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24. Oktober 2021

Spiel und Wahnhaftigkeit

Beginnen wir diesen Beitrag mit einer die Gefordertheiten betreffenden Beobachtung:
  • Angezeigtheit (urspünglich Dringlichkeit) ist das Begehren einer Aussicht,
  • Bedeutsamkeit ist die Kühnheit des Erfüllenden und
  • Sinnhaftigkeit ist die Einsicht in die Ermächtigung.
Fehlt uns die Kühnheit des erfüllenden Begriffs, so fühlen wir uns uninspiriert, was in meinem Fall in engem Zusammenhang mit der Verschleierung der Sonne steht. Die Einsicht in die Ermächtigung, hingegen, ist handfesterer Natur, beruht zum einen auf Konzentration, welche mit zunehmender Erschöpfung schwindet, und zum anderen auf disziplinierter begrifflicher Vorarbeit, also sich einen Begriff des Möglichen zu geben, mit anderen Worten sind wir also erschöpft oder schlampig, wenn sie uns fehlt.

Weder die Kühnheit des erfüllenden Begriffs, noch die Einsicht in die Ermächtigung knüpfen sich natürlicherweise an Gegenstände, doch das Begehren von Aussichten tut es: Sehen wir etwa einen vollen Mülleimer, so begehren wir die Aussicht, wieder einen leeren zur Verfügung zu haben. Und insbesondere widerfährt uns dies im Traume: Träumen ist wirklich nichts anderes, als zu aufziehenden Lagen Aussichten zu begehren.

Aber im Spiele ist es genauso: Wieder beruhen die eigenen Unternehmen nur darauf, zu aufziehenden Lagen Aussichten zu begehren. Wenn wir träumen, üben wir unser Spiel, und also träumen Tiere. Und wenn wir spielen?

Ich behandelte bereits typische geistige Störungen (Gebanntheiten), welche durch einseitige Unternehmen entstehen:
  • Halluzinationen durch Routine,
  • Panik durch Spiel und
  • Entrückung durch Verkörperung,
aber damit ist die geistige Pathologie des Spielens nur angekratzt. Versinken wir im Spiel, vergessen wir, daß uns Menschen und nicht Spieler gegenüberstehen, so kommt es bald dazu, daß wir nicht nur selbst nichts anderes tun, als zu aufziehenden Lagen Aussichten zu begehren, sondern wir beginnen, dies als das Wesen aller Menschen anzunehmen und uns entsprechend zu verhalten, also zu manipulieren anstatt die Verständigung zu suchen.

Oftmals sehen wir Verhalten, welches nach menschlichen Maßstäben nicht erklärbar ist. Der Grund für es besteht in der Regel in der Rolle, welche jemand spielt, mustergültig in der Form des Soldaten, aber weiß Gott nicht auf sie beschränkt. In der Tat beruhen alle unsere Institutionen auf dem Spiel. Routinetätigkeiten gibt es, wie von Rick Davies besungen (From Now On), im Supermarkt, am Fließband, in der Putzkolonne, aber von den Stützen unseres Systems wird mehr erwartet. Und Verkörperung gibt es in Reinform nur bei Künstlern und Wissenschaftlern. Solange die Gesetze eines Landes gerecht sind, werden wenigstens Polizisten ihren Gerechtigkeitsbegriff weitgehend verkörpern können, doch Lehrer könnten es nur, wenn sie die Freiheit besäßen, ihren eigenen Lehrplan zu bestimmen. Kein Lehrer hat einen Gerechtigkeitsbegriff, welcher ihn zum staatlichen Lehrplan führte, und also spielen Lehrer nur die Rolle von Wissensvermittlern. Und wenn Polizisten dieselbe innere Distanz zum Gesetz haben, so spielen sie Cowboy und Indianer.

Aber kein Mensch ist so, wie ihn der Wahnhafte sieht: Kein Bürger eines sozialistischen Landes denkt nur daran, was er tun muß, damit das Kollektiv wieder lieb zu ihm ist. Kein General denkt nur daran, wie er die Lage bestimmen kann. Dies sind Zerrbilder, welche zu gestörtem Verhalten führen, die Wirklichkeit ausblenden und notwendige Initiativen, den Menschen jenseits seiner Rolle zu erreichen, verhindern.

Leider spielen auch unsere Geistlichen, welche dies selbstverständlich anprangern müßten, nur eine Rolle: Sie animieren die hellen Geister zur Staatsdienlichkeit. Und also töten sie die Propheten und bauen ihnen Gräber, lassen sich die staatliche Gewalt ins Unrecht setzen, bis es opportun ist, sie zu stürzen, gerade wie Sean Connery und Michael Caine in Rudyard Kipling's The Man Who Would Be King.

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