Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

16. Juni 2022

Zum Nebeneinander von Krieg und Frieden

Ich habe den viert- und drittletzten Beitrag vielleicht etwas zu knapp gefaßt. Zunächst einmal ist es möglich, Gelegenheiten auszuloben, ohne sie zu vermarkten. Vermarktung bedeutet, daß bei der Auslobung der Profit im Mittelpunkt steht, aber das muß er nicht. Dann besteht eine Angewiesenheit der Gelegenheitsauslobung auf eine Willensgemeinschaft hinsichtlich der Verteidigung der staatlichen Ordnung. Aus diesem Grund sind England und Holland konstitutionelle Monarchien, also weil es dem niederen Adel bedenklich erschien, die willenseinbindende Wirkung der Monarchie aufzuheben, mit anderen Worten wollte er die Geschäfte führen, ohne Anspruch auf den Besitz des Ladens zu erheben, wohlwissend, daß das zu Zank führen würde.

Es wäre denkbar, daß die Gelegenheitsauslobenden sich dergestalt von der Allgemeinheit entfernten, daß sie große Willensgemeinschaft im kleinen Kreis besäßen, aber der Allgemeinheit gegenüber nur gerade genug täten, um die allgemeine Wehrbereitschaft zu erhalten. So jedenfalls geht die revolutionäre Mär. Das ist aber grundverkehrt: Nirgends findet sich eine Elite, welche unter sich uneigennütz dem Guten, Wahren und Schönen diente und die Masse mit Brosamen abspeiste. Ja, die entsprechende Bibelstelle (Matth. 15:27) ließe sich so lesen, daß Jesus ursprünglich genau das vorhatte, aber daß selbst er es nicht vermochte.

Das Problem besteht nicht in Exklusion, bestand nie in Exklusion und wird auch nie in Exklusion bestehen, und zwar weil das Licht in der Finsternis scheint und die Finsternis es nicht in Beschlag nehmen (κατέλαβεν) kann. Das Problem besteht darin, daß die Uneigennützigkeit fließend durch Profitkalkül verdrängt wird und das Licht des Lebens verlustig geht, welches es birgt.

Da Jacob Rothschild nun genau diesen Punkt im israelischen Fernsehen angesprochen hat: Auch in Israel geht's bergab, selbstverständlich findet sich noch viel Licht in der Welt, aber es gibt keine Belege dafür, daß sich Heile Welt-Reservate, ob Israel nun eines ist oder nicht, überdurchschnittlicher Helligkeit erfreuten, denn wo in der Welt strahlte es heller als zur Zeit gehörig?

Doch ob die revolutionäre Mär von der Exklusion nun geglaubt wird oder nicht, der Ansatz zur Lösung zivilisatorischer Probleme besteht gleichfalls darin, Operationsrahmenbedingungen aufzustellen, denn dazu allein ist die Politik fähig. Zwei Betrachtungen dazu:
  1. Läge Exklusion vor, so ließe sich Inklusion zwar formal erzwingen, aber die Frage bliebe, was unfreiwillige Inklusion wert ist (Tipp: Kooperation und Koexistenz sind nicht dasselbe), doch wenn Markthörigkeit das allgemeine Problem der Zeit ist, welche Chancen bestehen dann, daß die Operationsrahmenbedingungen nicht selbst durch Profitkalkül motiviert sind?, also mit anderen Worten darauf zielen, den Wettbewerb zum eigenen Vorteil zu verzerren, was zu Rückständigkeit führt (außer im Krieg, also wenn die Koexistenz nicht garantiert wird), oder gesetzt den Fall, daß die Vernunft nur dem Opportunismus den Riegel vorschöbe, zu was für einer Vernunft könnte sie ihm durch Operationsrahmenbedingungen verhelfen, welche über das Einhalten von strafbewehrten Ge- und Verboten hinausgeht? Wiederum: Gnade läßt sich nicht erzwingen.
  2. Wenn wir die Perspektive wechseln und die Regierung als Gelegenheitsauslobenden betrachten, welcher Unternehmen die Gelegenheit gibt, in seinem Hoheitsgebiet zu operieren, und es so ansehen, daß all die Auflagen, welche die Regierung erläßt, Geldbeträge darstellen, welche vom Gewinn abgezogen werden, und welche die Regierung also gleichsam für ihre Zwecke verlangt, so verhält sich die Regierung gewissermaßen genauso profitmaximierend wie der Handel, und es nähme wenig Wunder, wenn sie genau wie er desto gewagtere Abkommen schließt, mit je härteren Bandagen gekämpft wird. Und was außer angeborener Zurückhaltung begrenzt in der gegenwärtigen Konzeptualisierung wirtschaftlicher und politischer Prozesse die Härte der Bandagen?, ist die Lehre doch, daß nicht der Willensgemeinschaft zu opfern ist, sondern die Willensgemeinschaft (die jesuitische Subversion zur Kenntlichkeit entstellt).
Ja, so kann ich schlecht schließen. Die angesprochenen Heile Welt-Reservate zeichnen sich dadurch aus, daß sie die jesuitische Lehre offen zurückweisen, nur daß sie es nicht aus gelegenheitsauslobender Uneigennützigkeit heraus tun, also weil sie das Licht nicht verkaufen mögen, weil sie Kooperation höher schätzen als persönliche Macht, sondern weil sie glauben, daß sie zu dem selben Grad, zu welchem sie Koexistenz frei gestalten können, auch zur Kooperation fähig werden, was aber nur negativ gilt, ohne Koexistenzmöglichkeit auch keine Kooperationsmöglichkeit, doch der Grund, warum gerade besonders kooperative Menschen der jesuitischen Lehre zum Opfer fallen, ist gerade der, daß sie sich keine Gedanken über die Koexistenz machen, sondern sich ganz selbstverständlich an die Regeln halten, ohne sich zu fragen, ob es die andere Seite auch tut, was umgekehrt heißt, daß, wer ständig an Koexistenz denkt, sich dem Licht verschließt.

Oder weniger umständlich gesagt: Die Jesuiten fordern die freien Christen seit 374 Jahren dazu auf, sich auf einen Koexistenzmodus einzulassen, in welchem Gelegenheitsauslobung als Mittel der Machtausübung zunehmend die freie Kooperation verdrängt, so daß sich die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen verhärten, bis die Koexistenz selbst zum Problem wird, wohlwissend, daß die freien Christen darauf nicht gefaßt sind.

Nur, wer die Dunkelheit umarmt, kommt nicht zum Licht.

Was mein Verhalten angeht: So lange es nicht Gott selbst oder genauer gesagt die Gemeinschaft der Heiligen durch Engel feige oder inkonsequent nennt, denn das hat sie bereits einmal getan, betrachte ich mich in meiner jetzigen Position als Diener genug. Und das Seltsame ist, daß ich das alles schon gesagt hatte. Was sich die Welt wohl vorgenommen hat? Ich meine die Menschen, jeder wählt sein Schicksal, einzeln und im Ganzen.

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