Bereitschaftsbeitrag

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27. Februar 2017

Funktionale transzendente Akte beruhen auf Vereinbarungen, welche über Ahnungen realisiert werden - also über scheinbar grundlose Einschätzungen im Rahmen echter Spontanität.

Panik beruht auf der Aussetzung der Fähigkeit, die eigene Lage zu überblicken, also dem fortgesetzten Wirken einer feststehenden Mahnung, worin sich aber eine immanente Beeinflussung zeigt, im Gegensatz zu den ansonsten ähnlichen spirituellen Warnungen (man möge sich durch den abweichenden Gebrauch der Begriffe Ahnungen und Mahnungen in diesem Beitrag nicht verwirren lassen: Sie sind beide Mahnungen im üblichen Sinne, indem sie die eigene Lage außerzeitlich erfassen. Das besondere bei den spirituell warnenden Ahnungen ist hingegen, daß sie die noch nicht eingetretene Zukunft auf diese Weise betrachten), welche indes den Gewarnten nicht treiben, sondern ihn fesseln.

Angesichts meiner jüngsten Erlebnisse möchte ich zu den spirituellen Warnungen der Ahnung folgendes ergänzen: Nicht immer ahnen wir eine Vergeblichkeit, von welcher wir dann abstehen, manches Mal ahnen wir auch ein Verhängnis, welchem wir uns dann stellen. In jedem Falle schränken spirituelle Warnungen aber unsere Freiheit ein.

Der Gegensatz zwischen Panik und spirituellen Warnungen scheint mir interessant. Er ähnelt dem im vorigen Beitrag beschriebenen Gegensatz zwischen der gewöhnlichen Verzweiflung und dem, was ich darunter verstehe, was zur ersten Hälfte natürlich nicht weiter verwunderlich ist, da jene Verzweiflung eine Abart der Panik ist.

Das Englische hat übrigens den schönsten Begriff für diese Art Verzweiflung: anxiety und davon anxious, auch in der Bedeutung von brennend erwarten - im Gegensatz zur gänzlich anders gelagerten Angst oder Furcht: fear. Angst und Furcht im Deutschen bezeichnen hingegen mehr oder weniger dasselbe, wiewohl sie die gewöhnliche Verzweiflung begleiten, aber eben nur einen Aspekt ihrer bilden. Umgekehrt begleitet die gewöhnliche Verzweiflung Angst oder Furcht nicht unbedingt, und zwar dann nicht, wenn es statt ihrer die Vorsicht tut. Vorsicht ist hingegen nicht die einzige Weise, sich der Angst zu stellen. Eine weit sicherere besteht darin, sich mit dem Verlust dessen, auf wessen Erhalt die Angst zielt, abzufinden: MORITVRITESALVTANT, oder auch: You can't kill them. They are already dead, um mich einmal auf die Miami Vice-Folge Nobody Lives Forever zu beziehen. Ein Wutausbruch bewirkt übrigens, praktisch gesehen, genau dasselbe. Ein Beispiel erstaunlicher Aufrechterhaltungsfähigkeit der Vorsicht anstelle des Verfallens in Verzweiflung ist hingegen in der Folge The Maze gegeben. Doch damit genug des Miami Vice-Bezugs.

Also zurück zum nämlichen Gegensatz. Der gewöhnliche Geist stört sich an einer ungewohnten Lage, daran, daß seine Strategien nicht greifen. Aber es gibt eine tiefer liegende Störung, nämlich die Störung des Einflusses unserer Ideale auf unsere Entscheidungen, oder genauer gesagt eine Abweichung unseres Verhaltens von unserem Glauben, das ist eine Abweichung von dem, von welchem wir erwarten, daß es Gottes Segen hat, was natürlich eine indirekte Erwartung über den Umweg dessen, von welchem wir erwarten, daß es verflucht ist, darstellt, welche selbst sehr konkret und unmittelbar ist.

Die Störung, welche eine Abweichung unseres Verhaltens von unserem Glauben bewirkt, liegt entweder in der mangelnden Berücksichtigung unseres Glaubens, was wir als spirituelle Warnungen wahrnehmen, oder aber in einer Widersprüchlichkeit unseres Glaubens selbst, was zu der von mir gemeinten Verzweiflung führt.

