Bereitschaftsbeitrag

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15. November 2010

Über die Organisationsprinzipien einer Tyrannei

Wenn heute von einer Tyrannei die Rede ist, so wird dabei üblicherweise der Eindruck erweckt, daß aller Zwang vom Tyrannen ausginge.

Das ist aber nie der Fall. Entweder der Zwang geht letztlich von einer Kerngruppe aus, welche dem Tyrannen hörig ist, weshalb, das erläutere ich gleich, oder es handelt sich nicht um eine Tyrannei, dann nämlich, wenn der nur so genannte Tyrann den Rückhalt der Bevölkerung hat.

Wenn ein Alleinherrscher im Sinne seines Staatsvolkes regiert, so ist er kein Tyrann. Das wesentliche Merkmal einer Tyrannei ist es ja, daß sie allen verhaßt ist, sich aber keiner aus ihr befreien kann, weil alle gezwungen sind.

Kommen wir also zu der Frage, wie man es anstellt, eine Gruppe Menschen zu finden, welche bereit ist, andere zu unterdrücken, es aber nicht wagt, sich gegen einen selbst aufzulehnen, und daß obwohl man selbst buchstäblich keinen einzigen Freund hat.

Nun, wenn man selbst diese Gruppe nicht zwingen kann, was kann man dann noch tun? Man kann sie beschützen, indem man sie leitet, indem man die Verantwortung für die Schreckensherrschaft beansprucht und sie nach eigenem Gutdünken ausgestaltet.

Konkret läuft es darauf hinaus, daß man im Klima allgemeinen Mißtrauens das Zepter der Waffenruhe schwingt. Spitzelwesen ist wichtig, und, weil ansonsten die Menschen irgendwann doch merken, daß sie keine Angst vor einander zu haben brauchen, die Sammlung und Einspannung von Individuen, welche dies auch unter natürlichen Umständen nicht hoffen dürfen, also die Bewaffnung einer allgemein verhaßten Minderheit.

So scharte beispielsweise der Sultan des Osmanischen Reichs eine Gruppe von Menschen um sich, welche als Kinder ihren christlichen Eltern geraubt und dann zur Konversion zum Islam gezwungen wurden und als solche in keiner der beiden Welten auf Rückhalt hoffen durften.

Historisch spielte auch Homosexualität in dieser Angelegenheit eine Rolle. Heute hingegen, im Klima allgemeiner Toleranz, muß man schon tiefer in die Kiste öffentlicher Verdammung greifen. Neben Pädophilen, über welche man zur Zeit auch noch Gewalt hat, rücken dabei in jüngerer Zeit die unzweifelhaft pathologischen Fälle zunehmend ins Zentrum des Interesses, also sadistische Psychopathen.

Freilich ließe sich auf Grundlage der heutigen Situation auch noch über diese oder jene Minderheit, dieses oder jenes Szenario spekulieren, aber warum sich auf Unwägbarkeiten einlassen, wenn das, aus tyrannischer Sicht, ideale Menschenmaterial heute reibungslos erkannt und eingesammelt werden kann?

Neu ist dabei übrigens auch nur die psychoanalytische Komponente, Gewaltverbrecher stellen selbstverständlich schon seit jeher eine wertvolle Ressource für Tyrannen dar.

Dies alles ist, und darum geht es mir hier, nicht nur historische Realität, sondern geradezu schon der historische Alltag. Es ist zu erwarten, daß sich tyrannische Strukturen überall dort, wo sie nicht aktiv bekämpft werden, ausbreiten werden, so wie sich auch ein Pilz in einem lebenden Organismus ausbreitet, wenn er nicht hinreichend bekämpft wird.

Was dabei der Tyrannei heute noch ganz besonders in die Hände spielt, ist die Schwäche der heutigen Herrschenden und ihr damit einhergehendes Interesse, man kann getrost schon von einer Obsession sprechen, die von ihnen Beherrschten systematisch zu schwächen, also der Vorsorge halber Mißtrauen zu streuen und bestehende Gruppen gegenseitigen Vertrauens zu zersplittern.

Möglicherweise erleben wir gerade wie die Oligarchie unter Auslassung der Demokratie direkt in die Tyrannei übergeht. Ein Fall von Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

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