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30. Oktober 2008

Schicksal und Sexualität

Dieser Beitrag ist arg spekulativ, dadurch aber zugleich auch wieder spekulationshemmend, da ja jede offene Frage zu Spekulationen einlädt.

Ich hatte zuvor schon von der Wagnerschen Spekulation gesprochen, daß Aufrichtungssexualität mit platonischer Liebe einhergeht, und nur diese Sexualität mit derselben einhergeht.

Das halte ich mittlerweile für falsch. Ich denke, daß die sexuellen Typen, also zweckfreie Paarung, Anlehnung, Verkörperungsaufrichtung und Wesensaufrichtung unmittelbar mit den eingangs besprochenen Schicksalen zusammenhängen, wobei die zweckfrei Gepaarten die Erhalter stellen, die Anlehnungsverbundenen die Eroberer, die Verkörperungsaufrichtungsverbundenen die Verbreiter und Entwickler und die Wesensaufrichtungsverbundenen schließlich die Erzeuger.

Ja, mir ist die Unmöglichkeit dieser Ausdrucksweise bewußt, sei's drum. Zu den Erzeugern muß ich mich hier nun aber etwas genauer auslassen.

Nicht jeder vom Typ 3a (Wesensaufrichtung) leitet eine Menschheitsepoche ein. Es gibt ja auch nur vier Menschheitsepochen, das versteht sich also fast von selbst. Alle vom Typ 3a hingegen besitzen die Fähigkeit zur geistigen Zeugung. Ich habe dieses etwas bedacht und kann anhand einiger Beispiele beleuchten, was auf diese Weise bewirkt wird.

Der weibliche Wert, so schrieb ich, besteht in der Güte einer Frau. Diese Güte kann allerdings unterschiedlich ausgeprägt sein, je nachdem, was eine Frau für die wertvollste Hilfe hält.

Eine Frau mag zum Beispiel Schüchternheit und Angst als die größten Hindernisse für einen Mann ansehen, zu dem zu werden, was er sein könnte. Ihre Güte drückte sich dann in Zuspruch und Charakterfestigung aus. Sie hätte auch, wo sie auch stünde oder ginge, stets diese Wirkung auf Männer, also sie mutiger zu machen. Wahrlich, ein solcher Mensch ist ein halber Gott. Offenbar besteht ihre geistige Zeugung damit in gefestigten Menschen.

Eine andere Frau mag beispielsweise Gleichgültigkeit als das größte Menschheitsübel erachten, und entsprechend machte sie alle Männer um sich herum engagiert, oftmals zu engagiert.

Auf männlicher Seite zählt, wie gesagt, der Idealismus. Naja, soll ich es ein Beispiel nennen?, ich fürchte, das alles hier ist durchsichtig genug, trotz des kleinen chronologischen Schlenkers, welchen ich da gerade eingebaut habe, also auf männlicher Seite haben wir da beispielsweise die Gewissenhaftigkeit. Und ein solcher Mann macht die Frauen um sicher herum gewissenhafter, ja, wie ich in diesem Falle ja aus erster Hand weiß, schon im Alter von sechs Jahren.

Freilich, die weibliche Wirkung ist den Männern freudig, die männliche Wirkung den Frauen hingegen schmerzhaft. Überhaupt, wie sollte man den Wert eines Ideals auch anders erkennen, als in Krisenzeiten?

Es liegt natürlich in der Natur der Gewissenhaftigkeit den Dingen auf den Grund zu gehen, und eine solche Begründung der menschlichen Existenz ist zu einem epochalen Umbruch auch zwingend erforderlich. Genauso natürlich kann es dazu aber auch nur kommen, wenn die menschliche Existenz bis in ihre Wurzeln hinein erschüttert wird, alter Halt seine Wirkung verliert, Gesellschaften erschüttert und verunsichert werden etc. pp.

Es ist wohl bald vollbracht. Nun, ich sage es nochmal explizit, jeder vom Typ 3a schreibt seinen Teil der Geschichte selbst, also das, was geschehen muß, damit der sich in ihm oder ihr verherrlichende Wert zu seiner angemessenen Geltung kommt, freilich ohne zu wissen, auf welche Weise dies geschehen wird.

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27. Oktober 2008

Vom spirituellen Befinden

Universelle Treue, Zucht und Anteilnahme bilden nicht nur die Grundlage dessen, was ich geistige Zeugung genannt habe, sondern sie stehen auch im Mittelpunkt unseres Gefallens an unserem Dasein, oder anders ausgedrückt, unseres spirituellen Befindens.

Dies ist durchaus bedenkswert für jene, welche nicht an die geistige Zeugung glauben, aber nachvollziehen, daß ihr spirituelles Befinden gerade an diesen zeugungsspezifischen Parametern hängt, denn warum sollten wir den Wert unseres Daseins auf diese Weise schätzen?

Doch machen wir uns zunächst klar, daß wir seinen Wert tatsächlich auf diese Weise schätzen.

Ich spreche nun jene an, welche das Gefühl kennen, daß ihr Leben eine Art Rückzugsraum ist, in welchen sie einerseits aus der handlungenerfordernden Welt fliehen und andererseits in ihm in feindlichem Gegensatz zu dieser Welt gefangen sind, als ihr ausgeliefert, nicht gewachsen, und wo sie sie doch beeinflussen, ihnen diese Beeinflussung wie ein schlechter Traum erscheint.

Ein Gefühl der Abgekoppeltheit, ein Wunsch irgendwozu durchzubrechen, ohne daß sich der erwünschte Ort auch nur irgendwie vorstellen ließe, denn jede auch noch so erfolgreiche Tat wirkt doch matt und ohnmächtig in diesem Zustand.

Es gibt nur eine Gewißheit, welche ihn begleitet, nämlich daß es uns erlösen würde, wenn wir erhoben würden, leichter und feiner würden, offener, freigiebiger, das losließen, was wir besser aufgäben.

Es ist ein Zustand der Ungnade, in welchen wir fielen, weil wir es an Treue mangeln ließen. Es sind oftmals die täglichen Pflichten, welche uns von jenem abfallen lassen, welches uns eigentlich angelegen ist. Oder es ist die Größe der Aufgabe, die Länge des Weges, welche uns erdrückt. Was aber auch immer es ist, es zwingt uns, uns zum Wesentlichen zu bekennen und uns dem zu stellen, was uns aus dieser Einschränkung an Unangenehmem erwächst, und nur die Reinheit des leidensbereiten Herzens stellt unsere Gnade wieder her.

Dieses also zur Schätzung der Treue. Was die Zucht angeht, das ist ziemlich schnell erklärt, nämlich einfach durch unsere Gesundheit, unseren Lebenswillen, unseren Drang, denn es ist dieses, welches uns abhanden kommt, wenn wir es an Zucht mangeln lassen. In solchen Fällen ist es am ratsamsten einfach etwas härter zu sich zu sein und sich so wieder in Schwung zu bringen, wobei es am besten ist, wenn man der Härte etwas herausforderndes abgewinnen kann. Das beste Mittel gegen eine verschleppte Erkältung ist es immer noch mit nacktem Oberkörper in den Herbstregen zu gehen, habe ich gerade erst wieder zu meiner vollen Zufriedenheit gemacht; mich jedenfalls bläst der Sturm gesund. Hilft auch gegen Betrübtheit: Wenn es draußen richtig kalt wird, einfach mal für ein paar Stunden ohne Mütze, Handschuhe und lange Unterhosen bei -15°C spatzieren gehen, und schon sieht die Welt wieder anders aus. Nein, was für mich gut ist, muß es für andere nicht sein. Eine ausdrückliche Warnung also.

