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18. Januar 2020

Heils- und Lebensausprägungen

Ich stimme ja mit Plotinos darin überein, daß unsere Seelen mit dem Ewigen verbunden sind, und zwar durch Transzendenz mit Gott und auch vermittels Gott untereinander, und also liegt der Gedanke nahe, daß unsere Seelen durch die Verfolgung ihres dreifaltigen Lebenssinnes Ordnungen ausprägen, wie auch Gott und wir, in soweit wir Seiner durch den Begriff des Heils gewahr sind, durch die Verfolgung des Heils eine Ordnung ausprägen.

Ich riß diese Ordnungen im vorigen Beitrag auch schon an, aber wiederum bedarf der Gegenstand eine eingehendere Betrachtung.

Die Lebensausprägungen
  • Das Gewissen zielt auf die Kreislaufsordnung,
  • der Glaube auf die Artungsordnung und
  • die Vorliebe auf die Einzugsordnung.
Unter Kreislauf verstehe ich das Geschäft eines Lebewesens, und dieses mag zur Ordnung seines Umfeldes führen, was man zumeist mit dem Begriff Lebensverhältnisse meint. Eine Maus gräbt sich ein Loch, ein Löwe tötet die Jungen seiner Konkurrenten und Lachse laichen an der Quelle ab.

Der Klärung des eigenen Glaubens geht mit seinem Glauben einher, und dadurch entwickelt sich unsere Eigenart und alle Art schlechthin, siehe auch Entwicklungsprinzipien am Beispiel der Synapsiden und Sauropsiden. Außer an unserem Glauben, also an unserer Stellung, selbst, zeigt sich unsere Art an unserer Begrifflichkeit (unserem Verständnis) und unserer Haltung, wobei sich Stellung formal gesehen nicht von Haltung unterscheidet, sondern nur durch die Art ihres Zustandekommens, nämlich nicht als Versuch, sondern als Seinsnotwendigkeit (unsere Begrifflichkeit ist selbstverständlich ein Teilbereich unserer Haltung). Die Art ist also in allen Fällen durch Regelbefolgung bestimmt.

Bei Einzug mag man an das Einzugsgebiet von Flüssen denken oder auch an Rekrutierung. Auf das Leben übertragen ist das sinnfälligste Beispiel aber die Einziehung der Sonne durch die ersten Landpflanzen. Indem wir unsere Vorliebe spüren, versuchen wir sowohl selbst einzuziehen als wir auch eingezogen werden. Der zentrale Begriff hierbei ist jener der Ressource. Auch diese Ordnung wird gemeinhin unter dem Begriff Lebensverhältnisse mitverstanden.

Ich behaupte aber, daß sich die Kreislaufsordnung von der Einzugsordnung unterscheiden läßt. Das Ablaichen der Lachse ist Kreislaufsordnung, das Auflauern von Gnuherden hingegen Einzugsordnung. Freilich ist es ungewiß, ob Lachse und Löwen ein Gewissen besitzen oder ein Gefühl der Wertschätzung, und dennoch ist es uns intuitiv klar, daß nur das Gewissen die Lachse zur Quelle ziehen könnte, und die Wertschätzung die Löwen entsprechend zum Wasserloch. Interessanter sind vielleicht Spinne und Biber, da sie Vorkehrungen zur Jagd treffen. Doch ist diese ihr konstantes Geschäft, und mithin sind jene Vorkehrungen Beispiele der Ordnung ihres jeweiligen Kreislaufs.

Wenn wir um ein Amt beten, beten wir für Kreislaufsordnung, wenn wir um Inspiration beten, beten wir für Artungsordnung und wenn wir für eine Bahn beten, beten wir für Einzugsordnung. Ersteres und letzteres ist uns wahrscheinlich auch bewußt, beim zweiten bin ich mir nicht sicher.

Übrigens stimmen die funktionalen transzendenten Akte auch schön mit den Betroffenheiten im (also nicht vor, in Ansicht seiner, dem) Leben überein:
  • zubewegend bei der Beteiligung,
  • merkend bei der Ordnung und
  • nachvollziehend bei der Verantwortung.
Die Heilsausprägung
  • Das Heil zielt auf die Gleichgewichtsordnung.
Was auch sonst? Alles einzelne Leben muß sich dem höheren Zweck fügen. Die Gleichgewichtsordnung wird gemeinhin als die Naturgesetze bezeichnet, welche eben das Gleichgewicht der (Lebens-)Kräfte beschreiben. Es ist kein Wunder, daß Plotinos die Sterne lebendig nennt, denn es erleichtert die seelenmäßige Darstellung sehr. Ich werde mich an dieser Stelle nicht an diesem Punkt stören, denn für uns relevant ist ja nur, für wessen Fortbestand wir beten, und das sind unsere Lebenskräfte, also dafür, daß
  • Beteiligung und Reifung,
  • Ordnung und Beherzigung und
  • Verantwortung und Wirkung
weiterhin durch Menschen in dieser Sphäre der Existenz verkörpert werden, was das Gebet um die Gnade (der Ordnung) ist.

Der Zeitenzykel ergibt sich dabei aus der Peinlichkeit, daß wir selbst(!) unsere Lebenskräfte aus dem Gleichgewicht bringen und einstweilen wohl auch bringen müssen.

Post Scriptum vom selben Tag. Angesichts dessen, was ich im Laufe der Jahre alles geschrieben habe, ist es wohl angebracht, auch die Bestürztheiten noch einmal zu betrachten. In sofern uns in
  • der Betretenheit die Verantwortung beschränkt,
  • der Beklommenheit die Ordnung und
  • der Besessenheit die Beteiligung,
ist es nur natürlich, daß wir wie behauptet in
  • der Betretenheit unsere Haltung ändern,
  • der Beklommenheit unser Verständnis und
  • der Besessenheit unsere Stellung.
Das heißt aber natürlich nicht, daß sich dabei nur unsere Artung änderte, ebenso ändern sich auch unsere Lebensverhältnisse, beide sowohl immanent, als auch durch das Gebet, wobei das Gebet der Betretenheit dem Amt gilt, das der Beklommenheit der Inspiration und das der Besessenheit der Bahn. Daß die eindeutige Zuordnung der Ordnungen zu Gewissen, Glaube und Vorliebe dennoch möglich ist, beruht darauf, daß die Ordnungen im Leben zwar untrennbar sind, nicht aber vor ihm.

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