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30. September 2015

Weide meine Schafe!

Die Aufgabe, welcher die Scheuen und Unsicheren gewachsen sind, siehe Die Schicksalsvorhersage für morgen, besteht darin, den geregelt Lebenden Regeln für ein gedeihliches Zusammenleben zu geben, siehe Sozialität, das heißt, gerade sie besitzen Autorität, welche sie scheu und unsicher macht, weil sie erkennen, wie gestört, und damit verstörend, die heutigen Verhältnisse sind.

Daß ihnen gerade durch die geregelt Lebenden in dieser jeglicher Autorität ermangelnden Zeit das größte Leid zugefügt wird, darf sie, welche Autorität besitzen, nicht in ihrer Haltung den geregelt Lebenden gegenüber bestimmen, denn genauso, wie es zu deren Natur gehört, sich im regellosen Millieu giftig zu verhalten, gehört es zu ihrer Natur, der Autorität ihre Kraft zu schenken.

Und auch wenn es nicht so wäre, daß ohne dieses Geschenk, unter lauter selbständig Lebenden, die allerdings weit angenehmere Zusammenarbeit nur sporadisch und die nächsten Belange betreffend zustandekäme, vergleiche auch Rand und Zentrum, darf doch niemand ein Zusammenleben ausschlagen, in welchem ihm die andere Seite einen seiner Natur gemäßen Platz einräumt.

Das ist die Verantwortung der Hirten für die Lämmer, nicht nur für die gegenwärtigen, sondern auch für die zukünftigen, vergleiche auch Eine andere Beschreibung der Lage.

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29. September 2015

Leichengift

Wenn sich der Mensch auch darin entfaltet, seinen Entscheidungen Form zu geben,
trabt auch sein Leben in den Fesseln leitender Zwänge.

Bevor wir einander Wett- und Mitstreiter sind,
sind wir alle zusammen Flehende.

Wir bedürfen des Reifen, uns zu ernähren,
und dem Verwesenden ist ein langer Weg vorgeschrieben,
um von der Bitterkeit zurück zur Süße zu gelangen.

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27. September 2015

Maria

Gestern war ich im katholischen Männerkloster in Viļāni, die mir nächste Manifestation des Katholizismusses noch diesseits der Düna. Die Anlage, einschließlich der St. Michaelskirche, ist ein weißbeplasterter Barockbau, bewacht von zwei Engelsstatuen mit unschuldigen, nichtssagenden, aber leicht distanzierten Gesichtern und bestückt mit allerlei körperlichen Darstellungen Gläubiger: Bischöfe, artige Kinder, Jesus Christus natürlich - und Maria.

Begrenzt, wie der Klostergarten ist, fühlt man sich fast wie bei Madame Tussaud, und der ganze Naturalismus mit seiner ganzen Unnatürlichkeit, steinerne Flügel vorneweg, Gesichtsausdrücke hinteran, läßt in einem so etwas wie Zustimmung zu einem generellen Bilderverbot aufkommen, aber dann kreuzte mein Weg doch noch eine Statue, in welcher sich eine Idee ausdrückte, nämlich die Marias.

Sie steht links hinter der Kirche, symbolische Herzdarstellung auf der Brust, ein unschuldiges, nichtssagendes, aber zugewandtes Gesicht, den Wunsch verkörpernd, gut sein zu dürfen.

Natürlich ist sie ein Gott, nämlich der Gott der Kirche selbst, denn dieser Idee nach eifert sie ja. So paßt denn auch alles einfach zusammen: Der Zölibat als notwendiges Gelübde, um Maria nicht zu verraten und zu vergessen. Und wie Maria auch, strebt die Kirche danach, Kinder Gottes zu gebähren.

Die katholische Kirche folgt keiner Überzeugung - sie folgt einer Leidenschaft.

Und so jeder Überzeugung wert der Kern dieser Leidenschaft auch ist, schert sich der Leidenschaftliche nunmal nicht um seine Fehler und Verirrungen, sondern hält trotzig an ihnen fest, was auch den Grund für die mißliche künstlerische Ausstattung des Klostergartens und des Innenraums der Kirche legt: Grüner Marmor, leuchtende Farben, blasse Maria mit zuviel Lippenrot - eine Welt, wie aus den Märchen der Gebrüder Grimm.

Gelebte Heiligkeit ist schwierig, auch im orthodoxen Frauenkloster in Kuremäe fühlte ich mich nicht ganz wohl, schön dort der Gemüseanbau und die für den Winter gestapelten Holzscheite, störend die von Zweifeln begleitete Unterordnung unter die Liturgie, am schönsten im Männerkloster in Viļāni sicherlich die Blumen vor den Balkonen - ein Hauch von Frankreich.