Einen Mangel an Anteilnahme schließlich erleben wir als Furcht vor uns selbst, als Erschrecken über unsere Taten, als Leiden unseres Gewissens. Der Kirche sei Dank ist letzteres Konzept ja mittlerweile allgemein bekannt, ich möchte diesbezüglich nur noch anfügen, daß das Gewissen als Anteilnahme regulierende Fakultät nur sehr schwach und nur in der Reflexion an der eigenen Gleichgültigkeit, also des Mangels der Anteilnahme an einem selbst, Anstoß nimmt, diesen Bereich überwacht natürlicherweise die eigene Treue, und es ist so gesehen wohl kein Zufall, daß sich die Christenheit in ihrer gegenwärtigen Verfassung befindet, da sie sich von letzterer abgewendet hat.

Dieses also ist unser spirituelles Empfinden aus welchem unser spirituelles Befinden erwächst.

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25. Oktober 2008

Von Hoffnung und Anteilnahme und von Bereitschaft und Treue

Mit Anteilnahme sind hier die Schritte gemeint, welche ein Mensch unternimmt, um einem anderen Menschen dabei zu helfen, sich zu entwickeln und also seine Hoffnungen zu erfüllen, denn Hoffnungen weisen uns noch stets den Weg zum Ziele unseres künftigen Seins.

Mit anderen Worten ist es der aufrichtende Teil einer Beziehung, welcher an der Aufrichtung des anderen Teiles Anteil nimmt, dessen Herz sich also für ihn erweicht und welcher sich also um ihn kümmert.

Derjenige Teil, welcher bei den Griechen der Geliebte genannt wurde, im Gegensatz zum Liebenden; näheres dazu beispielsweise bei Platon.

Bereitschaft nun ist was einer zu sein bereit ist, welches ohne Bedenken auch seine Edelkeit genannt werden kann. Es ist die Summe der Pflichten, welche sich jemand zum Zwecke des Dienstes an der Allgemeinheit auferlegen mag. Diesem nun gilt die Liebe des Treuen als das Verlangen auf seine Befreiung zu Macht und Verantwortung hinzuwirken, daß aus der Bereitschaft etwas Faßbares werde. Darum dient er ihm, der Liebende, wie die Griechen ihn nennen. Treue ist also das Einstehen zum Zwecke des Werdens eines Höheren und der Treue der durch seine Treue aufgerichtete Teil.

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Von Gewalt und Zügelung

Der letzte Beitrag ist leider dazu angetan mißverstanden zu werden. Deshalb werde ich noch die vorgestellten drei Paare gesondert durchgehen, und hier geht es um das Niedere, Gewalt und Zügelung.

Mit Gewalt ist so viel wie Lebenskraft gemeint. Die Bezeichnung ist aber nicht zufällig gewählt, sondern im Hinblick darauf, wie diese Lebenskraft der Zügelung erscheint, also als etwas schlechtes, welches es schlecht zu behandeln gilt.

Um an einem Bilde zu erklären, worum es hier geht, sei auf einen Obstbaum verwiesen, welcher vor dem Frühjahr beschnitten wird und dann auf geordnete Weise neu austreibt.

Frauen nun zügeln sich selbst, solange sie noch solo sind, und zwar so, wie sie gezügelt werden wollen und nicht so, wie es ihrer angeborenen Zucht entspricht. Durch diesen Gegensatz werden sie mit der Zeit depressiv, empfinden ihre selbstverordnete Persönlichkeit zunehmend als Belastung und geben sie schließlich, wenn sie sich nicht vorher paaren, auf. Für den Mann ist es dabei natürlich ein leichtes eine Frau zu finden, welche auf die ihm angeborene Weise gezügelt werden will, er muß lediglich das Gebahren einer Frau beachten.

Dieses Gebahren, wenn man es eindimensional messen sollte, ließe sich Schwere nennen, eine Frau gibt sich entweder leicht und beschwingt oder schwer und träumerisch oder irgendwas dazwischen. Die Zucht, welche sie sich dabei angedeihen läßt und später von ihrem Partner fordert, ist dabei durch den Gegensatz von unerbittlich und grob beschrieben, welcher sich durch den Spielraum ergibt, welcher der Frau gelassen wird. Wird sie unablässig kontrolliert, so wird sie schlecht etwas falsch machen können und entsprechend sanft sind die Mittel der Kontrolle. Wird ihr mehr Raum gelassen, so wird sie hin und wieder doch recht unsanft zusammegestaucht werden müssen. Ein leichtes und beschwingtes Leben ist natürlich ein makelloses, ich erwähne es hier trotzdem, um nicht allzu arrogant zu erscheinen. Nun wird kein Mann sich als unerbittlich oder grob zu erkennen geben, er wird statt dessen seine Sanftheit oder seine Großzügigkeit zur Schau stellen, eine Frau, welche um die Natur der Dinge weiß, kann daraus aber ihre Schlüsse ziehen; das ist meine praktische Hilfe für die Weiber.

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24. Oktober 2008

Von der Zeugung

Der 42.ste Beitrag in diesem Blog, naja, völlig unbeabsichtigt. Auch will ich hier nicht wieder mit jenem Thema anfangen, welches ich drei Beiträge zuvor ruhen gelassen habe. Nein, mich zwingt die Isomorphie, die Strukturgleichheit der geistigen Zeugung mit der fleischlichen auf dieses Terrain und zu dieser Überschrift.

Zu dieser Isomorphie ist wohl einiges zu sagen, also dazu, ob sie unerwartet oder nur allzu erwartet ist, was eine vorsichtige Formulierung der Frage ist, ob Religiösität sich aus einer möglicherweise krankhaften Erweiterung von Sexualität ergibt.

Diesen Gedanken sollte man ruhig mal eine Weile auf sich wirken lassen, denn seine Folgen sind ja nicht gerade gegenstandslos. Nichtsdestotrotz, ich muß hier fortschreiten. Die eigentliche Frage in diesem Zusammenhang lautet, das ist jedenfalls meine Überzeugung, ob eine fleischliche Zeugung in jedem Falle zweckmäßig ist, denn zweckmäßig, denke ich, ist die Welt noch überall eingerichtet. Die fleischliche Zeugung beruht auf dem Prinzip der lokalen Anpassung, sie ist eine lokale Zeugung als Resultat lokaler Gegebenheiten. Solange es um lokale Entwicklung geht, ist sie sicherlich zweckmäßig, wenn sich allerdings etwas über dem lokalen Horizont entwickeln soll, so ist die Frage durchaus berechtigt, ob dies jedesmal durch eine expansive Dynamik geschehen kann. Insbesondere stellt sich diese Frage bei sozialen Verhaltensweisen, welche erst im Rahmen einer größeren Gemeinschaft Sinn ergeben.

Ich behaupte also, daß Zeugung eine gewisse Struktur besitzt, welche sich aber in unterschiedlichen Vorgängen manifestiert.

