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22. Januar 2014

Betrachtungen zum Altsächsischen (l-)

Das loo/us-Wortnest.

Loos (los, ledig, frei, aber auch: falsch, treulos, tugendlos), wie auch heute noch, etwa in einer losen Rede, welche auch im Heliand belegt ist: loos-word (böse Rede, Schmähwort), loos-werk (Übeltat).

Weiterhin loosian (wegnehmen, fortnehmen, lösen, erlösen, befreien), a-loosian (abnehmen, wegnehmen, erlösen, befreien), bi-loosian (loslösen, trennen), loosoon (frei machen, befreien).

Und schließlich lust (Lust, Begierde, Freude, Willkür), far-lust (Verderben, Untergang, Tod) - das Schwinden der Lust, lustean, gi-lustean (gelüsten), lust-sam (erfreulich, angenehm).

Die Ansicht, daß das freie Ausleben der Lust so seine Probleme schafft, ist also bereits vorchristlich.

Das lo(o)/ub/f-Wortnest.

Wahrscheinlich steht es sogar mit dem vorigen Wortnest in einer Beziehung: Wo das Lose, die Lust kräftig aufrührt, da entspringt das Lob aus einem sanften Gefallen, einem Angetan Sein, welches sich über das Gemüt legt. Beweisstück A: lubhig (willig, willfährig).

Weiterhin lobhoon (loben, preisen), lof (Lob, Preis), lof-saalig (mit Lob beglückt, gepriesen), lof-sam (lobenswert).

Und schließlich leitet sich noch glauben hiervon ab, ist also ursprünglich gänzlich äußerlich gemeint gewesen, daß jemand aus seinem Glauben heraus etwas lobt: Dieses ständige Gelobe!

Gi-loobhian (glauben), gi-loobhig (gläubig), gi-loobho (Glaube).

Vielleicht hängt auch loof (Laub) poetisch mit lof (Lob) zusammen.

Das liik-Wortnest.

Jetzt wird es schon etwas schwieriger. Was ist die ursprüngliche Bedeutung der Wurzel?

Ich tippe auf gemäß.

Liik (Leib, Körper, Fleisch, toter Körper, Leiche),  gi-liik (von derselben Art, gleich) - gleich und Leiche hängen sinnmäßig zusammen, gi-liik-nessi (Bild, Gleichnis), liikoon (gefallen, angenehm sein, wahrscheinlich am treuesten: sympathisch sein) - und auch engl. to like und Leiche hängen sinnmäßig zusammen.

Vermutlich hat auch die Endsilbe -lich hier ihren Ursprung, etwa in ängst-lich: Angst gemäß.

Das li(i)b/f-Wortnest.

Libbian (leben, Leben haben, lebendig sein, ein Leben führen), liif (Leben, Person, Wesen), liif-nara (Lebensunterhalt) - wobei nara (Nahrung).

Lebensnährung ist wiederum begrüßenswert deutlich.

Das leef-Wortnest.

Und ein weiteres Beispiel der Kontrastierung im Altsächsischen.

Leef (krank, schwach, gebrechlich), leef-heed (Krankheit, Gebrechlichkeit).

Das lee/i(i)d(h)-Wortnest.

Leedian (leiten, führen, bringen, tragen), ant-leedean (entführen, fortbringen), far-leedean (böse Wege führen, verführen, verleiten), lidhoon (führen, bringen).

All dies betrifft andere, aber man kann sich ja auch selbst leiten, im Sinne von seinen Kurs halten. 

Lidh (Glied des menschlichen Leibes), liidhan (den Weg nehmen, gehen, ziehen, zur See fahren, schiffen), far-liidhan (weggehen von Jemand, verlassen).

Das leer-Wortnest.

Auch Lehrer gibt es schon länger.

Leera (Lehre, Unterweisung, Anweisung, Gebot), leereo (Lehrer), leerian (unterweisen, lehren).

Das lesan-Wortnest.

Lesen, indes, haben die Lehrer damals wohl nicht unterrichtet.

Lesan (lesen, auflesen, sammeln), a-lesan (auflesen), gi-lesan (zusammenlesen, sammeln).

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