Die Mönchen waren klug genug, sich nicht blicken zu lassen, nach ihren Blumen vor den Balkonen zu urteilen, Intellektuelle, welche Bücher verfassen - hier zeigte sich eine dem Rest des Klosters gänzlich fremde Liebe für das maßvoll Geordnete mit einer geradezu abschätzigen Note für die Pracht der Blüten, aber vielleicht wird die Marienleidenschaft an einem solchen Ort ihrer Verherrlichung ja sogar Katholiken zuviel, wiewohl den alten Frauen, welche in der St. Michaelskirche ihren Betdiensten nachgingen, scheinbar nicht.

Ich war übrigens nicht vorsätzlich dort, sondern weil Viļāni auf dem Weg nach Jēkabpils lag, wohin ich wollte, um Wassernüsse zu stehlen, also genauer gesagt noch darüber hinaus, aber die Details dieser wahrlich abenteuerlichen Aktion auf den Spuren von Wildschweinen und Elchen durch's Dickicht sollte ich besser nicht ausbreiten, jedenfalls stellte sie, im Nachhinein betrachtet, ein Glaubenserlebnis der Art Eli, eli, lama asawtani? dar.

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25. September 2015

Die Strategie der Schwäche

Der Schwächere muß den Stärkeren in seinem Gefühl, stärker zu sein, bestätigen und ihm das Diktat lassen. Sobald dieser sich aber erschöpft oder verheddert hat, kann er seine Dienste zu seinen Konditionen anbieten und damit die Weichen in seinem Sinne stellen.

Insbesondere muß der Verständige, wenn er kein Gehör findet, den Narren die Erfüllung ihrer Träume lassen.

Allerdings befindet er sich dabei in einer besseren Position als der Schwächere im allgemeinen, denn intellektuell gesehen ist er ja der Stärkere. Und dieser Umstand eröffnet ihm oftmals die Möglichkeit, gleich von Beginn an am Diktat der Stärkeren mitzuwirken, wenn er nur Begeisterung für ihre Sache heuchelt, und so unter der Hand bereits Weichen zu stellen.

Die Geschichte der letzten 252 Jahre läßt sich ohne Beachtung dieses Blickwinkels nicht verstehen, und es stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung dieser List.

Die List im allgemeinen wird von den meisten Menschen zu Recht als inhärent schlecht angesehen, da sie darin besteht, die Täuschung eines Menschen über den rechten Weg zu vergrößern. Wer also die Rechtgeleitetheit als den natürlichen Zustand des Menschen ansieht, muß in der List eine Methode des Verderbens sehen, und Beispiele für dieses Verderben gibt es wahrlich genug.

Indes, täuschen tut sich der Mensch auch ohne List über den rechten Weg, und es mag sein, daß die größere Täuschung bisweilen weniger gefährlich für ihn ist, da sie unter günstigeren Umständen an die wahren Verhältnisse stößt, und eine List, welche voraussehbar solches bewirkte, wäre also benevolent.

Erst, nachdem England den nordamerikanischen Kontinent für sich alleine hatte, wurde der Unabhängigkeitskrieg überhaupt vorstellbar. Und erst, nachdem die Vereinigten Staaten die Welt nicht mehr dominieren werden, wird ein Weltbürgertum vorstellbar werden.

In beiden Fällen ist der Nationalismus ein Schutz, welcher erst dann aufgegeben wird, wenn die Bedrohung entfällt.

Der Verständige weiß das. Was bedeutet es also, wenn er an der Verschmelzung von Weltbürgertum und der Dominanz der Vereinigten Staaten mitbastelt?



Indem er solches tut, betrügt er beide, die Dominanz der Vereinigten Staaten aber mehr, denn die unerfüllbare Bedingung, an welche er beide bindet, wird sie materiell beenden, wohingegen das Weltbürgertum eine wichtige Lektion gelernt haben wird, nämlich daß Anlehnung Unrecht züchtet, was, soviel läßt sich jedenfalls voraussehen, bei dieser Verbindung hinreichend klar werden wird, das heißt, mit Blick auf die Rolle Rußlands innerhalb der Sowjetunion und der Sowjetunion innerhalb des Warschauer Paktes ist hierbei vielleicht noch nicht einmal von Voraussicht zu sprechen, was auch die ausgeprägte tschechische Allergie gegen die momentane Entwicklung erklärte.

Freilich, daß die Dominanz der Vereinigten Staaten auf diese Weise materiell beendet werden wird, ist ungleich schwerer vorauszusehen, denkbar wäre ja auch, daß sie den Universalismus abschütteln und auch weiterhin von der universellen Anziehung ihrer Partikularität profitieren werden, wie sie es in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens getan haben, doch steht dem letztlich die technische Entwicklung entgegen, und im speziellen sagt die Offenbarung die New-York-basierte Weltregierung auch voraus.

Die Strecke der letzten 252 Jahre ist verdorben, dieser letzte Schritt hingegen womöglich nicht. Die Wahrheit ist: Wer die Mittel hat, seinem eigenen moralischen Anspruch gerecht zu werden, aber sie nicht dazu einsetzt, verliert seinen moralischen Anspruch. Über den Vereinigten Staaten lag zu lange ein eigentümliches Gebräu aus Verblendung und Gleichgültigkeit, Eigenschaften, welche natürlicherweise nicht zusammenfallen.

