Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

8. Mai 2022

Zur Verbindung der Welt durch den Geist

Wie sich Elementarteilchen zu Atomen verbinden, Atome zu Molekülen und Atome und Moleküle zu Gittern und Flüssigkeiten, so verbinden sich die Tiere durch die ältere Verwandtheit zu Biotopen.

Das Biotop ist das als Lebenskreislauf bezeichnete Lebensziel des Tiers. Betrachten wir hingegen den Menschen, so müssen wir, wenn wir auf die ihm eigene Form des Lebenskreislaufs zu sprechen kommen, zwischen dem Ist- und dem Sollzustand unterscheiden, was daran liegt, daß er sich nicht passiv an die Änderung seines Biotops im ihm eigenen Sinne anpaßt, wofern das Soll nur in der Anschauung des Ists begegnete, sondern sie selbst hervorbringt. Der Istzustand des Biotops des Menschen im ihm eigenen Sinne heiße geistige Konfiguration und das zugehörige Lebensziel geistige Heimat, welche also den menschlichen Teil des Lebenskreislaufs ausmacht.

Biotop und geistige Konfiguration nennen wir auch das geistige Agglomerat des Tiers, beziehungsweise des Menschen. Die Glaubensmodi kennt sowohl das Tier, als auch der Mensch, und sie betreffen den Umgang mit der Refiguration des geistigen Agglomerats, wobei aber wieder ein Unterschied zwischen Tier und Mensch zu machen ist.

Zunächst einmal bezeichnet die Eingezogenheit die konkreten Beziehungen des Tiers oder Menschen im geistigen Agglomerat und die Gesamtheit aller Eingezogenheiten bildet also seinen konkreten Zustand ab. Änderungen des konkreten Zustands stellen aber nicht notwendig Änderungen des Biotops dar, insofern es durch die Erscheinungen definiert ist, welche die Kräfte des Orts hervorbringen, etwa die Arten, doch nicht einzelne Tiere, oder der geistigen Konfiguration, welche durch die Rollen definiert ist, in welchen die an einem Ort anwesenden Geister in Beziehung mit einander treten, nicht aber durch die konkreten Beziehungen von Individuen des entsprechenden Geists, und was nun die Glaubensmodi betrifft, so beziehen sie sich nicht auf Änderungen der Eingezogenheit, sondern der geistigen Agglomerate als solcher.

Allerdings gründet unser Glaube, soweit er Veränderungen betrifft, in Erwartungen konkreter Zustandsänderungen, und wir können nicht der lieben Kategoriesiererei halber andere Verhältnisse annehmen, und in jedem Fall beschreiten wir, indem wir glauben, unsere eigene Bahn. Zwei der drei Glaubensmodi, nun, beruhen auf Verwandtheit, nämlich
  • die Verteidigung des verwandten geistigen Agglomerats und
  • der Aufbruch aus einem fremdartigen geistigen Agglomerat,
in deren Rahmen uns das verheißungsvolle Gefühl, wie auch sonst, darüber Aufschluß gibt, ob wir auf die Erfüllung der konkreten Pflicht hoffen. Der dritte Glaubensmodus beruht hingegen auf Verwandelndheit, und hier tritt der Unterschied zwischen Tier und Mensch zu Tage. Das Tier erwartet einen konkreten Wandel, etwa den Wintereinbruch, und paßt sich an, worin für es der dritte Glaubensmodus besteht. Und wiewohl sich auch der Mensch in ihm eigenen Biotop an erwartete Wandel anpassen kann, heißt ihn sein Geist doch etwas anderes, nämlich zunächst
  • den eigenen Geist aufrecht zu erhalten, ihn zu verkörpern, und dann
  • eine Konfiguration zu finden, in welcher seine geistige Heimat Platz findet, mithin zu prospektieren, worin für den Menschen der dritte Glaubensmodus besteht.
Wir haben also fünf geistige Pflichten:
  • in bezug auf das geistige Agglomerat die Verteidigungs- und die Aufbruchspflicht,
  • in bezug auf das Biotop die Anpassungspflicht,
  • in bezug auf unseren Geist die Verkörperungspflicht (Right or wrong, my daimon!) und
  • in bezug auf die geistige Konfiguration die Prospektionspflicht,
und zur letzteren bleibt noch etwas zu sagen.

Wir haben den Lebenskreislauf im Detail behandelt und auch die Eingezogenheit eingeordnet. Was aber ist mit der Artung? Seltsamerweise ist hier der Zusammenhang im Falle des Tiers evident, nämlich inwiefern Anpassung zu Artung führt, aber im Falle des Menschen nicht.

Im Geist liegt die geistige Heimat, also die Rollen, in welchen wir unserem Geist gemäß mit unseren Mitmenschen in Verbindung zu treten gedenken (was sowohl Daimon, als auch Charakter umfaßt, um nicht einem Scherz dogmatische Bedeutung zu geben), aber sie ist ja bloß ein Ideal, welches unter Umständen nichts mit der tatsächlichen geistigen Konfiguration zu tun hat. Die Begriffe, durch welche wir uns arten, welche unsere Spezifik ausbilden, sind gerade die Begriffe, zu welchen wir im Rahmen der Prospektion greifen, also jene, welche es uns erlauben, eine Konfiguration zu finden, welche unserer geistigen Heimat entspricht, oder, um es anders zu sagen: die Artung des Menschen vollzieht sich so, daß er in seiner geistigen Heimat leben kann, oder noch anders: die geistige Heimat ist der Vorgeschmack im Geiste derer, welche einst von solcher Art sein werden, daß sie in ihr zu leben vermögen.

Und so finden einander geistig Verwandte durch verwandelnde Betrachtungsweisen zu verheißungsvollen Aufbruchspunkten zu ihrer geistigen Heimat, wie in den Stationen des Gebets um die Bahn beschrieben.

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