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17. Juni 2010

Staatstheorie

Jede Gemeinschaft, als Zusammenschluß zur Verwirklichung von Gemeinschaftsaufgaben, tut gut daran, sich an Bäumen ein Beispiel zu nehmen.

Bäume versuchen einzig, so gut sie es können zu funktionieren. Zu ihrer Funktion gehört es einerseits eine Struktur zu entwickeln, auf welche sie sich in ihren fortgeschrittenen Wachstumsphasen stützen und andererseits, auf diese Struktur zurückgreifend, ihre Umwelt mit ihren Früchten zu versorgen.

In ihren Früchten befindet sich zugleich ihr Samen, so daß sie sich zugleich mit ihrer Beliebtheit verbreiten.

Könnten einzelne Menschen wie Bäume sein, in Freiheit geben ohne mehr als das Nötige zu nehmen, und zwar in jeder Beziehung, so wäre die Welt bereits seit langem ausschließlich von solchen Menschen bevölkert, denn eine bessere Verbreitungsstrategie der eigenen Erbanlagen läßt sich noch nicht einmal denken.

Das Problem ist indes, daß auch der einzelne Mensch, wie die einzelne Faser des Baumes, eine Struktur braucht, auf deren Grundlage er erst in die Lage versetzt ist, Früchte von Interesse zu produzieren, und genau wie die Faser kann er allein diese Struktur nicht hervorbringen. Die Faser braucht den Baum, um Teil dieser Strategie sein zu können, und der Mensch braucht eine Gemeinschaft.

Von dieser Gemeinschaft werden wir also folgendes fordern,
  • daß sie sich gewährt, was sie zum Leben braucht,
  • daß sie sich erarbeitet, was ihr zu ihrer Entwicklung wichtig scheint,
  • daß sie schafft, was ihr schön erscheint und großzügig davon an andere abgibt,
  • daß sie auch einen Teil ihrer Mitglieder mit jeder Generation an andere abgibt,
  • daß sie sich der Qualitäten, aus welchen sie lebt, bewußt ist und sie in sich ehrt,
  • daß sie idealerweise gerade von jenen gebildet wird, welche sich in ihr wiederfinden.
Die politischen Gemeinschaften unterteile ich nach den geistigen Horizonten, deren freie Entfaltung sie motivieren. Ich sprach zuvor bereits hiervon, möchte meine damalige Beschreibung aber nicht zur Grundlage machen. Eine Gemeinschaft, deren Zusammenhalt aus der Entfaltung der Beherrschung erwächst, nenne ich einen Haufen, wenn sie aus der Entfaltung des Gemüts erwächst, eine Kultur, erwächst sie aus der Entfaltung des Verstandes, so nenne ich sie ein Reich und wenn sich das Wesen entfaltet, einen Staat.

Es gibt schon seit langer Zeit keine Staaten mehr auf der Erde. Reiche hingegen hat es bis vor kurzem gegeben, aber die Vernetzung des weltweiten Wissens beraubt Reiche ihrer Grundlage, nämlich dem exklusiven Zugang zum Reichswissen. In Folge dessen gibt es zwar noch so etwas wie ein weltweites Reich, aber es ist mit keinen Pflichten mehr verbunden, da ein Ausschluß aus diesem unmöglich ist. Mit anderen Worten halten die bestehenden politischen Gemeinschaften ihre Mitglieder entweder durch gewisse Attitüden oder durch Machtinteressen zusammen und sind dem gemäß als Kulturen oder Haufen zu bezeichnen.

Dieser Ausfall des Reiches als Gemeinschaftsform stellt die Menschheit auf den Scheideweg, entweder sie strebt weiter hinauf zum Staat oder sie sinkt hinab zu ewigem Kampf zwischen Haufen und Kulturen.

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4. Juni 2010

Vorläufiger Umriß des Bewußtseins

Ich möchte an dieser Stelle einen alternativen Ansatz zu dem in Von den vollständigen Wahrnehmungen dargestellten vorlegen. Mein Augenmerk gilt dieses Mal nicht der Motivation und der Assoziationstechnik, welche ich dort in großem Detail durchgenommen habe, sondern ich möchte dieses Mal bei der grundlegenden Situation des Bewußtseins im Groben verweilen.

