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19. Januar 2017

Zur Mechanik der Auslieferung

Es gibt eine spezifische Bitte um Annahme, ein sich Anbieten, welches scheinbar das eigene Sein der Welt übergibt, in Wahrheit aber die Welt in sich aufsaugt und im eigenen Sein bündelt. Das ist die Mechanik der Auslieferung, die eigene Seele wird den Notwendigkeiten der Welt unterworfen, in unterschiedlichem Umfang und unterschiedlicher Schonungslosigkeit zum Knecht dessen, was Not tut, gemacht, und die Not flutet die Seele und gelangt durch sie in einen Körper, welcher ihr gemäß handeln kann, sie gibt ihm sein Wesen und er verleiht ihr Gehör vor Gott.

Anders ausgedrückt fällt die transzendente Schranke dadurch, daß sich unser Wesen für die Welt öffnet: Indem wir sie erhören, erhört Gott uns. Man könnte auch sagen, daß Transzendenz eine Dimension unserer Existenz regelt, in welcher wir uns zumeist nicht bewegen, nämlich der Dimension der Anteilnahme.

Anteilnahme freilich nicht in dem indirekten Sinne, in welchem wir sie zumeist meinen, wenn wir geradezu erschrocken unsere eigene Anhänglichkeit feststellen, als Fakt unserer Gemütsbewegung, sondern Anteilnahme in einem existentiellen Sinne, daß wir nicht ohne etwas außerhalb unserer existieren wollen, und unsere Existenz also an seine binden.

Diese Worte werden oft als Zeichen der Liebe ausgesprochen, aber dann bedeuten sie nur, daß es uns lieber wäre, aufgrund unserer indirekt festgestellten Anteilnahme nicht auf den anderen verzichten zu müssen. Die Bindung an die Existenz von etwas außerhalb von uns, von welcher ich rede, ist aber eine, welche in der Not des anderen fleht, mit ihm zu sterben, wenn Gott beschlossen hat, es sterben zu lassen, und zwar deshalb darum fleht, weil der Wegfall dieses anderen das gesamte eigene Wesen bedeutungslos machte. Und dieses geschieht nie bei einem einzelnen anderen Menschen, da sich keine Idee nur in einem einzigen Menschen zeigt.

Die eine Anteilnahme ist eine Tendenz, eine Strömung und die andere eine bewußte, lebenswichtige Entscheidung. Die eine hat etwas gefunden, an welches sich die Seele ohne große Gedanken ihre Chance ergreifend haftet, und die andere stellt erschrocken fest, daß ein Teil der bezugsnotwendigen Umwelt der Seele für immer verloren zu gehen droht und greift also nach diesem aus, indem sie sich ihm sich ausliefernd öffnet.

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