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24. Februar 2021

Zur Entwicklung der Gemeinde während des Glaubenszykels in den drei Zeitaltern

Wir unterteilen die Gemeinde in drei Klassen:
  • Diener,
  • Wirte und
  • Souveräne.
Diener und Wirte sind herrschaftlich verpflichtet, zum Dienst oder zur Aufsicht, von Aufsehern mag ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Souveräne sind herrschaftlich nicht verpflichtet. Diener sind dem Arrangement unterworfen, Wirte den überkommenen Urteilen und Souveräne der Technik*. Also handelt es sich im Hinblick auf die sechs Rebellionen bei
  • den Rittern und Dienern um Diener,
  • den Prinzen und Fortschrittlern um Wirte und
  • den Kritikern und Jüngern um Souveräne.
Und wenn diese daraufhin angesehen werden, was sie, zur Herrschaft gelangt, tun, was freilich ihre Klassenzugehörigkeit ändert, nichtsdestotrotz aber in ihnen angelegt ist und somit eine Eigenschaft ihrer darstellt, so finden wir, daß
  • Diener künftige Beispielgeber sind,
  • Wirte künftige Innovatoren und
  • Souveräne künftige Abfederer.
Außerdem zeigt der entsprechende Vergleich sogleich, daß
  • Diener passiv transgressiv, also Bewahrer sind,
  • Wirte selbständig, also Entwickler und
  • Souveräne aktiv transgressiv, also Stifter.
Ich sprach nun bereits des öfteren davon, daß der Herrschaftszykel der dem Zeitalter entsprechenden Hochkultur nicht unbedingt zu beobachten sein wird, sondern nur, wenn die Bevölkerungszusammensetzung die namensgebende der Hochkultur ist. Hier nun werde ich dies endlich explizit behandeln. Wie wir sehen werden, ist der Einfluß des Herrschaftszykels auf die Entwicklung der Gemeinde während des Glaubenszykels - jedenfalls formal gesehen - gering.

Doch betrachten wir zunächst die Standardsituation, also
  • den semitischen Herrschaftszykel im Zeitalter der Wacht,
  • den indogermanischen Herrschaftszykel im Zeitalter der Werke und
  • den tibeto-japanischen Herrschaftszykel im Zeitalter der Wunder.
Der Glaubenszykel besitzt drei Phasen:
  • die dogmatische,
  • die gemeinschaftliche und
  • die persönliche.
Während der dogmatischen wird der Glaube begrifflich fixiert, was nur geschehen kann, so lange die Gemeinde unter der Herrschaft der Sorge lebt, das heißt genauer gesagt, so lange sie eine Herrschaft der Sorge als ihre einzig berechtigte Regierung anerkennt. Im Falle des semitischen und des indogermanischen Herrschaftszykels bereitet dies keine Probleme, denn beide beginnen mit der Herrschaft der Sorge. Im tibeto-japanischen Herrschaftzykel kommt die Herrschaft der Sorge hingegen nicht vor, und so habe ich bisher angenommen, daß sie für eine unbedeutende Zeit der Herrschaft der Rücksichtslosigkeit vorangeht, mit welcher der tibeto-japanische Zykel begänne. Dies muß ich nun aber revidieren, und den tibeto-japanischen Herrschaftszykel mit der Herrschaft der Lust beginnen lassen, also der Monarchie, auch wenn das im Abgleich mit der platonischen Abfolge der Herrschaftsformen zu einem Ausbleiben der Tyrannei führt. Der Monarch wird dabei als mustergültiger Vertreter des Glaubens angenommen, welchem wiederum eine wie weit auch immer reichende Herrschaft der Sorge vorangegangen sein dürfte, andernfalls er schwerlich an die Macht gelangt wäre. Als historisches Beispiel sei das Wirken buddhistischer Mönche vom Kalachakra Tantra bis zu Dschingis Khan genannt (in der Hauptsache das Weben von Seidenhemden zum Schutz vor Pfeilen).

