sich nicht, daß eine gewisse Verblendung dem Prozesse der Abkoppelung und Selbständigwerdung nicht abträglich sein kann.

Vor allem anderen bedarf es aber einer ökonomischen Ausgangslage, welche es den Menschen gestattet ihren Lebensbedarf duch Gelegenheitsarbeiten zu decken.

Es ist nicht davon auszugehen, daß es den gegenwärtig Mächtigen gelingen wird, die systemimmanenten Probleme der Industrialisierung zu lösen, ohne daß ich sie hier im einzelnen aufzählen möchte, ein Hinweis auf Aldous Huxley muß genügen. Und es liegt in der Natur der Arbeit selbst, daß ein Arbeiter, welcher seine transzendente Bedeutung im Suff oder vor der Glotze erstickt, um etliches produktiver ist als einer, welcher sie neben seiner Arbeit nicht vergißt. Es ist somit auch nicht davon auszugehen, daß die Effizienzzwänge, welche sich letztlich auf das zweite Gesetz der Thermodynamik gründen, es zulassen werden, Arbeit gesellschaftsverträglich zu teilen.

M.a.W. muß man die Menschen, welche an der Wertschöpfung beteiligt sind, von der Gruppe jener Menschen ausschließen, welchen die Gelegenheit gegeben sein könnte, ihre Freiheit zur Vermehrung der Freiheit ihrer Mitmenschen einzusetzen.

Die übrigen Menschen sind entweder Rechteinhaber, z.B. Vermieter, welche ihren Lebensunterhalt durch Abschöpfen des zuvor geschöpften Wertes verdienen, Angestellte des Gemeinwesens, z.B. Stadtgärtner, welche sich also für einen sehr mächtigen Rechteinhaber zur Bereitstellung gewisser Annehmlichkeiten verdingen oder sie sind im gunsterweisenden Gewerbe, z.B. Schuhputzer.

Die zweite dieser drei Gruppen ist zwar strenggenommen nicht an der Wertschöpfung beteiligt (ja, ja, im Bereich Bildung stehen da jetzt den Leuten die Haare zu Berge, ob einer so groben Abhandlung, was soll's, hierfür ist sie feinsinnig genug), die Arbeitssituation dieser Angestellter unterscheidet sich aber nicht grundsätzlich von jener derer, welche direkt Werte schöpfen, m.a.W. sind diese Menschen auch auszuschließen. Die anderen beiden Gruppen freilich befinden sich in der richtigen ökonomischen Ausgangslage.

Vielleicht wird ein engagierter sozialistischer Politiker darauf hinweisen, daß das Gemeinwesen nicht in dem selben Maße den Effizienzzwängen ausgesetzt ist, wie private Unternehmen, und sich dort also ein Weg eröffnete, wenigstens im staatlichen Sektor Arbeit gesellschaftsverträglich zu teilen. Das ist auch nicht ganz falsch, so lange die Steuereinnahmen sicher sind, versteht sich. Sie wären es beispielsweise bei vorhandenen Rohstoffen, was letztlich daran liegt, daß der Staat dann im internationalen Handel Rechteinhaber wäre. Wenn er das allerdings nicht ist, so ist er auf seine Wertschöpfung angewiesen, und ob ihm eine unschlagbar teure Infrastruktur dabei hilft, darf dann wohl zurecht bezweifelt werden.

Stop! Was wäre wenn es nur noch einen Staat gäbe, weltweit? Dann läßt sich das in der Tat durchziehen, das ist klar. Der Weltstaat wird aber wohl auch nicht kommen, und zwar deshalb, weil es, wie gezeigt, kein positives Referenzmodell geben kann. Kein Staat der Erde kann vormachen, wie es später im Weltstaat wäre, jedenfalls nicht ohne die Sicherheit, welche er als Rechteinhaber besitzen müßte, auf's Spiel zu setzen. Und ohne Referenzmodell müßte man die Menschen wahrlich zu ihrem Glück zwingen, noch bevor es eine weltweite Autorität gäbe. Nur, wie soll das gehen?

In diesem Zusammenhang sei kurz erwähnt, daß die Korrumpierbarkeit, welche der Hegemonie zu Grunde liegt, nur so lange trägt, wie alles gut läuft, also eine reine Zweckgemeinschaft ist, aus welcher man unter keinen Umständen schließen kann, daß die beteiligten Staaten für einen Zusammenschluß bereit wären. Und daß die Dinge nicht mehr gut laufen, ist eben genau der Preis, den der Hegemon, der oberste Rechteinhaber, auf's Spiel setzt, wenn er seine Macht über die ihm gesteckten Grenzen hinaus auszudehnen sucht. Es läßt sich nur ein bestimmtes Maß an Gefolgschaft erkaufen.