Zur Struktur der Zeugung. Es gibt drei Substanzen, wenn man so will, und drei sie beherrschende Kräfte. Kommen diese drei jeweils miteinander zusammen, so wird ein Bewußtsein gezeugt. Die Substanzen aber sind Hoffnung (mehr als Wünsche, denn als Vertrauen auf etwas oder jemanden), Gewalt und Bereitschaft. Die zugehörigen Kräfte sind Anteilnahme, Zügelung (meinetwegen auch Züchtigung) und Treue (Ehrerweisung ist hier gemeint). Hoffnung und Anteilnahme wohnen im Herzen, Gewalt und Zügelung in den Lenden und Bereitschaft und Treue im Hinterkopf. Gewalt ist weiblich und Zügelung männlich, und so kommen sie in der fleischlichen Zeugung zusammen. Die anderen beiden Substanzen und Kräfte sind nicht geschlechtsspezifisch. Zu ihrem Zusammenkommen in der fleischlichen Zeugung läßt sich aber dieses sagen, daß jeweils eine Kraft und eine Substanz zusammen einem Geschlecht einwohnen, also zwei Kräfte vom Mann beigesteuert werden und eine von der Frau, wobei die letztere entweder Anteilnahme oder Treue ist, denn es ist unmöglich einem Menschen gegenüber Anteilnahme und Treue im Gemüte zu vereinen, entweder man nimmt an seiner Hoffnung anteil oder man verehrt seine Bereitschaft.

Es ist also in jedem Falle die Frau, welche dem Nachwuchs seine Lebhaftigkeit vererbt und in jedem Falle der Mann, welcher ihm seine Zucht gibt. Ob er hingegen seine Achtung, die Gesetze, welche ihm heilig sind, vom Vater oder von der Mutter ererbt, hängt davon ab, ob er oder sie den verehrten Teil der Paarung darstellt, denn mit dieser Ehrerweisung zusammen geht die Achtung des Verehrten in den Nachwuchs über. Diese Achtung aber ist mit Bereitschaft identisch. Vom anderen Teil erlangt er seine Treue. Und schließlich erbt er vom anteilnehmenden Teil die Anteilnahme und vom hoffenden die Hoffnung.

Alles kann man in einer Paarung also nie vererben, was aber keinen Aufruf zur Polygamie darstellen soll, schließlich funktioniert Auswahl nur, wenn etwas dabei ausscheidet, und selbst wenn man sich mit mehreren Partner paarte, in keinem Kinde würde sich all das vereinigen, was in einem vereinigt war (Inzest ausgenommen).

Nun, nachdem dies damit exemplarisch an der fleischlichen Zeugung durchgegangen worden ist, komme ich also zur geistigen. Einige mögen in ihrem Herzen die Hoffnung eines ganzen Volkes (gemeint ist einfach eine Menge von Menschen, keine Nation) spüren, und zwar wie andere die Hoffnung ihres Liebsten spüren, konkret, als etwas was da ist, in ihnen, andere die Gewalt der Welt, auf eben dieselbe Weise, und wieder andere die unergründliche Seinsbereitschaft Gottes, wiederum auf jene Art. Manche auch all dies in sich zusammen. Wenn diese nun bereit sind auf eine Zucht zu verzichten, ein Gesetz, welches die Gewalt bändigt, wenn sie sich für die Hoffnungen anderer erweichen und wenn sie bekennen, daß ihr Glück an ihrer Haltung, ihrer Verehrung, welche ihre eigene Seinsoffenheit formt, nichts ist gegen das Glück, welchen den Menschen insgesamt durch sie zukäme, so vermögen sie wohl gar einen Geist zu zeugen, welcher die Welt fortan durchzieht, und zwar als gewandelte Zucht, Anteilnahme und Ehrfurcht, welche freilich zuvor alle erst einmal geformt worden sein müssen.

Anteilnahme zu formen heißt zu erkennen, worunter Menschen leiden.

Zucht zu formen heißt zu erkennen, was menschliches (und anderes auch) Verhalten bestimmt.

Ehrfurcht zu formen heißt zu erkennen, was Menschen hilft.

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19. Oktober 2008

Von den grundsätzlichen Seinslagen allen Seiendens

Wie wir gleich sehen werden, hängen Gefühle eng mit Seinslagen zusammen, weshalb ich sie hier daran aufhänge.

Jedes Lebewesen ist seiner Umwelt ausgeliefert und dies führt dazu, daß es in einer Spannung zwischen der Behauptung seiner Eigenart und seinem Überleben steht. Ist es auf alle Eventualitäten eingestellt, wie beispielsweise die Kiefer, so fällt es ihm schwerer eine sich zufällig bietende Chance beherzt zu ergreifen, denn beides geht nicht, Vorsicht und Draufgängertum.

Interessanterweise ist aber beides gewollt. Der Wille offenbart sich hier ganz ungeniert als maßlos und in sich widersprüchlich, das Leben gerade durch die Beschwerlichkeit seiner Vereinbarkeit mit sich selbst vorantreibend.

Dieser Gegensatz drückt sich also gefühlsmäßig durch Berücksichtigung und Unternehmung aus. Desweiteren sind wir natürlich auch von unserer Umwelt abhängig, was sich durch Faulheit und Ehrgeiz ausdrückt, je nachdem, ob wir in Armut oder Fülle leben, echter Armut und Fülle, nicht das, was die Menschen dafür halten. Die beiden zugehörigen Seinslagen möchte ich als Komplexität und Intensität unserer Existenz bezeichnen.

Dressur besteht, wie bereits angedeutet, in einer gezielten Erhöhung der Komplexität der Seinslage eines Tieres oder Menschen, also einem Übergewicht an Berücksichtigung gegenüber der Unternehmung, wobei die Berücksichtigung nichts anderes ist, als sich ein voriges Gefallen oder Mißfallen in Erinnerung zu rufen.

Als Antwort auf unserer Ausgeliefertheit und Abhängigkeit hat sich unsere Gewohnheit entwickelt. Sie ist ein Beispiel der Angepaßtheit eines Seienden, und da jedes Seiende aus der Intensität seiner Seinslage das Maximale für die Bewältigung der Komplexität derselben herausholen muß, hat sich auch jedes Seiende angepaßt, womit Angepaßtheit also auch eine grundsätzliche Seinslage ist.

Die Gefühle nun ordnen sich diesen drei Seinslagen unter, geben unseren Zustand bezüglich ihrer wieder. Schwäche, Lustlosigkeit, Beklommenheit sind alle Anzeigen mangelnder Intensität unseres Lebens. Schwindel, Entsetzen, Trauer alle Anzeigen fehlerhafter Anpassung. Und Anspannung, Erschrecken, Sorge Anzeigen hoher Komplexität. Offenbar gehört die Angst ebenfalls zur Anpassung, mangelnder Anpassung genauer gesagt, welche nicht identisch mit fehlerhafter ist. (Man mache sich klar, daß die Angst vor dem Tode nichts anderes als die Angst vor einer Unterlassung ist, nicht vorbereitet zu sein, wenn es soweit ist und so auch mit jeder anderen Angst. Vor dem schlichtweg Unausweichlichen gibt es keine Angst. Endete morgen die Welt, wen störte das schon?) Diesen Dreiklängen liegt übrigens das zuvor verworfene Prinzip der Sonderstellung des Menschen durch die Vernunft zu Grunde, nur, in dieser Form läßt es sich schon retten.

Und noch ein Gefühl muß hier besprochen werden, um wenigstens im Negativen einigermaßen vollständig zu sein, nämlich der Schmerz. Schmerz ist einem indianischen Sprichwort nach eine Meinung, und so ganz falsch ist das nicht, in sofern er nichts weiter als ein (sehr eindringliches) Mißfallen ist. Er gehört damit zur Komplexität unseres Lebens, wir müssen berücksichtigen, daß wir ein schadhaftes Glied nicht verwenden können, ohne seine Heilung zu gefährden. Es ist übrigens so mit dem Schmerz, daß er sich wenigstens für eine Weile auflöst, wenn man sich schlicht danach fragt, was genau man eigentlich fühlt, denn sobald die Aufmerksamkeit auf das sinnlich spürbare gelenkt wird, verlassen wir den geistigen Zustand, in dem wir uns unseren Schmerz erzeugen. Anzuraten ist das aber nicht, denn die Vorsicht, welche unserem Schmerz entspringt, ist in der Tat unser bester Freund.

