Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

12. Juni 2012

Versuche im Freien

Wie unsere Stimmung uns leitet, habe ich zwar schon im Beitrag über das Räderwerk der Seele beschrieben, aber einen Aspekt dessen, nämlich das probeweise Ausprobieren einer neuen Haltung, möchte ich hier noch einmal genauer betrachten.

Um eine neue Haltung ausprobieren zu können, müssen wir uns offensichtlich zunächst einmal von unserer sich gefestigt habenden Haltung lösen. Diese Loslösung findet aber nicht isoliert statt, wir werden vielmehr von einer neuen Haltung, welcher wir uns öffnen, fortgerissen. Stets geht es dabei um Dinge, welche wir bewerkstelligen könnten, wenn wir uns nur auf ihre Bewerkstelligung einließen. Uns überkommt der Überschwang des Tatendranges, letztlich aus einer Art Narzißmus, wir glauben nur allzu gerne, das alles, was wir bisher getan haben, nichts ist, im Vergleich dazu, was wir noch alles tun und sein könnten.

Jedenfalls geht es mir so, doch greife ich aus diesem Tatendrang heraus mittlerweile regelmäßig zu Unterfangen, mit welchen ich mich vor 20 Jahren beschäftigt habe. Und das mündet dann sehr schnell in eine Destruktion des Selbstbildes, es bleiben die Stimmen der Kindheit, die der Mutter, des Vaters, Großvaters und so weiter.

Man blickt zurück auf seine sich gefestigt habende Haltung wie auf eine Ikone.

Zeit ist etwas tückisches. Ein ganzes Leben läßt sich in einem Augenblick überschauen. Man muß doch denken, daß man mehr ist, als was man so überschaut. Aber Gott stellt uns keine Falle, er gibt uns ein Kriterium zur Hand, welches uns erlaubt, unsere Reife zu beurteilen. Leuchtet die Ikone vor uns in warmer Glut oder tut sie es nicht?

Es scheint, daß mir noch irgendetwas fehlt, eine gewisse Grundwärme ist bereits vorhanden, aber der Moment des schmerzlichen Verlangens nach ihr ist noch nicht eingetreten. Nicht jenes treibt mich zurück, sondern der Schwindel meiner Kindheit.

Wohl kenne ich den Horizont meiner Taten und die Weise meines Wirkens. Ein bißchen ist es auch wie mit einer Frucht, man bereitet sich auf seinen freien Fall vor, wann man schließlich alles so nimmt, wie es kommt, wann alle Vorbereitung abgeschlossen ist.

Schon seit langem, seit sieben Jahren, lasse ich mich in der Hauptsache fallen, aber an anderen Dingen hielt ich fest, Dinge, zu welchen ich nun langsam eine benevolente Distanz einnehme. Dies alles ist Gottes Schöpfung, und er drückt sich in ihr aus, wie es ihm beliebt, gleich was geschieht. Die letzten Schwüre sind erfüllt, die letzten Fesseln gesprengt. Nein, ich denke, ich kann das jetzt.

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