Bereitschaftsbeitrag

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19. Mai 2019

Simulierte Wesentlichkeit am Ende des Zeitalters der Werke

Den Exzessen der Unvernunft entgegen steht das moderne Problembewußtsein.

Das moderne Problembewußtsein ist ein listenförmiges, und die Punkte der Liste bilden die Grundlage der Partei der wachen Bürger.

Der zivilreligiöse Überbau der Menschenrechte stellt sicher, daß die Partei der wachen Bürger den Ansprüchen der Sorge gegenüber verhärtet ist und sie als übergriffig abtut, und damit zugleich, daß die Partei der Faktizität der Macht nachgibt.

Die wachen Bürger laden sich die Sorgen der ganzen Welt auf die eigenen Schultern, nur Sorge empfinden sie dabei nicht. Und wer Sorge empfindet, wird ausgeschlossen. Die Willkür der Macht wird fortwährend gegeißelt, und jede auf Macht basierende Entscheidung hingenommen. Die wachen Bürger sind wie ein Igel, welcher nach oben hin verschlossen und nach unten hin offen ist, und als solcher wären sie eine schreckliche Waffe in der Hand der Unvernunft, wenn sie denn durch die sie bestimmende Problemliste die Laster der Unvernunft als Tugenden allgemein einforderten, aber das tun sie nicht.

Wie gesagt, sie stehen den Exzessen der Unvernunft entgegen. Keine Partei ist verkehrter als eine igelförmige, keine Partei schädlicher dem Geleit der Sorge, keine Partei feiger vor den Launen der Lust, aber der Partei der wachen Bürger kommt nicht die Rolle des Opportunismusforderers zu, sondern die des cholerischen, aber zahnlosen Vernunfteinforderers.

Diese Partei bellt und gibt vor, die Kehle der Unvernunft anzuspringen, und in diesen Vorhaben müssen die Menschen zunehmend das Wesentliche erblicken, da die Hoffnung auf die Verwandlung der Welt zu größerer Muße und Selbstbestimmtheit durch technologischen Fortschritt erlahmt.

Aber die Vorhaben dieser Partei sind nicht wesentlich. Ein nach unten gebogenes Rohr lenkt alles nach oben gerichtete ab: Niemand ist in ihm frei. Es erlaubt Kurskorrekturen, aber keine Kursänderungen. Es ist letztlich nur eine Spielwiese, auf welcher sich die Achtung austoben kann, ohne der Lust in die Quere zu kommen, ein Feld, auf welchem sie sich das Selbstverständliche als Siege an die Brust heften kann, doch zunehmend vermischt mit dem Unerhörten.

Und letzteres kündigt das Ende dieser Wesentlichkeitssimulation an: Während die Partei der wachen Bürger immer breitere Unterstützung findet, verliert sich ihr Problembewußtsein in Forderungen eines fundamentlosen Weltbürgertums, und die verbliebene Wesentlichkeit, was es noch immer an freiwilliger Verantwortung auf Erden gibt, wird sich den Spuk zuletzt vom Hals schaffen müssen, und dann endet die Herrschaft der Unvernunft, da sie ihren Vernunftskasper nicht mehr hat.

Es gibt einen Ort, welchen ich bald täglich besuche, welcher mir gesegnet erscheint. Etwas spricht von einer Hoffnung zu mir, einem Platz für mich. Nicht der Ort selbst, es ist nur ein Wegstück, aber indem ich es zurücklege, meine ich dem Platz näher zu kommen. Gestern nun brachte ich den Eindruck zu einer Vision, nur eine Gruppe Menschen, aber sie waren nicht, wie sie die Welt wollte, sondern die Welt, wie sie sie wollten, und diese beiden Kreise überschnitten sich nicht: Sie standen unter einem Heilsbegriff und achteten den Frieden der anderen in ihrer Gruppe. Sie behandelten einander wie Menschen, weil sie alle wesentlich waren, alle freiwillig ihren Bereich verantworteten.

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