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Vom Gewahren und Entstehen des Wollens

Dies gleich vorneweg, meine bisherige Einordnung der Gefühle in schwindelartige, aufrufartige und wertschätzungsartige taugt herzlich wenig und ist das Produkt einer Motivationsanalyse, welche nach der vorrangigen Motivationsart für Organisches, Tierisches und Menschliches forschte. Insbesondere ist die Zuschreibung der wertschätzungsartigen Gefühle zur Vernunft nicht nur kraß falsch, indem sie nämlich im Widerspruch zur Dressierbarkeit der Tiere steht, sondern widerspricht sogar meiner eigenen Forderung nach Einheit von Funktion und Willen in allen existenten Teilen der Welt, da die Vernunft ja eben keine Funktion eigener Art ist, sondern lediglich eine Form der Anschauung und folgerichtig von organischen Gefühlen dominiert, wie ich es am Beispiel der Verwirrung auch bereits andeutete. Sicherlich stand bei dieser Fehldarstellung der Wunsch im Hintergrund, den Menschen als mehr als nur ein vernunftbegabtes Tier erscheinen zu lassen, was er aber eingestandenermaßen nicht ist.

Dieser Beitrag nun dient dazu aufruf- und wertschätzungsartige Gefühle als das zu beschreiben, was sie sind. Es wird darüberhinaus noch weiteres von den Gefühlen im allgemeinen zu sagen sein, was ich aber auf später verschieben möchte. Überhaupt waren mir die Gefühle bisher etwas lästig, da ich zunächst einmal unser Denkvermögen beschreiben wollte. Nun kehre ich also, nachdem ich mich erschöpfend mit sexueller und asexueller Liebe beschäftigt habe, zu ihnen zurück.

Wenn wir gewahren, gleich was, so ist unser Gefühl schon immer Teil des Gewahrten, es entsteht also nicht nachträglich, wie es anhand der maschinellen Analogie zu vermuten wäre. Nun befinden wir uns aber in einem von zwei Zuständen, entweder wir haben uns gerade dazu entschlossen etwas zu tun und sind nun just dabei oder wir lassen unsere Umwelt einfach auf uns einwirken. Im ersteren Falle ist unser Gefühl ein aufrufartiges, im zweiten ein wertschätzungsartiges, welches wir auch kürzer Gefallen nennen können.

Aufrufartige Gefühle entstehen nun nicht einfach so, sondern aus der Gewahrung (durch Wahrnehmung oder Erinnerung) eines Gefallens heraus. Es bildet sich eine innere Spannung, welche sich entweder in einem Entschluß entlädt oder auch nicht.

Zum Beispiel. Es gibt keine Wut ohne Scheu. Nur wer an der Zurückhaltung seiner Mitmenschen positiven Anteil nimmt, ist überhaupt fähig, über einer Dreistigkeit wider jene Zurückhaltung wütend zu werden, und er wird diese Fähigkeit verlieren, sobald ihm der Glaube an die Scheu seiner Mitmenschen verloren geht, denn wer keine Ehrfurcht besitzt, den gilt es auch nicht durch einen Wutausbruch in ihr zu bestärken.

Ein anderes Beispiel. Es gibt keinen Sadismus ohne Häme. Nur wer sich in der Rolle des Zwingenden gefällt, ist zu spontaner Bosheit fähig, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet.

Wie ein Mensch sich und die Welt sieht, bestimmt also auf solchem Wege, zu welchen Taten er schreitet, und was ich im vorigen Beitrag beschrieben habe, war das Gefallen oder Mißfallen am eigenen inneren Leben, der eigenen Orientiert- und Informiertheit, insbesondere dem Selbstverständnis und der Selbstentsprechung.

Dieses Gefallen oder Mißfallen lastet ein Leben lang auf uns, und es aus anfänglichem Mißfallen in Gefallen zu wandeln, ist unser aller Aufgabe, welche insbesondere in den religiösen Schriften der Inder verherrlicht ist. Die Kuh ist dort nicht aus Zufall zum heiligen Tiere aufgestiegen, sondern weil sie wie kaum ein anderes unentschlossen erhaben und entschlossen erniedrigt wirkt. Die Homogenität der Regel allerdings fordert auch für den inneren Frieden die Möglichkeit zur Entladung, und dieser ist in der Tat gespannt, sonst wäre er nämlich Schlaf.

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18. Oktober 2008

Eine Wiederholung des Anfangs

Warum sind uns die Dinge als Teil unseres Seins bewußt?, die zu den Begriffen anlaßgebenden Verhältnisse als Figuren unseres Denkens, nicht bloße Sachverhalte, sondern Verrenkungen unseres Geistes.

Fürwahr, sollten wir sagen, was dieses unser Denken der Welt denn sei, so glitten wir aus und flüchteten uns alsbald auf seine Unmittelbarkeit zurück, dieselbe Unmittelbarkeit, welche auch unseren Sinneseindrücken anhaftet, doch heißt dies nicht, daß es nichts wäre.

Auch heißt es nicht, daß unsere Sinneseindrücke isoliert wahrnehmbar wären, auch sie sind stets Teil eines Seins, welches allerdings ein einfacheres Sein ist, ein Sein, welchem es genügt wahrzunehmen anstatt zu ordnen. Ein Sein aber wird stets als solches reflektiert, in einem Sein tritt uns stets das Existente entgegen, es ist stets ein Sein, welches Unmittelbarkeit gewährt.

Durch dieses Sein ist das in ihm enthaltene aber immer schon mit dem Wesen des Seins, seiner Reaktion auf diese Eindrücke, verknüpft, ja, es wird sogar daraufhin erwogen, wie gedeihlich es dem Sein selbst ist.

Letzteres ergibt sich so. Wenn unsere Eindrücke lediglich dazu dienten, unsere weltlichen Handlungen zu informieren und unseren weltlichen Willen zu wecken, wie es sich freilich hauptsächlich vollzieht, so wäre spätestens die Reflexion ihres Wesens als Teil unseres Seins ein Fehler, da diese einen Eindruck liefert, welcher uns zwar Aufschluß über unsere seelische Verfassung gibt, dabei aber keine andere Reaktion hervorruft, als den Willen zu existieren oder nicht zu existieren, wobei dies selbstverständlich ein Wille ist, welcher nur sehr bedingt im obigen Rahmen wirksam werden kann, so zum Beispiel, wenn er den Stoffwechsel senkt, wenn die Zeit der ausbleibenden Nahrung naht. Diese Fälle lassen sich aber auch wieder verstehen als Anpassung an das Lebensumfeld, keine Energie auf eine Zeit zu verschwenden, in welcher es sich nicht leben läßt. Wir kennen dieses aber als Beklommenheit. Wenn sich nun in unseren Herzen als Antwort auf unsere Existenz etwas anderes als Beklommenheit oder Überschwang einstellt, nämlich die Gewißheit, daß unsere Existenz überhaupt nur unter gewissen Rahmenbedingungen sinnvoll ist und wir bereit sind auf sie zu verzichten, so diese Rahmenbedingungen sich nicht einstellten, so überschreiten wir den Zirkel der weltlichen Tat und werden eines mit dem, welches alles existieren läßt.

