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10. September 2011

Noch eine Betrachtung der menschlichen Geister

Mir ist jüngst klar geworden, daß Suchende, Achtende und Versuchende auch durch ihre Grundhaltung zum Leben als Reservierte, Platzierte und Konfrontierte beschrieben werden können.

Interessant daran ist, daß sich diese Haltungen sowohl aktiv als auch passiv einstellen können, also daß es sowohl an der Welt als auch an ihm selbst liegen kann, daß einer eine dieser drei Haltungen annimmt.

Außerdem lassen sich diese drei Geister auf diese Weise linear anordnen, also nach dem Grad des Rückzugs ins Privatleben, dem Grad der Trennung von Ich und Welt, dem Grad der Fremdheit der Welt oder umgekehrt der Weltfremdheit. Natürlich ist letzteres nur scheinbar so, gerade wem die Welt fremd ist, ist sie auf andere Weise sehr vertraut, Schopenhauer hat diese Empfindung hinreichend deutlich am Beispiel der Betrachtung regelmäßiger geometrischer Körper beschrieben.

Diese Linearität ist allerdings für politische Absichten nicht verwertbar, da sich die naheliegenden Erwartungen nicht erfüllen, sondern die Extremität der Haltung zu auf diese Weise unvorhersehbaren Erscheinungen führt. Mit anderen Worten habe ich also nichts von dem zurückzunehmen, was ich diesbezüglich bereits schrieb.

Kommen wir aber zur Passivität zurück. Eine Welt, welche einen ausschließt, zwingt einen natürlich in die Reserviertheit, ebenso wie einen eine Gesellschaft, welche einen untersucht und anschließend der ihr vermeintlich nützlichsten Verwendung zuführt, in die Platziertheit zwingt. Und wenn bestehende Strukturen wegfallen, so zwingt einen das in die Konfrontiertheit.

Es mag gut sein, daß die menschlichen Geister just unter solchen Bedingungen entstanden sind. Die Suchenden, Reservierten entstanden meiner Ansicht nach ja kurz nachdem der moderne Mensch Afrika verlassen hatte, und es scheint mir nicht zu weit hergeholt, daß ihm die Welt in dieser Phase als ein fremder, ausschließender Ort erschien, in welchem er sich zunächst einmal geistlich definieren mußte, möglicherweise auch auf Grund des Zusammentreffens mit anderen Menschenarten. (Diese Bemerkung setzt die frühere über die Notwendigkeit einer Mutation zur Überwindung des Materialismusses selbstverständlich nicht außer Kraft, sondern erklärt lediglich auf alternative Weise, warum es anschließend zum suchenden Geist gekommen ist.)

Weshalb sich in Indonesien dann später eine Hinwendung zum Achtenden, Platzierten vollzogen haben sollte, kann ich freilich nicht mit letzter Sicherheit sagen, aber es ist wenigstens denkbar, daß durch den beschränkten Raum auf kleineren Inseln die Notwendigkeit erwuchs, gesellschaftliche Prozesse stärker zu kontrollieren.

Der letzte Wandel vollzog sich wahrscheinlich in Zentralasien innerhalb einer nomadischen Kultur, und da ist es mir recht einleuchtend, daß die Menschen ständig mit den allgemeinen Schwierigkeiten des Überlebens konfrontiert wurden, da sich Ordnungen aufgrund der Weite des Raumes, der Mobilität der Menschen und ständiger Scharmützel nie lange hielten.

Dieser Erklärungsansatz ist historisch, der frühere basierte auf meinen Theorien zur Wiedergeburt, wenn man das so nennen kann, unvereinbar sind sie keineswegs, dieser hier ist näher an der Frage, warum es passiert ist, der frühere näher an der Frage, warum es passieren konnte.

Freilich werden nicht Wenige gerade den Begriff des Reservierten falsch gebrauchen, das wird sehr deutlich, wenn man sich ansieht, welchen Fragen Psychologen stellen, um den Grad der Introvertiertheit zu messen. Diese Fragen taugen nicht dazu, wozu sie taugen sollten, vielmehr ist es so, daß sie zu 95% Extrovertiertheit und Materialismus gleichsetzen, mithin also alle nicht materialistischen Geister introvertiert nennen.

Man mag einwenden, daß ich selbst Materialismus als Extrovertiertheit definiert habe, was auch stimmt, allerdings wird Extrovertiertheit gewöhnlich nicht in diesem Sinne verstanden, und es ist eher Schlampigkeit, welche zu jener 95%igen Übereinstimmung führt, als analytische Klarheit.

Desweiteren wird vielleicht mancher an dieser Stelle die falschen Schlüsse ziehen, daß also ein Staat nur lange genug warten muß, um zu erreichen, daß sich die Geister seiner Bürger seiner Verfassung angleichen. Zwei Dinge gibt es hier indes zu bedenken. Zum einen würde er ziemlich lange warten müssen, und auch während dieser Zeit erheblichen Druck ausüben, und zum anderen ist jede Verfassung eines Staates selbst das Produkt eines Geistes oder auch, im günstigeren Falle, das Produkt eines Bundes mehrerer Geister und züchtet also nur schon Bestehendes oder, besser gesagt, bevorzugt es, und diese Bevorzugung erzeugt in den übergangenen Bürgern einen zusätzlichen Widerstand, welcher ihren Wandel verhindert.

Die formativen Einflüsse müssen also aus der Natur kommen und aus den Idealvorstellungen von Menschen nicht.

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