Damit wäre die dogmatische Phase des Glaubenszykels herrschaftlich fixiert,
  • als Herrschaft der Sorge im semitischen und indogermanischen Zykel und
  • als Vorlauf der Herrschaft der Lust im tibeto-japanischen Zykel.
Die gemeinschaftliche Phase ist jene, in welcher die Basis des Zeitalters gesellschaftlich verankert wird, und die Rebellion, welche dies bewirkt, heiße die grundlegende. In der Standardsituation ist im Zeitalter
  • der Wacht die Jüngerrebellion die grundlegende, indem sie die Herrschaft der Abgemessenheit einleitet,
  • der Werke die Ritterrebellion, indem sie die Herrschaft der Rücksichtslosigkeit einleitet und
  • der Wunder die Dienerrebellion, indem sie die Herrschaft der Rücksichtslosigkeit einleitet.
Der folgende Herrschaftsübergang hat nur mäßigen Einfluß auf das Aufkommen der persönlichen Phase, welche selbstverständlich nicht schlagartig überall zur selben Zeit beginnt, sondern ihre Vorläufer hat, also wann im Zeitalter
  • der Wacht die Herrschaft der Abgemessenheit durch jene der Lust abgelöst wird,
  • der Werke jene der Rücksichtslosigkeit durch jene der Achtung und
  • der Wunder jene der Rücksichtslosigkeit durch jene der Achtung.
Dann aber, infolge der nächsten, persönliche entwicklungsanregenden Rebellion, beginnt die persönliche Phase des Glaubenszykels flächendeckend, im Zeitalter
  • der Wacht unter der Herrschaft der Unvernunft infolge der Prinzenrebellion,
  • der Werke unter der Herrschaft der Unvernunft infolge der Fortschrittsrebellion und
  • der Wunder unter der Herrschaft der Abgemessenheit infolge der Kritikerrebellion.
Und diese dauert an, bis das Zeitalter an der entwickelten Nebenordnung wie im vorigen Beitrag beschrieben scheitert, bis wann die Gemeinde unabhängig vom Herrschaftszykel im Zeitalter
  • der Wacht sich neuer Arrangements bemächtigt,
  • der Werke in neue Technologien hineinwächst und
  • der Wunder neu etablierte Urteile aufnimmt.
Ritter und Diener sind beide Beispielgeber und Fortschrittler und Prinzen beide Innovatoren, Jünger und Kritiker hingegen Abfederer, und wenn wir die drei Standardsituationen daraufhin vergleichen, besteht im Wirken letzterer die Abweichung vom Normalfall, daß
  • Beispielgeber die gemeinschaftliche Phase begründen und
  • Innovatoren die Phase persönlicher Entwicklung anregen.
Eine Rebellion stößt stets das Arrangement um und betrifft die bestehende Technologie nie. Doch hinsichtlich der überkommenen Urteile unterschieden sich die Rebellionen den Rebellen nach:
  • Beispielgeber lassen sie unangetastet,
  • Innovatoren verkleinern Freiräume und
  • Abfederer vergrößern sie.
Der indogermanische Herrschaftszykel entspricht dem Normalfall, daß die Grundlegung orthodox erfolgt und die Anregung persönlicher Entwicklung pflichtverschärfend (um nicht fanatisch zu sagen) ist. Dahingegen ist
  • die Grundlegung im semitischen Herrschaftszykel synkretistisch inklusiv und
  • die persönliche Entwicklungsanregung im tibeto-japanischen Zykel idiosynkratisch permissiv;
und dies wird noch in jedem Zeitalter so sein.

Freilich sehen wir zur Zeit diese Freiräume kaum, da sich der semitische Zykel genau wie der indogermanische heute unter der Herrschaft der Unvernunft befindet, wohingegen der tibeto-japanische zunehmend von der Herrschaft der Rücksichtslosigkeit dominiert wird. In Japan ist sie schon zur Achtung fortgeschritten, und allenfalls in Thailand gibt es noch Spuren der Herrschaft der Abgemessenheit. (Vergessen wir in diesem Zusammenhang einmal Bhutan, denn Bhutan will auch vergessen werden.)

Da ich der Dienerrebellion in diesem Beitrag einen neuen Sinn gegeben habe, indem sie nun während der Frühphase des tibeto-japanischen Zykels auftritt, zuletzt im Anschluß an Mao Zedong und Hồ Chí Minh, muß ich ihr Wesen entsprechend angepaßt schildern. Der Text des Hexagramms ist recht eindeutig, aber die Perspektive Befangener neigt zur Dramatisierung. Verkommen dürfte der alte Herrscher nicht sein, lediglich rigide, und das paßt seiner Garde oftmals nicht: Sobald sie sich tauglich dünkt, sinnt sie darauf, wie sie das Fossil loswerden könnte. Das Geschick dabei ist dasselbe, nur am Ende, nachdem es ihr gelungen ist, fehlt es ihr nicht an Bitterkeit, die nötigen Reformen anzugehen, sondern an Wahrhaftigkeit, sich an dem Kritisierten auch wirklich zu stören; wiewohl man die Begriffe hier verwischen könnte: Müdigkeit und Scheinheiligkeit sind nicht dasselbe. Dennoch, strukturell sind die Weichen so gestellt, daß die Herrschaft der Rücksichtslosigkeit beginnt, denn es war die Achtung, welche sich gegen die Lust wandte, und neu an der Macht gewandet sie sich stets rücksichtslos.

* Sollte im Zeitalter der Wunder alle Technik zur Austragung von Konflikten hinfällig werden, so könnten die Souveränen auch schlicht durch die Furcht, Gott durch die Herausforderung der Herrschaft zu erzürnen, unterworfen sein, und falls der Konflikt doch ausbräche, könnte derselbe schlicht dadurch ausgetragen werden, daß beide Seiten auf Zeichen achten, durch welche Gott sein Urteil kundtut.

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