Es liegt nach kurzer Besinnung nahe, diese Einheit nicht von unserer Fähigkeit zur Reflexion abhängig zu machen, letztere bewirkt lediglich, daß dieses aus dem Verborgenen tritt, Sein wird allgemein bejaht und verneint und dadurch qualifiziert.

Wenn sich ein Leben nur voll entwickelt, mündet es stets wieder in dem Ganzen, aus welchem es entsprang. Gerade jene aber, welche eine besonders klare Ahnung ihres Ursprungs in ihren Herzen tragen, neigen dazu lieber ihres Ursprungs zu gedenken und sich gegenseitig ihres Ursprungs durch so manch artiges Rollenspiel zu versichern, eine wandelnde Mahnung an das Göttliche unter den Menschen, als den Schritt zu Opferbereitschaft und Bekenntnis zu tun.

Wie die Geschichte Abrahams zeigt, geht es Gott nicht um die Opfer selbst. Jenen sage ich, vergeßt das Himmelreich aus dem ihr kamt und hofft einst wieder in ihm vereint zu sein, den Mantel eures Leidens und eurer Vereinnahmung, und macht euch zu Brunnen eurer Hoffnungen, denn es gibt nichts, welchem es verwehrt wäre, durch euch in diese Welt aufzusteigen, ihr seid die Pfeiler der Welt, das, woran sich alles hängt, und hättet ihr nichts, ihr wäret Herr in eurem Haus.

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12. Oktober 2008

Das Geheimnis der Liebe oder Vom Principium der Homogenität der unterschiedlichen Ausprägungen der Beziehungen zweiter Art

Man verzeihe mir meine Ergebnisorientiertheit, aber Einsichten befreien.

Nach einiger Reflexion stellt es sich mir nun so dar, daß es in der Tat nur vier Ausprägungen der Beziehungen zweiter Art gibt, und zwar die bereits genannten. Ich konnte ihnen aber bisher nicht gerecht werden, weil ich sie lediglich aus der Erfahrung heraus und nicht in ihrem natürlichen Zusammenhang gesehen habe.

In allen Fällen geht es, wie gesagt, um einen Wunsch des inspirationsspendenen Teils. Diese Wünsche habe ich bisher allerdings eher bescheiden dargestellt. So ist es besser: Der inspirationsspendende Teil wünscht stets die Wertschätzung seines Wertes, entweder als solchen oder in dem Maße, wie er sich durch seine Werke zeigt. Der Wert eines Menschen ist aber geschlechtsabhängig. Der Wert eines Mannes ist sein Idealismus, und er zeigt sich in dessen Meriten (Verdienste ist nicht gänzlich unzweideutig), der Wert einer Frau ist ihre Güte, welche sich in ihrer Meinung zeigt.

Die besseren Hälften nun sind jene Frauen, welche ihre Meinung verteidigt sehen wollen.

Die, hmm, Tim Allens sind jene Männer, welche ihre Meriten gewürdigt sehen wollen.

Die Musen sind jene Frauen, welche sich nach einer Heimat für ihre Güte sehnen.

Und die, sagen wir, Übrigen sind jene Männer, welche ihren Idealismus Form annehmen sehen wollen.

Wie ersteren gedient wird, ist ja bereits im obigen ausgesprochen.

Den zweiten wird in erster Linie durch Arbeit gedient.

Den dritten durch die Gestaltung und nur durch die Gestaltung einer besseren Welt.

Und was letztere angeht, das ist auch schon ausgesprochen, nämlich durch Beispiel und Vorbild für andere.

Das ist wohl das Geheimnis der Liebe, und wo ich gerade dabei bin, es auf einen bitteren Geschmack zu reduzieren, welchen beide Teile wohl so manches Mal verspüren, ist von einer ausgesprochenen Dunkelheit und es in sofern unverständlich, aus welchem Grund das New Yorker Opernpublikum Richard Strauss' programmatische Fingerübung derart frenetisch feiern sollte. (Ja, ich habe dafür auch noch Geld an der Kinokasse ausgegeben, sollte ich mir sonstwohin fassen, ist mir schon klar.)

Jene Beziehungen zweiter Art sind also Aufrichtungsbeziehungen und ich somit der Lästigkeit enthoben, sie derart umständlich zu benennen.

Ein persönliches Schlußwort. Dinge als das zu erkennen was sie sind, sie richtig einordnen zu können, ist das größte Glück, welches wir uns durch intellektuelle Beschäftigung bereiten können. Ich wünschte Du verstündest das spätestens jetzt auch und hieltest es nicht mehr für langweilig, Wiebke.

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7. Oktober 2008

Anstelle eines dritten post scriptums

Nochmals zu jener zweiten Beziehungsart. Sie entsteht dadurch, daß der inspirationsspendende Teil einen Wunsch erkennen läßt, welchen zu erfüllen sich der inspirierte Teil angelegen sein läßt.

Wie das so ist, spielen Zeit, Taten und Worte bei all dem kaum eine Rolle. Da erkennt der eine Teil auf einmal, daß ihm etwas fehlt und der andere bemerkt es. Freilich, manche Charaktere tragen ihren Mangel wie eine Dunstwolke um sich her, aber das macht wirklich keinen Unterschied zu jenen, welche ihre Selbstbeherrschung nur für den Bruchteil einer Sekunde verlieren, denen ein Satz in einem Tonfall rausrutscht, welchen sie sich an und für sich nicht erlauben.

Woran erkennt man, daß man nicht einseitig liebt?

Nun, daran, daß einem der Wunsch dem anderen zu helfen wichtiger ist als ihn zu besitzen, denn Selbstlosigkeit stellt sich wie gesagt nicht von alleine ein. Andersherum heißt das aber auch, daß es albern ist, Selbstlosigkeit zur Bedingung der Aufnahme der Beziehung zu machen, denn was die Folge ist, kann schlecht vorausgesetzt werden. Frauen reagieren sauer, wenn Männer auf ihre zur Schau gestellten Wünsche nicht eingehen. Das sollten sie nicht, sie sollten froh darüber sein, daß die Männer kein Spiel mit ihnen treiben. Andere Frauen reagieren besorgt, wenn Männer auf ihre Wünsche eingehen. Das sollten sie auch nicht, denn dazu sind ihre Wünsche schließlich da.

Es scheint mir auch sehr fragwürdig, ob diese Paarungen wiederholbare Prozesse sind. Ganz ausschließen kann man es wohl nicht, aber so ohne weiteres werden sie sich wohl auch nicht wiederholen. Wer sich eine wünschende Seele gesucht hat, der hat ein Ziel vor Augen, und wer sich jemanden anvertraut hat, vertraut auf seine Taten. Auch bleibt der Prozeß nicht ohne Folgen für die Persönlichkeit der Betroffenen. Der Spendende wird souveräner und der Empfangende tiefer, dies ganz natürlich als Folge ihrer jeweiligen Rollen.

Freilich stellt sich ein gewisser Zustand der Bigamie ein, wenn man zugleich Empfangender und Spendender in verschiedenen Beziehungen ist, allerdings wird in dem Fall eine Wesensähnlichkeit der beiden Partner vorliegen, ebenso wie eine Prädisposition des Mittlers hin zur Orientierung an der Art und nicht der Individualität eines Menschen, denn nur ein wesensähnlicher Partner wird die Erfüllung fremder Wünsche an sich dulden, in der Tat ertragen, und nur ein solcher Mittler käme überhaupt auf die Idee, solches zu tun.

