Atlantis und Megara
Auch wenn Boorman's Kopf im ersten Teil der Folge Der Herrscher von Megara vorbeifliegt, beschäftigt sich wie gesagt die Captain Future-Folge Das gefährliche Lebenselixier mit den von Zardoz aufgeworfenen Fragen, doch auch Der Herrscher von Megara steht in einem philosophischen Zusammenhang, nämlich zu Platons Kritias.
Das ist übrigens recht unklar, also warum Platon den Kritias überhaupt verfaßt hat, in den Nomoi stellt er den zivilisatorischen Zykel als ein verzehrendes Feuer dar, welchem nur ein paar Hirten in den Bergen entgehen, welche sich nach dem Brand dem süßen Leben in der Ebene ergeben, bevor auch sie wieder verbrennen und andere Hirten von den Bergen hinabsteigen - im wesentlichen also eine fortwährende Wiederholung der Sündflut.
In dieser Vorstellung findet eine Zeit lang Fortschritt statt, bevor er seine Chance vertan hat und ein neuer Anfang gemacht wird. Die einzelnen Durchläufe stehen dabei weder in einem Fort-, noch in einem Rückschrittsverhältnis, sondern gleichen vielmehr individuellen Variationen eines Themas.
Davon unterscheidet sich die Atlantiserzählung, indem sie, wie der Turmbau zu Babel, eine einst höhere Entwicklungsstufe suggeriert, wobei Platon Atlantis nicht an Größenwahn zugrunde gehen läßt, sondern differenzierter am Verkommen des Geschmacks, welcher schließlich die Macht dem vorzieht, was das Leben erfüllt.
Mit anderen Worten erschafft Platon also einen verlorenen utopischen Zustand, ähnlich dem Paradies, nur ohne dessen vormenschliche Verortung, und gerade dadurch vermochte der Atlantismythos die Menschen über Generationen an sich zu binden.
Der Kritias scheint abgebrochen. Vielleicht wurde Platon die Sache zu blöd. Man erwartet ja, daß er nach dem vorigen nun den Krieg der einstigen Großathener gegen die einstigen Atlanter schildern würde, aber das scheint er sich dann doch anders überlegt zu haben. Erkannte Platon, daß es besser ist, die Menschen nicht an Vorstellungen ihrer einstigen Größe zu binden, weil sie dadurch nur von dem Anstreben des vermeintlich Verlorenen gepackt würden, was letztlich eine unproduktive Haltung ist, weil Wiedererlangen und Entwickeln zwei Paar Schuhe sind?
Nun, es ist möglich, daß Platon dies auch bewußt in Kauf nahm, weil er seine Zeit als dekadent und das traditive Potential der verlorenen Utopie als vielversprechend betrachtete.
Im Herrscher von Megara ist das zweifellos der Kerngedanke, nämlich daß es eine andere Welt neben der gegenwärtigen gibt, eine Welt, in welcher Ordnung herrscht und der gegenwärtige Abschaum in seiner wahren Form als Gorillas erkannt wird, und daß diese Welt im Anstreben einstiger Größe wiederersteht. Übrigens, da wurde eine Szene aus der deutschen Fassung herausgeschnitten. Nachdem sich Otto als Megarawesen verkleidet hat, versucht er ja, sich bei diesen einzuschleusen, was ihm aber zunächst nicht gelingt. Dann liegt er plötzlich auf der Straße und wird mit den Worten He, am hellichten Tag! aufgenommen. Nicht, weil er sich betrunken hat, wie man denken könnte, sondern weil er zuvor von Menschen ohne erkennbaren Grund zusammengeschlagen wurde.
Die Szene ist kurz, um Zeit ging es da nicht, sondern darum, deutsche Kinder nicht dadurch zu verwirren, daß auch die Bösen berechtigte Gründe für ihre Entscheidungen haben. So oder so überwiegt aber das hypnotische Moment der verlorenen Utopie.
Captain Future in seiner japanischen Fassung ist eine offensichtliche Verulkung des amerikanischen Superheldengenres, aber aufgrund der neu komponierten Musik kommt das in der deutschen nur in Details, etwa dem Gesichtsausdruck der Freiheitsstatue, 'rüber. Die Sicht der Megarawesen ist die Sicht der Japaner selbst, also daß in Amerika die Unvernunft herrscht und die japanische Herrschaft der Achtung aufzulösen droht, eine Gefahr, welche selbstverständlich auch in konservativen europäischen Kreisen gesehen wurde, und welche den Grund für die Vergangenheitsverherrlichung des italienischen und deutschen Faschismusses liefert, nämlich, wie ich vorhin Platon zutraute, die letztlich unproduktive Bindung durch eine einstige Utopie in Kauf zu nehmen, um nicht noch mehr zu verkommen.
Ich behandelte dieses Thema auch schon, nur daß es sich hier letztlich um die Zerschlagung von Traditionen in konservativen Gesellschaften durch vorzeitliche Mythen handelt, woran Captain Future die Megarawesen am Ende auch gemahnt, nämlich daß sie beinahe ihre alte Kultur verloren hätten, wodurch sich der böse Traum der Gepacktheit von der Wiedererlangung der mythischen Vorzeit als solcher ausweist, unabhängig davon, aus welchen Gründen er einmal gesponnen wurde. Statt also Captain Future aufgrund des wiederaufgelegten Atlantismythos' faschistisch zu nennen, läßt sich auch von einer reifen Reflexion der Wirkung einer verlorenen Utopie sprechen.