Der gewöhnliche Geist entspricht der Wirkung der Achtung, sowohl im Menschen als auch in Tieren, es ist der Ansätze formulierende Verstand. Der andere Geist ist das Wirken der Sorge, welches so nur im Menschen Statt hat, es ist die Ziele setzende Vernunft. Und Verzweiflung in meinem Sinne ist ein Liebeskonflikt, wie er etwa in der Star Trek-Folge Requiem For Methuselah dargestellt wird, nur daß an seinem Ende nicht unbedingt der Tod, sondern auch etwas anderes stehen kann, etwa unter anderem ein Erdbeben: Man bedenke die Unwahrscheinlichkeit, daß eine feindliche Streitmacht von einem Tsunami vernichtet wird, und doch hat es sich zugetragen: 479 vor Christus in Potidaea. Ich weiß freilich, daß dies nicht das einzige Ereignis dieser Art war, aber dieses Wissen läßt sich nicht vermitteln, allenfalls könnte ich zur Nachahmung aufrufen, aber das tue ich aus verständlichen Gründen nicht. Alles, was ich in dieser Angelegenheit sagen kann, ist, daß es auch nicht sonderlich wahrscheinlich ist, daß zwei stärker als 8 auf der nach oben offenen Richterskala seiende Erdbeben auf den zweiten Weihnachtstag und den folgenden zweiten Ostertag fallen, das sind 2004 Indian Ocean earthquake and tsunami und 2005 Nias–Simeulue earthquake.

Das ist das Gewicht des Widerspruchs, von welchem wir in meinem Fall sprechen müssen, dem Widerspruch zwischen der Gesetzmäßigkeit der Welt und dem Wert menschlichen Lebens:
Bricht die Gesetzmäßigkeit der Welt,
mögen viele umkommen,
doch bricht der Wert menschlichen Lebens,
werden es alle.
Ich sollte mir das selbst ins Gedächtnis rufen. Die Deisten sind eh verflucht, aber wer bereit ist, an einen lebendigen, in das Weltgeschehen eingreifenden Gott zu glauben, der tue es.

Am Ende des Films QVO VADIS steht dieser blasphemische Ausspruch, daß der Konstanz des Staates die Konstanz der Religion unterzuordnen sei: In keinem Fall ist es so. Es läßt sich einfach nicht bewerkstelligen, daß ein Staat konstant sei, gleich was man einer Religion zu diesem Zwecke anzutun bereit ist.

Wir sehen also das Tier auf der Suche nach Ansätzen und sich über diese Ansätze transzendent verständigend und den Menschen auf der Suche nach Zielen und sich über diese transzendent verständigend, wenngleich diese Art der Verständigung weit schwerer zu erfassen ist, vergleiche dazu auch den eingangs referenzierten Beitrag zu den transzendenten Akten.

Beiden gemeinsam ist der Fluß ihres Daseins, die approximative Natur ihrer Existenz, von welcher der Mensch indes einen Begriff hat, indem er das Bewußtsein der weltschaffenden Kraft in sich trägt, und zwar auf solche Weise, daß gilt, wie Johannes schreibt:
Ist Gott verklärt in ihm, so wird ihn auch Gott verklären in sich selbst und wird ihn bald verklären.
Mit anderen Worten:
Ist etwas als göttlich im Menschen erkannt, wird es auch wirklich in der Welt werden.
Und um den Reigen der letzten Beiträge hiermit gebührlich abzuschließen: Es gibt keinen Weg, auf welchem das Tier in mir Frieden fände, ohne den Frieden des Menschen dabei zu gefährden, da die dazu nötigen Vereinbarungen in keiner Weise meinem Glauben Rechnung trügen, oder, um es anders zu sagen:
Auf dem sinkenden Schiff ist die menschliche Not selbst dem Glück des Tieres vorzuziehen.
Daß der Kapitän mit dem Schiff zusammen untergehen sollte, besitzt eine metaphysische Komponente, ja, ich bin fast geneigt zu sagen, daß der hauptsächliche Zweck dieser Vorschrift darin besteht, den Menschen daran zu erinnern, daß es seine Welt ist, von welcher es keine Abkehr geben kann, ein metaphysisches Gesetz, zu dessen Darstellung Kapitäne geopfert würden, wenn sie denn geopfert würden, und es sich nicht nur um einen Mythos handelte.

Denn es ist unsere Welt, und es hängt von unserer Entscheidung für das Heiligere ab, daß das Heiligere gerettet wird. Frauen und Kinder wiederum als bloße Sinnbilder, wiewohl die für sie getragene Sorge tatsächlich heilig ist. Wer immer diese Vorschrift aufgestellt hat, ihm ging es um die Manifestation der vollen Verantwortung des Menschen im Kapitän, daß ein Kapitän ungeteilt Priester und König sei. Die Lizenz zur Heiratsschließung tut ihr übriges. Es ist interessant, in sofern am Kapitän etwas offen zu Tage liegt, was die Kirche sonst als Mysterium hütet.

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