Bereitschaftsbeitrag

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30. Juni 2021

Selbsterbauung, Selbsterhöhung und Sinnerfüllung

Was Selbsterbauung, Selbsterhöhung und Sinnerfüllung für einen Menschen bedeuten, hängt von seinem geistigen Horizont ab.

Im körperlichen geistigen Horizont besteht die Sinnerfüllung darin, die Welt, die materiellen Lebensbedingungen, lustfreundlicher zu gestalten, sich also möglichst angenehm einzurichten. Zur Selbsterbauung werden die Annehmlichkeiten der Welt genossen, etwa im Liegestuhl, und Selbsterhöhung besteht darin, jemanden, der schwächer ist, seine Schwäche spüren zu lassen.

Im persönlichen geistigen Horizont besteht die Sinnerfüllung darin, sich für eine bestimmte haltungsmäßige gesellschaftliche Ordnung, Moden, Sitten, nationale oder religiöse Identitäten oder alles zusammen, einzusetzen und das gesellschaftliche Leben ihr gemäß voranzutreiben. Zur Selbsterbauung treten Mannschaften gegeneinander an, um die Vorzüge ihrer haltungsmäßigen Ordnungen unter Beweis zu stellen, oder sie versuchen sich an asymmetrischen Herausforderungen, und sei es nur vorherzusagen, was als nächstes in einem Film passiert, wobei es Selbsterhöhung wird, wenn sie Einzelnen beweisen, daß sie ihnen als Mannschaft überlegen sind.

Im philosophischen geistigen Horizont besteht die Sinnerfüllung darin, die gesellschaftlichen Einrichtungen zu analysieren und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen, und sei es indem mathematische Theorien, das heißt begriffliche Rahmen zur Behandlung bestimmter Probleme, wie etwa algebraische Topologie und so weiter, weiterentwickelt werden. Zur Selbsterbauung werden Strukturen erschaffen, deren Ordnung sich leicht überblicken läßt, im nichtssagendsten Falle etwa eine Modelleisenbahn, und Selbsterhöhung besteht darin, echte Menschen unter eine konkret vorgegebene haltungsmäßige gesellschaftliche Ordnung zu bringen.

Im gläubigen geistigen Horizont besteht die Sinnerfüllung im Einssein, und Selbsterbauung und Selbsterhöhung gibt es nicht.

Wie ich schon des öfteren gesagt oder angedeutet habe, darf die Rückbesinnung im Rahmen der Erfüllung der Offenbarung nicht dazu verkommen, daß eine Liste konkreter Haltungen passiv übernommen wird. Es gibt zwei Verfehlungen, zwischen welchen das Ziel liegt: zur einen Seite eine unzureichende, oberflächliche Reformation und zur anderen zu weit reichende Vorgaben, welche von den Menschen nur passiv hingenommen werden können. In aller Ungewißheit muß sich der Glaube als eine Option herausschälen, welche von den Menschen aktiv ergriffen wird, und sie selbst müssen die konkreten Haltungen finden, an welche sie glauben.

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