Das ist übrigens recht unklar, also warum Platon den Kritias überhaupt verfaßt hat, in den Nomoi stellt er den zivilisatorischen Zykel als ein verzehrendes Feuer dar, welchem nur ein paar Hirten in den Bergen entgehen, welche sich nach dem Brand dem süßen Leben in der Ebene ergeben, bevor auch sie wieder verbrennen und andere Hirten von den Bergen hinabsteigen - im wesentlichen also eine fortwährende Wiederholung der Sündflut.
In dieser Vorstellung findet eine Zeit lang Fortschritt statt, bevor er seine Chance vertan hat und ein neuer Anfang gemacht wird. Die einzelnen Durchläufe stehen dabei weder in einem Fort-, noch in einem Rückschrittsverhältnis, sondern gleichen vielmehr individuellen Variationen eines Themas.
Davon unterscheidet sich die Atlantiserzählung, indem sie, wie der Turmbau zu Babel, eine einst höhere Entwicklungsstufe suggeriert, wobei Platon Atlantis nicht an Größenwahn zugrunde gehen läßt, sondern differenzierter am Verkommen des Geschmacks, welcher schließlich die Macht dem vorzieht, was das Leben erfüllt.
Mit anderen Worten erschafft Platon also einen verlorenen utopischen Zustand, ähnlich dem Paradies, nur ohne dessen vormenschliche Verortung, und gerade dadurch vermochte der Atlantismythos die Menschen über Generationen an sich zu binden.
Der Kritias scheint abgebrochen. Vielleicht wurde Platon die Sache zu blöd. Man erwartet ja, daß er nach dem vorigen nun den Krieg der einstigen Großathener gegen die einstigen Atlanter schildern würde, aber das scheint er sich dann doch anders überlegt zu haben. Erkannte Platon, daß es besser ist, die Menschen nicht an Vorstellungen ihrer einstigen Größe zu binden, weil sie dadurch nur von dem Anstreben des vermeintlich Verlorenen gepackt würden, was letztlich eine unproduktive Haltung ist, weil Wiedererlangen und Entwickeln zwei Paar Schuhe sind?
Nun, es ist möglich, daß Platon dies auch bewußt in Kauf nahm, weil er seine Zeit als dekadent und das traditive Potential der verlorenen Utopie als vielversprechend betrachtete.
Im Herrscher von Megara ist das zweifellos der Kerngedanke, nämlich daß es eine andere Welt neben der gegenwärtigen gibt, eine Welt, in welcher Ordnung herrscht und der gegenwärtige Abschaum in seiner wahren Form als Gorillas erkannt wird, und daß diese Welt im Anstreben einstiger Größe wiederersteht. Übrigens, da wurde eine Szene aus der deutschen Fassung herausgeschnitten. Nachdem sich Otto als Megarawesen verkleidet hat, versucht er ja, sich bei diesen einzuschleusen, was ihm aber zunächst nicht gelingt. Dann liegt er plötzlich auf der Straße und wird mit den Worten He, am hellichten Tag! aufgenommen. Nicht, weil er sich betrunken hat, wie man denken könnte, sondern weil er zuvor von Menschen ohne erkennbaren Grund zusammengeschlagen wurde.
Die Szene ist kurz, um Zeit ging es da nicht, sondern darum, deutsche Kinder nicht dadurch zu verwirren, daß auch die Bösen berechtigte Gründe für ihre Entscheidungen haben. So oder so überwiegt aber das hypnotische Moment der verlorenen Utopie.
Captain Future in seiner japanischen Fassung ist eine offensichtliche Verulkung des amerikanischen Superheldengenres, aber aufgrund der neu komponierten Musik kommt das in der deutschen nur in Details, etwa dem Gesichtsausdruck der Freiheitsstatue, 'rüber. Die Sicht der Megarawesen ist die Sicht der Japaner selbst, also daß in Amerika die Unvernunft herrscht und die japanische Herrschaft der Achtung aufzulösen droht, eine Gefahr, welche selbstverständlich auch in konservativen europäischen Kreisen gesehen wurde, und welche den Grund für die Vergangenheitsverherrlichung des italienischen und deutschen Faschismusses liefert, nämlich, wie ich vorhin Platon zutraute, die letztlich unproduktive Bindung durch eine einstige Utopie in Kauf zu nehmen, um nicht noch mehr zu verkommen.
Ich behandelte dieses Thema auch schon, nur daß es sich hier letztlich um die Zerschlagung von Traditionen in konservativen Gesellschaften durch vorzeitliche Mythen handelt, woran Captain Future die Megarawesen am Ende auch gemahnt, nämlich daß sie beinahe ihre alte Kultur verloren hätten, wodurch sich der böse Traum der Gepacktheit von der Wiedererlangung der mythischen Vorzeit als solcher ausweist, unabhängig davon, aus welchen Gründen er einmal gesponnen wurde. Statt also Captain Future aufgrund des wiederaufgelegten Atlantismythos' faschistisch zu nennen, läßt sich auch von einer reifen Reflexion der Wirkung einer verlorenen Utopie sprechen.
Labels: 34, filmkritik, formalisierung, geschichte, gesetze, i ching, institutionen, rezension, sehhilfen, wahrnehmungen, zeitgeschichte, ἰδέα, φιλοσοφία