Bereitschaftsbeitrag

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7. Mai 2011

Ein Märchen aus aktuellem Anlaß

Es war einmal ein Bauer, der sein Land in einer durchzechten Nacht verspielt hatte und es nun nur noch auf Lebzeit als Pächter bestellen durfte.

Am nächsten Tag ging er angeln und fing einen Fisch. Als er am Abend zu seiner Familie heimkehrte, sagte er, daß er einen Fisch gefangen habe, aber entgegen seiner Gewohnheit sagte er nicht wo. Die Familie war überrascht, und der älteste Sohn fragte, wieso er nicht wie sonst auch seinen Fang in allen Einzelheiten schilderte. Darauf sagte der Bauer, daß es ihm Leid geworden sei, daß die meisten Leute Anglergeschichten keinen Glauben schenkten.

Eine Woche später ging er wieder angeln und fing wieder einen Fisch. Diesmal stahl er sich heimlich in die Küche und legte den Fisch auf den Tisch. Anschließend ging er an einen entlegenen Ort und arbeitete dort auf dem Feld. Als er am Abend zurückkam, war der Fisch schon zubereitet. Da sagte er zu seiner Familie, er habe wichtige Dinge zu besprechen, und an diesem Abend wurde der Fisch nicht mehr erwähnt.

Wieder eine Woche später wiederholte er das Spiel, aber diesmal sprach er bei Tisch nur noch über Alltägliches. Trotzdem wurde auch an diesem Abend nicht mehr über den Fisch gesprochen.

Die Woche darauf gab er den Fisch seiner Frau gleich wortlos in die Hand, ohne daß sich sonst etwas geändert hätte.

Einen Monat später kam die Erntezeit. Während seine Familie sonst die verschiedenen Früchte zählte und schätzte, wie viel sie wohl auf dem Markt einbrächten, schrie er sie dieses Mal an, sie möge sich doch beeilen alles zusammenzutragen, denn ein Händler warte schon auf ihn auf dem Markt.

So ging es auch das nächste Jahr, er erklärte seiner Familie, daß der Händler ihn besser bezahle, aber nur wenn er die Ware ganz frisch bekomme.

Im dritten Jahr hatte sich seine Familie bereits daran gewöhnt, aber nach zehn weiteren Jahren verspürten seine Kinder keine Lust mehr an der Arbeit und hatten auch keine genaue Vorstellung mehr davon, was sie einbringt. Also dachten sie sich, sie sollten sich nach anderer Arbeit umschauen und taten das auch.

Auch wenn sie nur ein schlechtes Auskommen fanden, so dachten sie an ihren Vater zunächst doch nur als einen Mann, welchen das Alter verhärtet hatte. Als er schließlich starb, war er ihnen so fremd geworden, daß sie nichts mehr von ihm wollten.

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