Den meisten Menschen wird es wohl bei dieser Vorstellung grausen, andererseits sollte man seine Nase nicht in die Entscheidungen von Menschen stecken, welche lediglich ihr Leben in der Form bewältigen, in welcher es sich ihnen gibt.

Post scriptum vom 8. Oktober 2008. Ein post scriptum zum post scriptum? Wo kommen wir hier nur hin. Aber das ist nunmal so, wenn man einfach drauflosschreibt, was einem gerade einfällt. Nicht, daß der Denkprozeß sonst anders verliefe, also über vorläufige Formulierungen und deren Reflexion zum Ziele führte, nur bleiben dem Leser bei größerer Vorarbeit halt die ganzen Zwischenschritte erspart. Soviel zur Methodik. Nun, mir ist aufgegangen, daß es nicht sonderlich glücklich ist von Wünschen zu sprechen, denn wünschen kann man sich ja fast alles, die hier auftretenden Wünsche sind aber keinesfalls beliebig, sondern sehr speziell, ohne daß ich bisher ihre Homogenität, also das Prinzip aus dem ihre Vielfalt entspringt, erkannt hätte. Folglich ist die folgende Darstellung auch alles andere als notwendig vollständig.

Auf weiblicher Seite handelt es sich üblicherweise um einen von zwei Wünschen, nämlich entweder verteidigt oder befreit zu werden. Ersteres betrifft die besseren Hälften, letzteres die Musen. Auf männlicher Seite sind mir bisher ebenfalls zwei Wünsche in den Kopf gekommen, aber wie man gleich sieht, keinesfalls so landläufige, nämlich einerseits den Wunsch nach einem Spielgefährten, ja ich denke schon wieder an Tim Allens Serie, und andererseits der Wunsch nach einem Musterbeispiel an Menschlich-, nun ja, genauer gesagt, Weiblichkeit, welchen selbstverständig in erster Linie enttäuschte Männer hegen.

Diese Herausforderung ist übrigens für Frauen von einer gewissen Unwiderstehlichkeit, und deshalb muß ich darauf hinweisen, daß zwischen Mann und Frau noch andere, niedrigere Prozesse ablaufen als die bisher geschilderten. Jeder Mann tut in seinem Leben einen Berg Schlechtes, um einen Hügel Gutes zu bewirken, und es ist eine Frage seiner Begabung, ob er letzteren überhaupt zu Stande bringt. M.a.W. sind Männer Arschlöcher, allerdings verschiedene Arten von Arschlöchern, und wenn sie eines können, dann ihre diesbezügliche Natur zu verheimlichen. Frauen nun sind so verrückt, auch noch auf irgendeine Art Arschloch zu stehen, wissen aber nicht, woran sie sind, bevor sie nicht an die vier Jahre mit dem fraglichen Arschloch zusammengelebt haben. Deshalb ist es auch nicht gut, wenn Frauen zuviel Initiative ergreifen, sie verbrennen sich dann doch nur die Finger. Besser schon, wenn sie Signale aussenden und den Kandidaten durchprüfen, wie sie es ja auch tun. Männer nämlich sind für gewöhnlich immerhin gut genug, sich an die richtige Frau zu wenden, also diejenige, welche unter ihnen am wenigsten zu leiden hat, wobei Männer im Gegensatz zu Frauen absolute Instinktsicherheit besitzen, wenn es um das Niedere und Irrationale geht.

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4. Oktober 2008

Vom Werte des Selbstlosen

Diesmal wirklich knapp und kalt, mein Fieber hatte offenbar auch einen sachlichen Zweck.

Wenn ich selbstlos sage, so meine ich damit nicht nur, daß eine Tat um anderer Menschen willen geschehen ist, sondern auch, daß der Grund dafür nicht in der eigenen Vorstellung einer heilen Welt besteht.

Ich habe es schon im ersten Kapitel gesagt, der Mensch befindet sich auf einer Lebensbahn, welche schließlich darin mündet, daß er einer Kultur zu Diensten ist, und daß die Art, auf welche er es ist, sein Schicksal bezeichnet.

Das ist keine Selbstlosigkeit im engeren Sinne, denn letztlich arbeitet der Mensch, welcher solches tut, nur daran, seine Kultur zu perfektionieren und steigert also die Effizienz der Gesellschaft. Effizienzsteigerung aber ist das selbstbejahende Gebot Gottes in einer Umgebung, in welcher das Entropiegesetz es zuläßt, m.a.W. hier auf Erden.

Wenn ich hingegen einen Satz einer Beethovenschen Symphonie höre, welcher offenbar einer verträumten Frau gewidmet ist, so als Beispiel, und er mich bewegt, obwohl ich ja keine verträumte Frau bin, dann muß das doch zunächst verwundern.

Ich denke, daß indem ein Mensch zu einer Quelle der Inspiration wird und ein anderer Mensch sie ausarbeitet, beide der Würde des Menschen ein Denkmal setzen, nämlich indem sie beweisen, daß der Mensch einerseits der Freiheit wert ist, indem der zweite solches ausarbeitet, und andererseits Anspruch darauf hat, die Quelle aller Berechtigung zu sein, da der erste zu solchem den Anlaß gab.

Wer mich nach dem Sinn des Lebens fragte, dem antwortete ich vielleicht, daß es Gott um die Einbeziehung von Vielfältigem in Formen der Abstimmung ginge, welche ihm gefielen. Und dazu gehörte hier auf Erden sowohl ihre Stabilität als auch ihre Effizienz. Hingegen, wer eine derart inspirierte Symphonie komponierte, der verwirklichte Gottes Wesen durch sich selbst.

Zeit Jünger auf die Schulter zu klopfen für seine Beteuerung, daß sich das Ästhetische und das Moralische in ihren Innersten berührten. Und Zeit für mich, dies zu beschließen.

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3. Oktober 2008

Eine kleine Polemik wider die Unsitte der Kunstepocheneinteilung

Gott ist ja vielleicht an Langeweile gestorben, der Hegelsche Unsinn hingegen fasziniert offenbar immer noch die Massen, denn es bedarf Hegelscher Konstrukte, um zu der Idee zu gelangen, daß jede Zeit ihre eigene Kunstform besitze.

Man darf seinen Kindern keine Klassik vorspielen, sonst werden sie später zum Genuß zeitgenössischer Musik unfähig oder so ähnlich, obschon es in der Form wohl ehrlicher wäre, nicht wahr, Herr Henze? Nichts gegen Pfitzner, aber wieso sollte sich die Menschheit dazu verpflichten, fortan nur noch die eigene Impotenz zu betrauern? Dabei hat Pfitzner ja durchaus einige halbwegs schöne Stücke komponiert, und es muß natürlich auch einem Komponisten erlaubt sein, eine Zeitenwende zu verarbeiten, aber eine Epoche dadurch einleiten zu wollen, geht eindeutig zu weit!

Besinnen wir uns doch mal kurz. Also, die einen hören Jazz, die anderen Blues, Gospel, R & B, Hip Hop, Techno, Pop, Heavy Metal, House, Psychadelic, Folk Rock gar oder Rock'n Roll und wir sollen allen Ernstes glauben, daß es unter all diesen eine Form gibt, welche für sich in Anspruch nehmen kann, die Kunst der Gegenwart zu sein?

Warum reden wir dann bloß noch von moderner Musik und Klassik? Weil das Hegeltum im Bürgertum unausrottbar festsitzt? Bin ich, weil ich solches frage, postmodern? Es gibt wohl keinen weniger postmodernen Menschen als mich, gemessen an dem was ich hier bisher so geschrieben habe. Aber halten wir fest, daß es in Intellektuellenkreisen nichts Ungewöhnliches ist, wenn man für einen unverstellten Blick einer besonders verwerflichen Denkschule zugerechnet wird.