Das sind meine Zweifel am Zustandekommen eines Weltstaates. Und wenn er käme, wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit geistiges Gift. Es gibt nämlich neben der rein materiellen Schwierigkeit für die vierte Epoche bereit zu sein auch noch eine geistige, welche sich daraus erklärt, daß wieder einmal die entropischen Effizienzzwänge dazu führen, daß niemand in einem Umfeld zu einem erfolgreichen, selbständigen Menschen heranwachsen kann, in dem es möglich ist durch Anlehnung dieselben Aufgaben zu meistern. Anlehnung ist leichter. Konkret läuft das so, daß jemand, welcher gut darin ist sich anzulehnen, die durch die Anlehnung erhaltenen Informationen benutzen wird, um die selbständige Konkurrenz in seinem Umfeld auszubooten. Das wird ihm auch immer gelingen, was auch schon seit alters her bekannt ist und zur Fremdherrschaft benutzt wird, indem es nämlich einer Gruppe kooperativer Menschen gestattet wird, sich an die Schutzmacht anzulehnen, welche dadurch zwangsläufig zu einer Marionettenregierung wird. Genügend geltungssüchtige Menschen für diese doch eher schmutzige Arbeit gibt es in jedem Volk genug, da muß man sich keine Sorgen machen. Allerdings wird die Marionettenregierung nicht bloß durch Informationen gestützt werden müssen, sondern auch durch Gelder. Banken benutzen übrigens genau dieselbe Strategie, um ihre wirtschaftliche Macht auszubauen, m.a.W. finden diese Prozesse nicht nur zwischen Staaten statt, sondern auch innerhalb ihrer.

Der geistige Preis all dessen ist aber Faulheit, man kann wirklich davon sprechen, daß die Intelligenz eines Volkes von einem Pilz, welcher sich auf sie gelegt hat, verdaut wird. Auch dies ist übrigens eine direkte Folge der Effizienzzwänge, nur auf einer anderen Ebene, nämlich der organischen Evolution. Wenn ein System mit Blödmännern auskommt, wird sich die Natur nicht die Mühe machen, über dieses Ziel hinauszuschießen. Fledermäuse mit dicken Eiern haben kleine Hirne und umgekehrt. Hoden und Hirn sind stoffwechselmäßig teure Gewebe. Die Faulheit, welche man subjektiv verspürt, ist nur die Tendenz des eigenen Körpers sich zurückzubilden, und diese Tendenz ist stets vorhanden. Am deutlichsten ist dies an der Muskulatur zu erkennen, aber es gilt ganz allgemein. Der Punkt ist einfach der: weniger Muskeln bedeuten längeres Überleben bei gleicher Nahrungsaufnahme, Muskeln sind also unserem Überlebenstrieb aus gutem Grund suspekt. Mit dem Hirn verhält es sich nicht anders.

Es ist eingedenk dieses letzten Punktes, daß ich im vorigen Wahnsinn als wichtige Voraussetzung gefordert habe, denn wer in einem solchen Umfeld verbleibt ohne sich anzupassen, ist notwendigerweise wahnsinnig. Die Alternative für die weniger verrückten besteht natürlich darin, ein solches Umfeld zu fliehen. Das heißt aber das städtische Umfeld zu fliehen, denn in einer Stadt kann Selbständigkeit nicht denselben Stellenwert besitzen wie auf dem Land.

Ich mag nicht so recht darüber spekulieren, welches Land von all diesen Faktoren begünstigt wird. Die Antwort ist natürlich einfach genug und folgerichtig, wenn man die Geschichte Europas der letzten 3000 Jahre betrachtet, sie gefällt mir persönlich allerdings nicht allzu sehr, und ich möchte niemandem außerhalb dieses Landes den Mut nehmen, in seinen Verhältnissen das Beste zu erreichen, insbesondere auch deshalb, weil sich die Menschen jenes Landes bisher durch einen ausgesprochenen Mangel an gesellschaftlicher Verantwortlichkeit ausgezeichnet haben, was zwar einerseits den notwendigen Kontrast abgibt, um die Herzen der Menschen zu entzünden, andererseits aber auch eine Gefahr ist, denn Unerfahrenheit ist dies stets.

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