Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

26. Juli 2011

Zukunftsstrategien

Auf Grund der jüngsten Ereignisse, also des so genannten Marketing Effort's Berwick's, verliere ich vielleicht ein paar Worte über dieses Thema.

Was ist Emotionalismus?

Nun, es ist als Strategie verstanden ein einseitiges Wenden von Fragen auf einem genehme Aspekte eines Phänomens, und zwar solche, welche eine emotionale Reaktion hervorrufen.

Ab einer bestimmten Schwelle wird dadurch eine zuvor vertretene Meinung genügend erschüttert, um nicht nur von ihr abzustehen, sondern, und das unterscheidet diese Form der Propaganda von rationaler Propaganda, das Thema für die Zukunft zu verminen, die menschliche Anfälligkeit für Traumata ausnutzend.

Man begegnet Emotionalismus am besten dadurch, daß man zeitnah, bevor die erwähnte Schwelle überschritten wurde, Aspekte hervorhebt, welche zu entgegengesetzten Emotionen führen. Um beim eingangs erwähnten Beispiel zu bleiben, da kann man doch berechtigterweise fragen, was das für eine Form von Sozialität ist, wenn sich nicht einmal fünf Leute dazu überwinden können, sich auf den Angreifer zu werfen.

Aber natürlich hat das in diesem Falle kaum einer gemacht. Und es ist natürlich auch ein sehr unappetitliches Beispiel. Traumata sind hingegen auch unappetitlich. Und in diesem speziellen Falle kann man natürlich nicht der Presse die Schuld an ihnen geben. Womit Berwick eindeutig selbst eine emotionalisierende Strategie gegen sich selbst gewählt hat.

Offenbar in dem Glauben, daß sie auf Rationalisten keine Wirkung hätte. Aber, wie ich zuvor dargelegt habe, ein Rationalist ist nur dadurch einer, daß er auf planmäßige Traumatisierung in Diskussionen verzichtet. Und das schützt ihn selber nicht vor der eigenen Traumatisierung. Davor schützt nur die geistige Gewandtheit sich rechtzeitig andere Aspekte zu verdeutlichen.

Ich habe spontan an Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili gedacht, das hat die Sache in eine ganz andere Richtung gelenkt. Denn es passiert nicht das erste Mal, daß Intellektuelle in Elfenbeintürmen sich gegen die vitalen Interessen ihres Staates wenden. Das erste Mal ist es ironischerweise in der Sowjetunion unter der Leitung Lew Dawidowitsch Bronsteins passiert.

Berwick hält ein rationales Eingreifen im letzten Moment für fraglich, ich nicht, ein Stalin wird mit Sicherheit kommen. Denn das ist der Lauf der Welt, daß Not abhärtet und die zuvor betriebene Emotionalisierung in sich zusammenfällt wie ein Kartenhaus, wie ein Traum, den man nicht mehr träumen kann, weil man einen schrecklichen Kater hat.

Soll man auf Stalin warten?

Lieber nicht, würde ich sagen, und vielleicht sollten gerade die Trotzkisten unter uns mal darüber nachdenken, sie sehen es freilich nicht so, aber das war jetzt nur ein blaues Auge.

Und Berwick selbst sieht es freilich auch nicht so. Ich denke, sein Grundfehler besteht darin, vom Politischen auf's Psychologische zu schließen, im Klartext: Es gibt zwei politische Pole, ergo gibt es zwei verschiedene Sorten Menschen. Auf der einen Seite die Rationalisten und Materialisten und auf der anderen die Emotionalisten und Idealisten.

Den Begriff Materialist verwendet er korrekt, zum Unterschied zwischen Rationalisten und Emotionalisten habe ich mich schon geäußert, ironischerweise ist es der Rationalist, welcher aus einem Gefühl des Anstandes heraus Skrupel zeigt, und der Begriff Idealist ist ein idiotischer, denn alle Menschen sind idealistisch, halt nur mit unterschiedlichen Idealen (man könnte auch sagen, daß der Begriff Idealist ein emotionalisierender ist, wiederum reichlich ironischerweise.)

Es geht also auch nicht um einen Kampf zwischen diesen beiden Sorten von Menschen. Indes ist es wahrscheinlich, daß wenn man die Welt so darstellt, man dadurch ein Weltbild erzeugt, welches in den blau bis violett gefärbten Ländern Europas, also den bürgerlichen bis bürgerlich-mafiösen, eine Vereinigung der einheimischen Bevölkerung im so definierten konservativen Lager ermöglicht, ganz einfach, weil es die Materialisten und Achtenden direkt anspricht, die Achtenden deshalb, weil sie sich als Rationalisten wiedererkennen würden, insbesondere im Vergleich zu den Suchenden, welche selbst, wie schon mehrfach gesagt, apolitisch sind und deshalb für die Politik auch nicht von Bedeutung, so lange nicht grundlegende Regeln des Anstandes von ihr überschritten werden (Stalin selbst fiel in die F-Klasse, gehörte also wahrscheinlich zu den Suchenden, man sollte das fairerweise erwähnen, wenn man diese Sorte Mensch apolitisch nennt.)