Bleiben wir noch etwas in dieser absonderlichen Welt. Beethovens Fünfte und Sechste, Schuberts Unvollendete, die sind so populär, weil sie so volkstümlich sind. Jetzt alle Völker oder nur die Deutschen? Ich meine, angelsächsischer Pop hört sich halt anders an. Haben wir hier einen Überlegenheitskomplex, daß wir uns einfach nicht trauen, damit rauszurücken, daß die Musik, welche das Volk bei uns pfeift von Beethoven stammt und nicht von den Beatles?

Es riecht danach. Klassik bedeutet den Menschen auch heute noch etwas, sie ist immer noch aktuell. Und daß nicht, weil sie halt klassisch, formvollendet und nachahmenswert - beides gänzlich hohle Worthülsen - ist, sondern weil uns ihr kommunikatives Anliegen erreicht. Nur, daß heute einer uns auf dieselbe Weise erreichen können wollte, daß ist schlichtweg nicht hinnehmbar, denn er imitierte nur einen längst verstorbenen Geist, den man lieber respektvoll in seinem Grab ruhen lassen sollte!

Na wartet, ihr verdient's nicht besser. Irgendwann werde ich hier auch noch eine Symphonie veröffentlichen. Wenn's sonst keiner macht, dann muß man's halt selber machen, auch wenn die andern einen dann mit dummen Bemerkungen über die eigene Unzeitgemäßheit zupflastern, wie zuletzt bei den Stone Roses. Leider habe ich bisher nur einen Satz, sehr volkstümlich, da bin ich mir allerdings sicher.

Formvollendung! Sicher, eine Symphonie, das ist was ganz Hohes, da kommt halt heute keiner mehr ran. Was für ein ausgemachter Unsinn! Eine Symphonie erwächst aus einer, na, sagen wir mal, vier Takte langen Weise, und alles was der Komponist anschließend macht, ist sie gemäß der eigenen Vorstellung davon, wie sie sich organisch und wesenstreu fortsetzte, gleichsam in sich hineinhorchend, fortzuspinnen. Das alles ist zunächst in einer Melodiestimme gehalten und wird dann später zur Formvollendung gebracht, welches auch nichts anderes ist, als die Hintergrundechos der ursprünglichen Intuition einzufangen.

Und nochmal, nur weil Pfitzner an einem Punkt angelangt war, an dem sich ihm jede Volkstümlichkeit verschloß, weil die Vorstellung davon, was das Volk berechtigterweise hoffen dürfte, aufgezehrt war, hat sich doch dadurch nicht die Hoffnung des Volkes für alle Zeiten in Luft aufgelöst.

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2. Oktober 2008

Eine vertiefte Betrachtung der zweiten Art von Beziehungen und Geschlechtsspezifisches

Wem meine fortgesetzte Beschäftigung mit dem in den vorigen fünf Beiträgen angerissenen Themenkomplex suspekt vorkommt, der bekommt nun mit diesem Beitrag hier den Beleg dafür geliefert, daß er auf der richtigen Spur war, denn während sich mein autobiographisches Klärungsinteresse bei den Beiträgen zu den Paarungen entgegen meiner ausdrücklichen Darstellung in engen Grenzen hielt, war mein Beitrag zur platonischen Liebe schon alles andere als frei von ausschließlich privatem Interesse und dieser hier nun läuft Gefahr ausschließlich von ausschließlich privatem Interesse zu sein, was mich vor die Frage stellt, wie ich ihn am besten darstellen sollte.

Es liegt in der Natur der Sache, daß Irrtümer über andere Personen peinlich sind. Und gerade wenn ich von mir behaupte so ziemlich alles klar zu verstehen und zu wissen, woran ich bin, ist es doppelt unangenehm mich selbst durch hemmungslose Romantisierung zu betrügen. Wenn ich dabei erwischt würde, versteht sich. Denn rein als Reinspülung der eigenen Seele erweist sich eine solche Dramatisierung schon als befreiend.

Um aber hier nicht allen Anspruch auf Korrektheit aufzugeben, werde ich mich zunächst einmal in Gemeinplätzen über Männer und Frauen ergehen, also solchen, welche niemand in Zweifel zieht.

Oftmals ist es doch so, daß sich Männer und Frauen nicht nur fremd, sondern gar ungeheuerlich erscheinen. Dabei sollten wir zunächst einmal verweilen. Wenn eine Frau sagt, sie hätte überzeugt das eine getan, dann aber eingesehen, daß es ganz falsch war und nun täte sie überzeugt das andere, so graust es einem Mann doch, und der Gedanke geht in seinem Kopfe spatzieren, was für ein seelenloses Geschöpf das doch sei, das kein Gespür davon hat, was es im Leben zu leisten gelte. Wann immer der sexuell Betrunkene diesbezüglich mal wieder einen klaren Kopf bekommt, findet er in seinem Herzen nichts als Verachtung und Zweifeln an sich selbst, daran, daß er diesem Geschöpf auch noch - manchmal - zu Diensten ist. Umgekehrt jagt es Frauen Schauer über den Rücken, wenn sie sehen, mit welcher völligen Ignoranz ihr Mann über die Wünsche der ihn umgebenden Menschen hinweggeht.

Wer in Anbetracht dieser doch nicht unwesentlichen Verschiedenheit von der Ungeschlechtlichkeit der Seele faselt, der hat sie doch nicht alle!

Beim Mann nun läuft es so ab, daß er sich bekennt, zunächst zum eingeschlagenen Weg als solchem, also beispielsweise dem heiligen Geist ein guter Diener zu sein, und später dann, nachdem er seine Umwelt analysiert hat, zu gewissen Lebensverhältnissen und Verhaltensweisen, welche er mit seinem Begriff vom Heil im Einklang sieht. Um hier eine Ahnung vom betreffenden Alter zu geben, stelle ich mal die Zahlen Drei und Sechs in den Raum. Wie es bei den Frauen abläuft, kann ich nicht beurteilen.

Dies also als so weit verifizierbare Vorrede.

Und noch will ich auch etwas beim Erfahrbaren bleiben. Was ich bisher von der so genannten Umsorgungsbeziehung gesagt habe, ist so platt, daß es meiner wirklich nicht würdig ist. Es handelt sich bei näherer Betrachtung um eine Formungsbeziehung, von welcher auch Nietzsche sprach, als er meinte, daß es bei der Liebe doch immer darum gehe, daß eine Seele der anderen etwas abgewinnen wolle. In der Tat, meistens ist es genau so, daß ein schlechter Mann eine bessere Hälfte sucht, damit seine Schlechtigkeit nicht ungemildert an seine Nachkommen weitergegeben wird. Freilich, für die Frau ist das alles andere als ein sonderlich verlockendes Angebot, aber halt!, wer so denkt, versteht Frauen nicht, denn eine Frau hat gar nicht die Wahl zwischen einem glücklichen und einem unglücklichen Leben, sondern lediglich zwischen einem ebenen und einem wogenden Leben, entweder, man verzeihe die unverzeihliche Geschmacklosigkeit, sie blutet monatlich oder gebährt dreivierteljährlich. Wenn ein Mann eine Frau also nur ehrlich anhimmelt, ist es ihr in aller Regel nicht möglich, das Angebot auszuschlagen, jedenfalls nicht, wenn der Grund für diese Verehrung in seiner geistigen Natur und nicht in seinem Alter besteht.

