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21. Februar 2022

Die Entstehung des Ausstehenden aus dem Begriff: Aporrhoia, Telepathie und Anamnese

Ich habe in meiner Betrachtung der Polymorphie des Geistes ein wesentliches Merkmal von Träumen ausgeblendet, nämlich daß sie Begriffe darstellen, was mir heute Nacht wieder einmal überdeutlich wurde: zwar folgt die Phantasie im Traum nicht den Geboten der Besinnung, dafür aber den in einer Idee verbundenen Begriffen. (Ideen sind die Gegenstände der synthetischen Wahrnehmung, also, wie ich es in der jetzigen Terminologie ausdrücken würde, denn die Begriffe des Aufgreifens und Vorstellens haben sich verschoben, aufgegriffene Verbindungen.) Die Idee, welche meinem jüngsten Traum seine Gestalt gab, war amerikanische Ästhetik, provoziert durch meine Beschäftigung mit der deutschen Kirchenmusik des 16. Jahrhunderts, und ihre Gestalt war durch zwei sich gegenüberstehende American Football-Teams gegeben, zur Rechten ein männliches Team in Star Trek: The Next Generation-Ästhetik und zur Linken ein weibliches Team in Matrix-Ästhetik; ohne daß ich genauer in die Details gehen möchte, aber cool waren beide.

Diese Vorstellung nun, daß unsere Erfahrung aus einem Begriff entspringt, welche ich nach Johannes als Entstehung des im Begriffe Ausstehenden bezeichnen möchte, läßt sich sowohl auf den Kosmos, als auch auf den menschlichen Geist selbst anwenden. Auf den Kosmos angewandt heiße sie nach Plotinos Aporrhoia und auf den menschlichen Geist angewandt nach Platon Anamnese.

Aporrhoia ist das einfachere Konzept: Der Geist folgt einem geliebten Begriff und gestaltet die Welt also, gerade wie wenn wir träumen, Himmelskörper einander auf Kreisen geordnet umrundend, Jahreszeiten seelischen Kräften entsprechend und so weiter und so fort. Nach diesem Konzept ist uns im Rahmen der materiellen transzendenten Akte die Möglichkeit gegeben, unsere Liebe im weiteren Sinne in die vorübergehende, nicht aber die gesetzmäßige Gestaltung der Welt, eingehen zu lassen, derart, sofern es dem Geist beliebt, daß der Begriff
  • unserer Verbundenheit ihr gebietet,
  • unserer Liebe im engeren Sinne sich in ihr spiegelt und
  • unserer Zufriedenheit sie fügt.

Bei den funktionalen transzendenten Akten handelt es sich um Telepathie, und dazu später mehr, wenn wir den menschlichen Geist neuerlich durchgenommen haben, und bei den ideellen transzendenten Akten um die gesetzmäßige Gestaltung unseres eigenen Geistes. Diese habe ich indes bisher nicht vollständig verstanden. Der hiesige Ansatz läßt sich leicht auf sie anwenden, aber es ist wichtig, dabei genau hinzusehen.

Der Begriff
  • der Aufgerufenheit formt unsere Gehießenheit,
  • der Bedeutsamkeit unsere Erfahrungsweise und
  • der Zuversicht (Sinnhaftigkeit) unser Amt.
Zwei Fragen:
  1. Was begleitet der jeweilige begriffliche Eindruck? (Was ist sein Gegenstand?)
  2. Wie läuft die Gestaltung genau ab?
Die Antwort auf die erste Frage ist völlig banal, aber im Rahmen des hiesigen Ansatzes ungeheuer folgenreich:
  • Der Begriff der Aufgerufenheit bezieht sich auf den Besinnungsakt der Verfolgung,
  • jener der Bedeutsamkeit auf jenen der Einlösung und
  • jener der Zuversicht (Sinnhaftigkeit) auf jenen der Auslösung,
wobei
  • Aufgerufenheit dasjenige ist, was uns zur Verbundenheit fehlt,
  • Bedeutsamkeit dasjenige, was uns zur Liebe im engeren Sinne fehlt, und
  • Zuversicht (Sinnhaftigkeit) dasjenige, was uns zur Zufriedenheit fehlt,
jeweils im Eigenlauf des Ichs, also im Kreislauf unseres Geistes. Und damit gelangen wir zu folgender Gegenüberstellung:
  1. Indem uns die Gefühle der Adäquanz motivieren, bewegen sie uns zur Entscheidung für den entsprechenden Besinnungsakt, und also gestaltet der nämliche Begriff das zeitliche Walten unseres Geistes.
  2. Indem ein Begriff der Adäquanz den Geist (Gott) erreicht, ändert sich unser Geist daraufhin gesetzmäßig in der Art, daß uns die dem Begriff entsprechende Besinnung möglich wird.
Und letzteres ist Anamnese, wie sie Platon zur Begründung der Unsterblichkeit der Seele (Gottes), nicht passender hätte heranziehen können:
  • Durch den Begriff der Aufgerufenheit erinnern wir uns an eine Art der Verfolgung, welche in uns eine bestimmte Form der Vertrautheit erweckt, also einen bestimmten Gedanken,
  • durch jenen der Bedeutsamkeit an eine Art der Einlösung, so daß wir fortan einen Begriff auf seine Gegenstände beziehen können, und
  • durch jenen der Zuversicht (Sinnhaftigkeit) an eine Art der Auslösung, so daß wir fortan auf ihre Weise auslösen können.
Eine Verfolgung zu erinnern, bedeutet, Zusammenhänge zu erkennen, zu wissen, was zu etwas zu tun und zu beachten ist. Also gestaltet es unsere Gehießenheit (Bahn) und Aufmerksamkeit. Eine Einlösung zu erinnern, heißt, einen Begriff zu erinnern, und gestaltet somit unsere Erfahrungsweise (Gnade) und unser Verständnis. Und eine Auslösung zu erinnern, bedeutet eben, etwas neues auslösen zu können, etwa transzendente Akte, und gestaltet also unser Amt und unseren Bedacht.

Durch Anamnese führt der Begriff eines individualgeistigen Mangels dazu, daß das im allgemeinen Begriff der Liebe im weiteren Sinne hinsichtlich der individualgeistigen Gestalt Ausstehende in der individualgeistigen Gestalt entsteht, konkret im betroffenen Menschen, also jenem, welcher das Adäquanzgefühl spürt, aber auch allgemein als zeitgemäße geistige menschliche Form, denn die Geister der Menschen hängen in der göttlichen Ordnung eng mit einander zusammen.

Und wie eng sie es tun, zeigt eben die Telepathie. Im Gegensatz zur Aporrhoia und Anamnese ist der Mensch hier nicht der Autor des entstehungsbestimmenden Begriffs, sondern sein Spielball, denn die entstehungsbestimmenden Begriffe bei der Telepathie sind
  • Aufmerksamkeit,
  • Verständnis und
  • Bedacht,
also die Stationen des Kreislaufs, in welchen der menschliche Geist besteht, wobei, wenn
  • einer etwas bedenkt, ein anderer darauf aufmerksam wird, ihm zu entgegnen,
  • einer etwas versteht, ein anderer es auch versteht, und
  • einer auf etwas aufmerksam wurde, ein anderer ihm zu folgen bedenkt.

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