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21. September 2013

Zwei Fragen zu ideellen transzendenten Akten

1. Ändern sich die Gesetze unserer Existenz wirklich oder scheint es uns nur so?

Es gibt keine Möglichkeit das zu entscheiden. Wenn wir ein neues Naturgesetz entdecken, nehmen wir an, es habe schon immer gegolten, mit Sicherheit wissen wir es aber selbst dann nicht, wenn wir damit eine Reihe von vergangenen Experimenten erklären können, denn wir können schließlich nicht eine statistisch relevante Wiederholung dieser Experimente zur Überprüfung des neu gefundenen Gesetzes in der Vergangenheit durchführen. Und wenn wir also noch nicht einmal von den Gesetzen des Beharrens wissen, daß sie existiert haben, bevor wir anfingen, sie in Experimenten zu erfassen, so um so weniger von den übrigen Gesetzen, welche nicht in beliebigen Wiederholungen zum Vorschein kommen, sondern subjektive Voraussetzungen des Auftretens ihrer Phänomene besitzen.

2. Was bedeuten Voranschreiten und Zurücksetzung des ideellen Zykels hinsichtlich der Änderung der Gesetze unserer Existenz?

Ich muß zugeben, daß dies eine recht schwierige Frage ist, welche ich bisher nicht genügend bedacht habe. Wenn ich mit meinen bisherigen Aussagen über den Verlauf ideeller Zykel richtig liegen sollte, so steht an ihrem Anfang eine Fixierung eines Glaubens, und eines der ersten Wunder ist seine Verbreitung. Diese Verbreitung erfolgt aufgrund geänderter Interessen, und die Änderung der Interessen wäre also einer der ersten ideellen transzendenten Akte des Fortschreitens eines ideellen Zykels.

Indes, vielleicht ist auch die Änderung des Glaubens eines Menschen selbst schon ein ideeller transzendenter Akt. Ich neige dem stark zu, denn die meisten Menschen glauben wahrscheinlich überhaupt nicht, sondern lassen sich einfach ihrem Interesse gemäß treiben. Und wer glaubt, der wird ja durch seinen Glauben gesetzmäßig bestimmt. Wenn sich also sein Glaube ändert, liegt eine Änderung der Gesetze vor, das heißt ein transzendenter ideeller Akt. Gut, ich will das nicht wertend verstanden wissen, man kann natürlich auch sagen, daß der Glaube der Vielen vage sei, und sich deshalb nicht ändern muß.

Betrachten wir kurz die Bibel vor diesem Hintergrund. Jesu Glaube mag sich mit seiner Taufe geändert haben, aber das ist eine bloße Möglichkeit. Eine Änderung des Interesses begegnet hingegen schon wahrscheinlicherweise in der Ausschüttung des Heiligen Geistes. Und Saulus' Bekehrung ist geradezu notwendig eine Metapher dafür, daß sich mit dem Wachstum des Christentums auch der Glaube anderer Gläubiger ändern muß.

Abgesehen vom ersten dieser Akte, handelt es sich sicherlich um transzendente Akte des Fortschreitens eines ideellen Zykels. Was den ersten angeht, so ist es nicht so klar, um was es sich dabei handelt, ja, es ist ja noch nicht einmal klar, ob es sich dabei überhaupt um einen transzendenten Akt handelt.

Natürlich hat die Renaissance nicht bei Null angefangen, unser Bild von ihr ist das eines Magiers, welcher Kaninchen aus einem Hut zaubert, aber so ist es selbstverständlich nicht. Die Chemie hatte eine Jahrhunderte alte Vorgeschichte, und vielleicht, aber das bleibt wieder nur eine Möglichkeit, spielten ideelle transzendente Akte eine Rolle bei der Formung ihrer Gesetze.

Interessanterweise gibt es eine georgische Legende, welche ausgerechnet zu Sowjetzeiten verfilmt wurde, welche genau das behauptet. Hier der Film, Die Legende der Festung Suram.



Georgisch ohne Untertitel, aber der Stoff  ist so archetypisch, daß der Film auch als Stummfilm funktioniert. (Gut, wenn Sie meinen, daß der Film so oder so nicht funktioniert, ist das eine andere Sache.) Was genau hier alles metaphorisch beschrieben wird, sei dem Urteil eines jeden Zuschauers überlassen, aber daß es hier nur um die Notwendigkeit der Selbstaufopferung für die Funktionsfähigkeit einer Armee geht, halte ich aufgrund der Darstellung von sich Opferndem und Armeeführer für nicht allzu wahrscheinlich, soll heißen, ich sehe da den ideellen Zykel insgesamt, daß die reinsten und zartesten Dinge zu den gröbsten und wildesten heranwachsen.

Mehr kann ich indes nicht zum Fortschreiten des ideellen Zykels durch sich ändernde Gesetze zusammentragen. Bleibt die Zurücksetzung. Diese müßte eine Phase der Verunsicherung darstellen, nicht durch äußere Gewalt, nicht durch das Neue, sondern aus innerem Zweifel am Alten. Daß, wie in der Legende der Festung Suram, alles zerfällt.

Ich bin geneigt das Zerreißen des Vorhangs und die Öffnung der Gräber so zu verstehen, auch wenn es chronologisch nicht paßt, dies sind Metaphern und ihr Wert als Metaphern übersteigt ihren Wert als Fakten.

Der Weg der Menschheit als auch des Einzelnen mag darin bestehen, den Glauben erst verlieren zu müssen, um ihn neu finden zu können.

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