Andersherum läuft es viel entspannter, es gibt keine harmonischere (und objektiv langweiligere) Beziehung als die zwischen einem Ingenieur und dem Mädchen, daß schon immer lieber mit Autos gespielt hat. Ich kenne einige solche Paare und die Serie Home Improvement ist absolut wahrheitsgetreu, wem es um die Vermeidung von Dramen geht, der möge sich doch so orientieren.

Bleibt also nur der Fall Wagner-Planer. Das sage ich natürlich nur, um von mir abzulenken, geschenkt. Doch, es macht es natürlich irgendwo leichter, wenn ich jetzt, bei dem Manne Anfang 20 und der Frau Mitte, Ende 20 von Richard und Minna schreibe. Was hat sich Minna nur gedacht? Es war doch klar, daß ihr der Richard eines Tages über den Kopf wächst. Wäre er ihr wirklich nicht ebenbürtig gewesen, seine Verehrung also substantiell, hätte ihn ihr Alter doch bei der von ihm verfolgten Absicht verschreckt! Sie hat ihn trotzdem genommen, und dann später hat er sie, man muß es so sagen, auf den Müll geworfen, allerdings nicht, ohne sich vorher in einer Oper, Lohengrin, über unverständige Weiber auszuweinen! Da ist sie wieder einmal klar zu erkennen, die hervorstechende männliche Charaktereigenschaft. Wagner allerdings war Lohengrin später wenigstens peinlich, was natürlich keinen CD-Klappentextschreiber davon abhält, die Oper trotzdem großartig zu finden. Sein Problem war ganz einfach aus seiner Rolle innerhalb seiner Beziehung zu Minna nicht hinauszufinden und als Inspirationssuchender schließlich nicht mehr fündig zu werden. Es bedurfte erst der Wesendonckschen Abfuhr, um Wagner begreiflich zu machen, daß die Zeit des von Frauen inspiriert Werdens unwiderbringlich abgelaufen war. Seine spätere Ehe war dann eine Anlehnungsbeziehung, das war der Preis, den er, wenn man es so nennen kann, bezahlt hat, er hat die von ihm so sehr propagierte Idee einer deutschen Beziehung, also einer dynamischen Formungsbeziehung, für sich persönlich aufgegeben.

Allerdings ja nicht ohne zuvor bereits geformt worden zu sein.

So, und jetzt wird es gänzlich heikel. Ich wage zu behaupten, daß auch Minna keine Wahl zwischen einem glücklichen und einem unglücklichen Leben hatte, sondern im Moment der Erwiderung des Gefühls zu einem unglücklichen Leben verurteilt war, dessen Gemäßigtheit sie einzig noch wählen konnte. Hätte sie sich nämlich verweigert, so hätte sie doch das Gefühl akzeptieren und umdeuten müssen. Wäre Richard ihr jüngerer Cousin gewesen, hätte sie es als verwandtschaftliche Zuneigung betrachten können oder, im allgemeinen, als platonische Liebe oder, wenn Minna etwas burschenhafter gewesen wäre, als ein allgemeines Gefallen an männlicher Gesellschaft, wie es unter Männern üblich ist. Erstere und letztere Deutung wären der Zeit allein zum Opfer gefallen, die behauptete Allgemeinheit hätte sich als falsch herausgestellt und Minna über Beklommenheit und Einsicht schließlich zur Konsternation, dem Entsetzen über die Leere des eigenen Lebens, gelangt. Die zweite Deutung hingegen hätte zunächst einen Aktivitätsschub nach sich gezogen, in welchem sie sich zur Menschenfreundlichkeit gezwungen hätte, nur um dann schließlich einzusehen, daß sie den Menschen dadurch nicht hilft. An dem Punkt wäre die ursprüngliche Frage wieder aufgeworfen worden, und ihr Weg hätte sich wie in den anderen beiden Fällen fortgesetzt. Wäre sie sehr intelligent gewesen, hätte sie wohl auch gar begriffen, daß in dem Aufstellen von Umdeutungen ihr Lebenselixier bestanden hätte, doch der Preis, welchen sie dann hätte bezahlen müssen, wäre noch höher gewesen, nämlich nicht nur die Bestattung ihrer Seele, sondern ihre gänzliche Zerstörung.

Nun gibt es ja vielfache Katastrophen in der Natur und es ist somit ein leichtes zu sagen, daß eine solche Beziehung zwischen Mann und Frau schlicht ein Unglück sei. Nur, stimmen tut das wahrscheinlich nicht. Die Frau stirbt, entweder im Zornesfeuer ihres Mannes oder alleine von innen verblutend in der Öde. Was hat sie dadurch erkauft?

Bedenken wir zur Antwort, daß es ja nicht jeden Mann treffen kann, sondern nur solche, deren Wunsch die Welt kennenzulernen, zu verstehen und schließlich zu verändern übermächtig ist, denn das ist selbstverständlich die subjektive Motivation eines Mannes, welcher eine solche Beziehung sucht, ihn verlangt es nach Einweihung.

Seitens der Frau mag eine Ahnung der eigenen Kinderlosigkeit eine Rolle spielen.

Ich denke nun, was sie unabhängig von dem von ihr gewählten Weg zu ihrem Tode erkauft, ist ein unter Männern sehr seltenes drittes Bekenntnis, nämlich das Bekenntnis zur Einlösung, da er nun ein Leben auf dem Gewissen hat, steht er unter dem Zwang, es durch seine Werke wieder auferstehen zu lassen, und zwar vielfach. Er verläßt das Gefängnis der selbsterschaffenen Rechtschaffenheit und wird erst zur selbstlosen Tat fähig.

Insbesondere kann niemand ein bedeutungsvolles Musikstück komponieren, welchem es um den eigenen Ruhm geht, auch wenn der nur nebensächlich wäre, das Bedürfnis einer allgemein menschlichen Seele musikalische Form zu geben, muß sein einziger Antrieb sein, kann aber nur sein einziger Antrieb sein, wenn jemand anders ihn aus seiner Vereinzelung freigekauft hat.

Männer sind wie Kinder, welche sich erst dann besinnen, wenn das zierliche Gefäß zerbrochen vor ihnen auf dem Boden liegt.

Post scriptum vom 3. Oktober 2008. Dynamische Formung war eine Verlegenheitslösung, es ist besser dadurch beschrieben, wenn man sagt, daß sich im empfangenden Teil ein neuer Persönlichkeitszweig als Antwort auf den spendenden Teil bildet. Dieser Zweig bildet sich in jeder solchen Beziehung, und durch diesen Zweig ist auch in jedem Fall die Möglichkeit zur selbstlosen Tat gegeben, allerdings bedarf es des angesprochenen dritten Bekenntnisses, um eine solche Tat an die Menschheit im allgemeinen richten zu können.

Post scriptum vom 5. Oktober 2008. Ich habe mich im obigen gewisser kausaler Verdrehungen schuldig gemacht, welche angetan sind, das Gemüt des Lesers zu belasten. Zum einen hatte ich es so dargestellt, daß die Erwiderung des Gefühls die Frau verurteilt. Daß die Frau aber bereits verurteilt ist, stellt einen wesentlichen Grund für das Zustandekommen des Gefühls dar. Es verhält sich also genau umgekehrt. Zum zweiten liegt der Wahl des Mannes natürlich sein Wesen zu Grunde, und wenn es auch der, nun, Muse bedarf, um in ihm den beschriebenen Vorgang in Gang zu setzen, so ist sie selbstverständlich nicht für dessen Ergebnisse alleine verantwortlich.

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