Bewußtsein ist stets ein organisches Produkt, also das Ergebnis eines Strebens nach einer vorbildlosen Ordnung aus einem Gemisch. So wie eine Pflanze wächst, so bringt unser Gehirn unser Bewußtsein hervor, indem es, wie die Pflanze die Nährstoffe aus dem Boden zu ihrer Substanz, so seine Stimulation zur bewußten Anschauung ordnet.

Diese Worte sind rein bildhaft gemeint. Eine Aussage darüber, ob Materie Geist hervorbringen kann oder nicht, enthalten sie nicht. Diese Frage habe ich bereits mehrfach verneint, nur ist dies ein völlig anderes Thema, nämlich die Bestimmung der Elemente der Existenz in einem Modell derselben. An dieser Stelle ist es nur von Belang, daß die Schärfe der Anschauung aus einem blinden Streben, aus einer unverstandenen Anspannung heraus erwächst. Lediglich daß diese Anspannung eintritt verstehen wir, nicht aber was durch sie im Einzelnen geschieht.

Bewußtsein aber besitzt nicht zu jeder Zeit denselben Umfang, das fängt schon bei der reinen Sinnlichkeit an, man hört anders, wenn man horcht, sieht anders, wenn man späht, eben gemäß dem Streben zu einer Anschauung zu kommen oder auch nicht. Indes, solange wir bei der reinen Sinnlichkeit bleiben, solange ist unser Bewußtsein kein anderes als im Traum und sind wir, so wir wachen, selbstverloren. Gerade diesen Teil des Bewußtseins nennt man gemeinhin die Anschauung, wobei ich diesen Begriff auch schon anders verwendet habe, und durchaus zu Recht, nur will ich mich hier auch mit diesem Punkt nicht weiter befassen.

Wenn einer sich außer der Anschauung dessen, was ihm seine Sinne geben, nur noch dessen bewußt ist, daß er frei ist zu tun, was er wollte, so hat er sein Bewußtsein bereits auf seine Beherrschung erweitert, wobei ich mit Beherrschung jenen Teil des Ichs meine, welcher Absichten und Versuche hervorbringt und in Beziehung zu einander setzt.

Der Leser mache sich bitte klar, wie sich sein Bewußtsein ändert, wenn er sich aus Selbstverlorenheit kommend mit seiner Beherrschung identifiziert. Es ist auch eine gute Übung diesen Bewußtseinszustand im Schlaf während eines Traumes anzunehmen, was freilich bewirkt, daß man sich des Träumens bewußt wird, da die Unverträglichkeit der Traumbilder damit, etwas zu versuchen, hervortritt.

Ein anderer Teil des Ichs ist das Gemüt. Dieses ist jener Teil, welcher Stimmungen und Haltungen hervorbringt und zu einander in Beziehung setzt. Haltungen sind dabei Verhaltensregeln, welche man sich zu eigen macht. Auch hier ändert sich das Bewußtsein spürbar, sobald man anfängt, sich als gemütsvoll zu erkennen.

Wie nach dem letzten Beitrag zu erwarten ist der nächste Teil des Ichs der Verstand, jener Teil, welcher Gegenstände und Verhältnisse hervorbringt und zu einander in Beziehung setzt, und wiederum gilt das bereits zuvor Gesagte von der Änderung des Bewußtseins, wenn man seinen Verstand bemerkt.

Der letzte Teil des Ichs ist das Wesen, der Teil, welcher Not und Geschichte hervorbringt, und zwar in Bezug auf einander. Die entsprechende Bewußtseinsveränderung findet auch hier statt.

Damit aber ist das Bewußtsein und Ich vollständig umrissen, weder wird man etwas außer diesem brauchen, wenn man vom Menschen spricht, noch kann man etwas anderes meinen.

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