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17. Januar 2013

Statik und Schwebe

Vielleicht habe ich Konfuzius im letzten Beitrag nicht ganz passend zitiert, denn das Hexagramm, dessen Kommentar dieses Zitat ist, beschreibt eine Situation unerschütterlicher Statik, und ich schrieb von einer Lage, in welcher die Dinge in der Schwebe sind.

Dennoch gibt es da eine Verbindung, in sofern nämlich, als diese unerschütterliche Statik ihre Wurzeln nur in der Schwebe haben kann, von welcher ich schrieb, Konfuzius' Beschreibung ist gleichsam der Stern, dessen Kommen die Morgenröte ankündigt, und der ohne diese Ankündigung auch nicht erscheinen kann: nur durch das Angebot neue Kausalität durch transzendente Akte zunächst auszuprobieren und schließlich zu konsolidieren kann dereinst wieder Harmonie eintreten, nachdem wir die bestehende Kausalität zur Unterdrückung, ja Auflösung, unserer Funktionalität und Konstitution vorangetrieben haben. Der heutige Mensch weiß weder, was er ist, noch wie er sich verbindet, und treibt darüberhinaus in seinem Dinglichkeitswahn von außen erzwungener Umbildung und Eingliederung zu, wovon das ganze heutige Denken entsprechend durchtränkt ist.

Aus der heutigen perspektivischen Verkürzung erscheint die gereichte Hand, die Option, bereits als die herrlichst ausgewachs'ne Manifestation: an totale Dunkelheit gewöhnte Augen können ein Glimmen nicht von einem Strahlen unterscheiden, und entsprechend fassen sie beide Lagen zu einer zusammen.

Damit hätte ich diesen Bogen geschlagen, indes möchte ich, bevor ich zum eigentlichen Thema komme, noch kurz dem Einwand begegnen, daß das Obere eine Anpassung an das Untere sei und nicht umgekehrt.

Nun, das Obere ist in der Tat eine Anpassung an das Untere, aber daraus folgt nicht, daß es nicht auch umgekehrt so sein könnte, beide mögen Wege besitzen, das jeweils andere zur Anpassung zu zwingen, welche indes nicht allzeit gleichmächtig beschritten werden.

Sagen wir es gerade heraus, Bewußtsein formt Welt genauso wie umgekehrt Welt Bewußtsein formt, und zwar im substantiellen Sinne, deswegen, weil letztlich beide ein- und dasselbe sind, Verkörperungen des göttlichen Willens, an welchen Gott als Schöpfer Anteil nimmt.

Gut, kommen wir nun auch noch zur Definition von Statik und Schwebe. Es geht dabei um's Aufbauen und Beruhen, als welche festgefügte Verhältnisse unter sich voraussetzen. Eine planierte Welt mag statisch scheinen, aber der Geist schwebt ungebunden über ihr, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie selbst anfängt zu beben und sich scheinbare Statik als Schwebe entpuppt.

Echte Statik entsteht dort, wo sich die Ebenen auf einander bezogen verbinden, wobei man die sechs Ebenen des I Chings auch so erklären kann, daß es zum einen das Streben zum homogenen herrschaftlichen Körper gibt, welcher selbst wieder der einzelnen Seele entspricht, und zum anderen das herrschaftliche Streben selbst, welches der Verfassung des Volkes gilt, welche ebenfalls wieder der einzelnen Seele entspricht, die sechs Ebenen sich mithin durch die Kombination einer herrschaftlichen Seele und einer folgsamen Seele ergeben. Die Unterschiede zwischen verschieden Seelen sind horizontale Unterschiede, der Unterschied zwischen einer herrschaftlichen Seele und einer folgsamen ist ein vertikaler, ebenso wie auch die geistigen Horizonte vertikale Unterschiede begründen und zu hoffen ist, daß sich diese natürlichen Reflexionsunterschiede in den gesellschaftlichen Hierarchien spiegeln.

In der heutigen Zeit ist aber nicht nur das seelisch Höhere ungebunden (eine Ausdrucksweise, welche der Bezeichnung der seelischen Unterschiede als horizontal widerspricht, indes liegt letzterer ein anderer Höhenbegriff zu Grunde, nämlich ein gesellschaftlicher), sondern auch der folgsame Teil des Menschengeschlechts. Nun, da das seelisch Höhere nicht manifest ist, kann ihm natürlich auch niemand folgen, aber da es vom Volk erwartet wird, schlägt auch die Herrschaft des seelisch Niederen keine Wurzeln, und also ist die folgsame Seele ungebunden.

Und diese Ungebundenheit bewirkt einen Zustand der Schwebe, soweit es jede Form von Herrschaft betrifft. Nicht deshalb gibt es keine vertikalen Unterschiede, weil sich die Menschen so sehr nach vertikaler Gleichheit sehnen würden, sondern weil die Mächtigen schlechter sind als die Ohnmächtigen.

Die Strategie der Dunkelheit in dieser Zeit besteht darin, die Erwartungen des Volkes so lange zu senken, bis es selbst genau so schlecht ist, wie seine Herrscher und auf diesem Weg Statik wiederzuerlangen, und die Strategie des Lichts besteht darin zu akzeptieren, daß das gesellschaftlich Manifeste an sein Ende gelangt ist, und sich dadurch einer angebotenen neuen Zeit zu öffnen, welche sich bereits heute in der Schwebe befindet.

Diesen Weg kann aber nur gehen, wer sich der Rolle des Menschen im Klaren ist. Es geht nicht darum, unsere Menschlichkeit abzustreifen, sondern darum, sie neu zu verhandeln.

Kleine persönliche Bemerkung. Ich habe mir etwas Luft zum atmen verschafft, welche ich genutzt habe, um mir die Grundlagen der menschlichen Seele, des menschlichen Bewußtseins, der menschlichen Beziehung zu Gott und der Phasen des Weltenlaufs zu erschließen (ja, und auch der menschlichen Beziehungen zu einander), und habe dabei freudig zur Kenntnis genommen, daß dies alte Konzepte sind, welche sich schon bei Platon und im I Ching finden, ebenso wie sie auch zum Verständnis der Bibel beitragen. Die Welt hat davon zunächst einmal nichts, aber sie mag einst etwas davon haben. Ich hingegen habe Antworten auf meine Fragen gefunden und das Feuer meiner seelischen Qualen durchquert. Der Stoff für eine Ausarbeitung in Buchform ist wohl zusammengetragen, ich kann dergleichen aber nicht versprechen. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Dies ist eine Zeit der Initiativen. Aus dem Chaos ihres Wettbewerbs wird uns unsere Freiheit schließlich erwachsen, blieben wir jetzt ruhig, so würden wir an unserer eigenen Untätigkeit verzweifeln. Noch einen schönen Donnerstag.

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