Bereitschaftsbeitrag

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19. Oktober 2008

Vom Gewahren und Entstehen des Wollens

Dies gleich vorneweg, meine bisherige Einordnung der Gefühle in schwindelartige, aufrufartige und wertschätzungsartige taugt herzlich wenig und ist das Produkt einer Motivationsanalyse, welche nach der vorrangigen Motivationsart für Organisches, Tierisches und Menschliches forschte. Insbesondere ist die Zuschreibung der wertschätzungsartigen Gefühle zur Vernunft nicht nur kraß falsch, indem sie nämlich im Widerspruch zur Dressierbarkeit der Tiere steht, sondern widerspricht sogar meiner eigenen Forderung nach Einheit von Funktion und Willen in allen existenten Teilen der Welt, da die Vernunft ja eben keine Funktion eigener Art ist, sondern lediglich eine Form der Anschauung und folgerichtig von organischen Gefühlen dominiert, wie ich es am Beispiel der Verwirrung auch bereits andeutete. Sicherlich stand bei dieser Fehldarstellung der Wunsch im Hintergrund, den Menschen als mehr als nur ein vernunftbegabtes Tier erscheinen zu lassen, was er aber eingestandenermaßen nicht ist.

Dieser Beitrag nun dient dazu aufruf- und wertschätzungsartige Gefühle als das zu beschreiben, was sie sind. Es wird darüberhinaus noch weiteres von den Gefühlen im allgemeinen zu sagen sein, was ich aber auf später verschieben möchte. Überhaupt waren mir die Gefühle bisher etwas lästig, da ich zunächst einmal unser Denkvermögen beschreiben wollte. Nun kehre ich also, nachdem ich mich erschöpfend mit sexueller und asexueller Liebe beschäftigt habe, zu ihnen zurück.

Wenn wir gewahren, gleich was, so ist unser Gefühl schon immer Teil des Gewahrten, es entsteht also nicht nachträglich, wie es anhand der maschinellen Analogie zu vermuten wäre. Nun befinden wir uns aber in einem von zwei Zuständen, entweder wir haben uns gerade dazu entschlossen etwas zu tun und sind nun just dabei oder wir lassen unsere Umwelt einfach auf uns einwirken. Im ersteren Falle ist unser Gefühl ein aufrufartiges, im zweiten ein wertschätzungsartiges, welches wir auch kürzer Gefallen nennen können.

Aufrufartige Gefühle entstehen nun nicht einfach so, sondern aus der Gewahrung (durch Wahrnehmung oder Erinnerung) eines Gefallens heraus. Es bildet sich eine innere Spannung, welche sich entweder in einem Entschluß entlädt oder auch nicht.

Zum Beispiel. Es gibt keine Wut ohne Scheu. Nur wer an der Zurückhaltung seiner Mitmenschen positiven Anteil nimmt, ist überhaupt fähig, über einer Dreistigkeit wider jene Zurückhaltung wütend zu werden, und er wird diese Fähigkeit verlieren, sobald ihm der Glaube an die Scheu seiner Mitmenschen verloren geht, denn wer keine Ehrfurcht besitzt, den gilt es auch nicht durch einen Wutausbruch in ihr zu bestärken.

Ein anderes Beispiel. Es gibt keinen Sadismus ohne Häme. Nur wer sich in der Rolle des Zwingenden gefällt, ist zu spontaner Bosheit fähig, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet.

Wie ein Mensch sich und die Welt sieht, bestimmt also auf solchem Wege, zu welchen Taten er schreitet, und was ich im vorigen Beitrag beschrieben habe, war das Gefallen oder Mißfallen am eigenen inneren Leben, der eigenen Orientiert- und Informiertheit, insbesondere dem Selbstverständnis und der Selbstentsprechung.

Dieses Gefallen oder Mißfallen lastet ein Leben lang auf uns, und es aus anfänglichem Mißfallen in Gefallen zu wandeln, ist unser aller Aufgabe, welche insbesondere in den religiösen Schriften der Inder verherrlicht ist. Die Kuh ist dort nicht aus Zufall zum heiligen Tiere aufgestiegen, sondern weil sie wie kaum ein anderes unentschlossen erhaben und entschlossen erniedrigt wirkt. Die Homogenität der Regel allerdings fordert auch für den inneren Frieden die Möglichkeit zur Entladung, und dieser ist in der Tat gespannt, sonst wäre er nämlich Schlaf.

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