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10. Februar 2020

Die Lektionen des Dharmas

Die Hexagramme des Dharmas lassen sich in vier Gruppen zusammenfassen,
  1. für den geformten Geist: die Einfalt,
  2. für den ungeformten Geist: die Öde,
  3. für die verschriebenen Geister: der Blitz, die Kluft, die Zuflucht,
  4. für die fundamentlegenden Geister: der Wirbelwind, der Brand, der Spiegel,
und beschreiben die Weisen, in welchen das Gesetz, oder Dharma, dem jeweiligen Geist erscheint.

Es ist das Licht, welches uns auf unserem Lebensweg leitet, doch handelt es sich nicht bloß um einen Wegweiser, sondern zugleich auch um einen Lehrer, dessen Lektionen uns unter Umständen zu einem anderen Geist hinüberziehen, wie im vorigen, die Öde behandelnden, Beitrag angedeutet.

Angesichts der binären Natur der Trigramme steht zu erwarten, daß das Licht die jeweils dunklen Zeilen aufzuhellen vermag, und so ist es auch, doch möchte ich dieser formalen Spielerei kein zu großes Gewicht beimessen.

Stattdessen möchte ich die Geister danach unterscheiden, ob sie ergebnis- oder prozeßbasiert, anteilnahms- oder stimmungsbasiert sind. Die ergebnisbasierten Geister sind
  • der geformte Geist (triumphal in Genugtuung, Freude und Stolz im engeren Sinne) und
  • die fundamentlegenden Geister (frustriert in Genugtuung, Freude oder Stolz im engeren Sinne)
und die prozeßbasierten Geister sind
  • die verschriebenen Geister (zufrieden in Verwurzeltheit, Achtung oder Ergebenheit) und
  • der ungeformte Geist (zufrieden in Zärtlichkeit, Fröhlichkeit und Behaglichkeit),
womit sich der ungeformte Geist also durch Selbstzufriedenheit, oder auch -gefälligkeit, auszeichnet, welche genau so lange fortbesteht, wie die Öde sich in Anderen manifestiert und nicht in ihm selbst.

Mit anderen Worten kann der ungeformte Geist dadurch erlöst werden, daß er, indem er Licht in Anderen wahrnimmt, seine eigene Öde erkennt und sich durch Unzufriedenheit in Form von Verstoßenheit, Unwert oder Schuld der Zufriedenheit in Form von Verwurzeltheit, Achtung oder Ergebenheit verschreibt. Findet er es hingegen nicht in Anderen, so treibt ihn die umgebende Öde nur weiter auf seinem Weg voran.

Umgekehrt lehrt das Dharma den geformten Geist auf jeder Stufe die haltungsbeeinflussende Bedeutung seiner vorbildlichen Einfalt:
  1. Verborgener Drache. Handle nicht. => Wenn Rohrglanzgras ausgerissen wird, kommt die Sode mit ihm. Jeder nach seiner Art. Beständigkeit bringt günstiges Geschick und Erfolg: Keine Beeinflussung der Öde durch die Einfalt.
  2. Drachen im Feld. Es führt einen weiter, den großen Mann zu sehen. => Sie ertragen und dauern aus. Dies bedeutet günstiges Geschick für unterlegene Menschen. Der Stillstand dient dazu, dem großen Mann dabei zu helfen, erfolgreich zu sein: Die Einfalt der Verehrung enthüllt die Öde der Routine.
  3. Den ganzen Tag über ist der überlegene Mann schöpferisch tätig. Beim Anbruch der Nacht ist sein Sinn noch immer von Sorgen erfüllt. Gefahr. Kein Vorwurf. => Sie ertragen Scham: Die Einfalt der Verschreibung enthüllt die Öde der Uneinsichtigkeit.
  4. Schwankender Flug über den Tiefen. Kein Vorwurf. => Er, der auf Befehl des Höchsten handelt, bleibt ohne Tadel. Jene, welche gleichen Sinnes sind, nehmen an der Segnung teil: Die Einfalt zu glauben enthüllt die Öde der Bekenntnislosigkeit.
  5. Fliegender Drache in den Himmeln. Es führt einen weiter, den großen Mann zu sehen. => Der Stillstand weicht. Günstiges Geschick für den großen Mann. Was, wenn es fehlschlagen sollte? Was, wenn es fehlschlagen sollte? So bindet er es an ein Büschel Maulbeertriebe: Die Einfalt eines Glaubens enthüllt die Öde der Getriebenheit.
  6. Der arrogante Drache wird Grund zur Reue haben. => Der Stillstand kommt zu Ende. Erst Stillstand, dann günstiges Geschick: Die Einfalt der Dienerschaft enthüllt die Öde der Ungeformtheit (welche sich dem Ungeformten aber auch sonst schließlich enthüllt).
Den verschriebenen Geistern wird durch das Dharma ihre Anteilnahme an der Welt gelehrt,
  • der Verwurzelte erkennt seinen Verantwortungsbereich,
  • der Achtende erkennt seine Involviertheit und
  • der Ergebene erkennt seinen Platz in der Ordnung der Welt,
und umgekehrt lehrt das Dharma den fundamentlegenden Geistern die Natur ihrer Haltung,
  • dem Ungenügsamen wird das Treiben seiner Lust klar,
  • dem Freudlosen das Treiben seiner Achtung und
  • dem Unverständigen das Treiben seiner Sorge,
und so mögen sie zwischen Verschreibung und Fundamentlegung pendeln oder auch von der Verschreibung zur Geformtheit finden.

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