In den türkis bis grün gefärbten Ländern ist dieser Ansatz hingegen zum Scheitern verurteilt, und zum wiederholten Male ironischerweise fällt Norwegen selbst in diese Klasse. Wer eine historische Bestätigung dieser These braucht, kann sich ja mal die Frage stellen, wie weit Hitler wohl gekommen wäre, wenn er gesagt hätte, daß er ein Antiidealist ist. Hier schließt sich natürlich die Frage an, wie Berwick auf einen solchen Abweg für sein eigenes Land kommen konnte. Nun, er ist offenbar selbst begrifflich traumatisiert worden und hat diese Traumatisierung durch ein Vertauschen von Gut und Böse durchbrochen, sie also mit Gewalt beseitigt. Das funktioniert zwar, hat aber den Nachteil, keinen natürlichen Zugang mehr zu dem fraglichen Begriff zu finden, in Berwick's Falle also zu dem Begriff Idealismus.

Hitler hatte übrigens Wagner, ohne welchen er niemals einen eigenen Idealismus hätte entwickeln können. In diesem Zusammenhang ist es durchaus bemerkenswert, daß Wagner bei deutschen Sozialdemokraten recht beliebt ist. Offensichtlich spüren sie instinktiv, daß seine idealistische Substanz noch zu gebrauchen ist, was ich freilich genauso sehe. Da liegt für mich durchaus der Schlüssel zur zukünftigen Kultur des türkis bis grün gefärbten Teil Europas, aber davon schrieb ich ja auch schon in meinem Beitrag zu Parsifal (ein durch unglückliche Umstände emotionalisierter Begriff seinerseits.)

Der Grund, warum es in diesem Teil Europas nur anders läuft, liegt offensichtlich an dem merklichen Vorhandensein von Menschen der versuchenden Art, welches den Suchenden einen Agenten beschert, durch welchen sie indirekt politisch aktiv werden (was mit Stalin aber nichts zu tun hat, da spielt nur der Prozeß der Abhärtung eine Rolle.)

Übrigens hat Berwick mehrere meiner Prophezeiungen erfüllt, nicht daß ich stolz darauf wäre, insbesondere auch die, daß der altgermanische Bereich zutiefst krank ist, und dort nichts Konstruktives entstehen wird. Warum und wo das so in seinem Falle ist, habe ich ja bereits beschrieben. Wer nicht zum Therapeuten taugt, sollte auswandern. Meine Güte, ich tauge dazu und bin trotzdem ausgewandert, wobei den Kranken aber auch nicht nach Medizin ist, das kommt noch dazu.

Ansonsten liegt der einzige Weg zu besseren Verhältnissen in ökonomischer Unabhängigkeit und einem weitest möglichen Entziehen der eigenen Wirtschaftshandlungen aus dem besteuerten Wirtschaftskreislauf, womit ich nicht Steuerhinterziehung meine, sondern Tauschhandel. Starve the beast heißt es im Amerikanischen. Das ist ein Weg, welchem eine klare Vorstellung des Gegners zu Grunde liegt. Den kann ich durchaus empfehlen. Allerdings steht an seinem Ende auch der Bürgerkrieg. Aber machen wir uns nichts vor, der kommt so oder so, wenn nichts getan wird halt in Gestalt eines Stalins. Freilich ist Deutschland reich genug an allem, worauf es ankommt, um seine Probleme anders zu lösen, aber davon ist nicht auszugehen, da jeder politische Wandel eine Prozeß benötigt, welcher ihn erzwingt. Und wenn sozial eingestellte Menschen auch theoretisch Deutschland heilen könnten, indem sie die Bürgerlichkeit der anderen respektierten und förderten, so hat es in der Geschichte der Welt wohl noch nie einen Fall gegeben, in welchem sich ein Volk einfach so darauf besonnen hätte, jetzt mal das zu tun, was am besten für es ist.

Letztlich ist das schon die empfindliche Stelle des ganzen Systems, also die Wähler der linken Parteien. Nur was ließe sie aufwachen?, erkennen, daß die gesamte Politik der Bundesrepublik verdient trotzkistisch genannt zu werden und daß Trotzkismus nicht funktionieren kann, weder als Lebensweise an sich, noch als Übergang zu einer anderen als eben Stalinismus (im weiteren Sinne einer totalitären Herrschaft durch einen gnadenlosen Ordnungswiederhersteller.)

Labels: , , , , , , ,