Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

10. Februar 2021

Theater und Macht

Es hilft, die politische Lage dem politischen Theater nach zu klassifizieren, da das politische Theater eine sehr einfache Struktur besitzt: ursprünglich ist es messianisch-philadelphisch, und nach Hitler ist es um eine diabolische Rolle erweitert worden.

Die messianisch-philadelphische Rolle, der Schützer der Schwachen, ist selbstverständlich christlichen Ursprungs. Aber institutionalisiert wurde sie erst, um die königliche Rolle zu ersetzen, also im Rahmen der französischen Revolution. Der ursprüngliche Schützer der Schwachen ist die bürgerliche Gesellschaft mit all ihren Institutionen, vorneweg das Parlament mit Presse, Rechtsanwälten und Ärzten im Schlepptau, ersteres in Vertretung des Königs und letztere in Vertretung der Kirche.

Sehr bald und vorhersehbarerweise verschob sich die Rolle dann zu den Sozialisten, welche den Staat zum Schutzherrn der Armen machten. Während seine bürgerliche Rolle schlicht darauf gerichtet war, die Vorrechte des Adels zu brechen, übertrug der sozialistische Messias erhebliche Verantwortung für die Lebensverhältnisse der Arbeiter auf den Staat.

Deutlich später verschob sich die Rolle erneut auf den Umweltschutz, welcher dem Staat zusätzliche gegen die Industrie gerichtete Regelungsbefugnisse bescherte.

Der bürgerliche Messias ist eine hochkomplexe Konstruktion, welche selbstverständlich nicht organisch entstand, sondern von der katholische Kirche entworfen wurde (siehe auch Zur Halsbandaffäre und Goethes Märchen), doch der sozialistische und der grüne Messias sind organischen Ursprungs, wobei es offensichtlch ist, daß ein messianisches Bedeutungsvakuum dazu führt, daß sich eine neue messianische Rolle bilden kann, oder anders gesagt, daß, wenn alles Alte geregelt ist, Neues geregelt werden kann. Und in diesem Umstand wurzelt die diabolische Rolle, welche im Stande ist, alten Regeln durch neue Bedenklichkeiten neue Bedeutung einzuhauchen und auf diese Weise das Aufkommen einer neuen messianischen Rolle zu verhindern.

Allerdings ist der grüne Messias nicht der jüngste. Der jüngste Messias ist Soros. Das seltsame an Soros ist, wie ich ja nicht müde werde immer wieder zu betonen, daß ein glaubwürdiges Schutzanliegen einfach nicht zu erkennen ist, und wenn wir uns fragen, gegen wen der Soros huldigende Staat vorgeht, wird die Sache noch skurriler, denn es sind seine Bürger.

Ich wiederhole: Der Teufel dient dazu, den aktuellen Messias relevant zu erhalten und damit einen neuen Messias zu verhindern. Liegt hier also eine Finte vor? Anstatt den eigenen neuen Messias der Verteufelung auszusetzen, welche ihm gewiß wäre, einen anderen, hinreichend harmlosen Messias vorzuschieben, welcher, wenn er der aktuelle geworden ist, aufgrund seiner antibürgerlichen Ausrichtung den Teufel nicht zur Hilfe rufen kann? Trump konnte jedenfalls nicht erfolgreich verteufelt werden, und woran liegt das? Zum einen daran, daß er nicht viel getan hat, und zum anderen an dem zunehmenden Gewicht Soros'. Es fällt nicht schwer, die Lage zu extrapolieren.

Aber kommen wir nach diesen Vorbemerkungen zum eigentlichen Teil dieses Beitrags. So lange das messianisch-philadelphische Theater ungestört bleibt, hilft es der Gesellschaft, ihr Machtgleichgewicht zu erhalten, bestehende Härten abzubauen und entstehende zu hindern. Es gibt aber zwei Störungen:
  1. Kooptation und
  2. Verteufelung.
Die Kooptation führt dazu, daß bestimmte bestehende Härten mehr abgebaut werden als andere, beziehungsweise bestimmte entstehende Härten mehr gehindert. Und die Verteufelung führt wie gesagt zur künstlichen Relevanz eines Verhältnisses zu Lasten eines andern.

Nun gibt es aber einen nicht unwesentlichen Teil der Gesellschaft, welchen Härten nur in soweit betreffen, wie sie ihm vorgeworfen werden, nämlich jenen, welchem es gut geht. In soweit sie ihm vorgeworfen werden, hat er ein Interesse an Kooptation, aber nur in soweit. Und also wird der gutbürgerliche Teil der Gesellschaft kooptative Störungen des messianisch-philadelphischen Theaters gewähren lassen, so lange sie ihn nicht gerade persönlich betreffen (was Soros natürlich ausnutzt, aber nicht nur er).

Bei hinreichend bösem Willen läßt sich so eine erhebliche Schieflage in bürgerliche Gesellschaften einschleusen, welche nur ein ebenso klar gefaßter guter Wille abwenden könnte. Und da letzterer heutzutage unauffindbar ist, ergibt sich ein systemisches Interesse des Establishments an einem restaurativen Messias, welcher indes verteufelt würde, weshalb es eben zu den oben beschriebenen Windungen kommt.

Ich sagte, daß niemand erfolgreich politisches Theater spielen kann, außer der katholischen Kirche, wiewohl ich nicht sicher bin, daß ich es auch öffentlich gesagt habe, denn so recht begründen konnte ich es bisher nicht. Sicher, wer die Rollen in einem Theaterstück festlegt, nimmt Einfluß auf seine Handlung, aber das taugt doch nur zur Warnung. Jetzt aber sehen wir, daß die katholische Kirche über den Weg der Kooptation des zeitgenössischen Messias stets ihre eigenen Interessen ungehindert in einem konfessionell neutralen Umfeld durchsetzen kann, wobei ein explizit antikatholischer Messias quasi unmöglich ist und ein implizit antikatholischer sich normalerweise verteufeln läßt, und wenn sich die Normalität auch für einen Moment aufheben läßt, so doch nicht bleibend. Deshalb also: So wenig Theater wie möglich.

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