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21. September 2015

Beim flüchtigen Blick auf die Schwäne über dem Moor

Das Versprechen der Unendlichkeit währt nur,
solange wir sie nicht durchmessen,
sie ist ein Tisch,
auf welchen man nicht tritt.

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Aussagen und Haltungen

Wie wir im vorigen Beitrag festgestellt haben, bedeutet die logische Ordnung zweier Erfassungen, derart, daß die erste die zweite bedingt, wenn die erste erfaßt wird, sich also auch die zweite erfassen läßt, nichts anderes, als daß wir den Eindruck des Erwarteten von der zweiten vor dem Hintergrund der ersten haben und insbesondere das Eintreten der zweiten vor dem Hintergrund des Auftretens der ersten erwarten.

Nicht nur an dieser Stelle spielt uns die Sprache böse Streiche, zwingt uns zu geradezu perverser Präzision, um uns nicht zu verwirren, und es ist besser, diese Schwierigkeiten, welche sich mit der Vorstellung des Erwartens verbinden, vor dem weiteren Voranschreiten aus dem Weg zu räumen.

Bisher haben wir die logische Ordnung nur im Rahmen der Beschreibung von etwas, das wir erfahren, betrachtet. Es ist aber auch möglich, in den Entwurf einer Vorschrift für etwas, das wir (noch) nicht erfahren, eine logische Ordnung zu bringen. Also nicht, daß eine zweite Erfassung von einer ersten bedingt wird, sondern, daß eine zweite Erfassung von einer ersten zu bedingen sei: Wenn die erste erfaßt wird, dann lasse sich auch die zweite erfassen.

Gehen wir an die Überprüfung einer solchen Vorschrift, wollen also nachsehen, ob sie zutrifft, so können wir wieder nichts besseres tun, als zum nämlichen Eindruck des Erwarteten überzugehen und diesen zu überprüfen. Also liegt es natürlich nahe, in der Vorschrift gleich das Wenn-Dann durch eine Form des Erwartens zu ersetzen. Der Punkt ist nur: Dabei kann man Mist bauen. Zunächst einmal sollten wir nicht sagen: Vor dem Hintergrund der ersten habe ich von der zweiten den Eindruck des Erwarteten, denn wenn ein anderer das sagt, kommt sofort: Ja, du bist ja auch blöd, und zwar deswegen, weil er diesen Eindruck auch gar nicht hat, sondern lediglich versucht, eine Vorschrift in den Raum zu stellen.

Sagen wir also besser: Vor dem Hintergrund der ersten ist von der zweiten der Eindruck des Erwarteten zu besitzen. Dieses führt dann meistens zu der gewünschten Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Aussage, aber auch nicht immer, und zwar dann nicht, wenn es sich bei der zweiten Erfassung um unser eigenens Tun handelt, wie es bei Verhaltensregeln der Fall ist.

Vor dem Hintergrund des Beginns einer Geburtstagsfeier ist von meinem Händeschütteln der Eindruck des Erwarteten zu haben. erzeugt Kopfschmerzen, und zwar deshalb, weil ich mich diesbezüglich nicht festlegen möchte. Vielleicht ja, vielleicht nein, und was geht das mich oder irgendjemanden anders überhaupt an? Korrekt muß die Formulierung so lauten, pervers präzis, völlig unhandlich, aber einen wichtigen Punkt beweisend, nämlich, daß die Überführung einer Regel in Erwartungsform möglich ist: Vor dem Hintergrund des Beginns einer Geburtstagsfeier ist einstweilen von meinem Händeschütteln der Eindruck des Erwarteten zu haben.

Wir sind also gerechtfertigt darin, das Annehmen einer Haltung als das einer Erwartung Entsprechen anzusehen, wollen uns aber weiß Gott nicht jedes Mal diese Sichtweise auf's neue verdeutlichen.

Kommen wir nun also zu Aussagen und Haltungen. Es ist unmöglich diese beiden getrennt zu behandeln, denn ohne Aussagen gibt es keine Haltungen und ohne Haltungen keine Aussagen.

Jede Haltung basiert auf einem Verhaltensentwurf, welcher ein Verhalten entwirft, indem er erwartete Handlungen vorschreibt, und in dem Verlangen, solchen Handlungserwartungen zu entsprechen, spannen wir unseren Geist auf eine spezifische Weise an, welche sich aus der Beachtung der vorgeschriebenen Verhaltensregeln ergibt. Fortan spüren wir dann auch, wie im letzten Beitrag beschrieben, ein Sollen gegenüber der Anspannung diesen Regeln zu entsprechen, welches im Falle des Auftretens dessen, vor dessen Hintergrund eine Regel die Erwartung einer Handlung vorschreibt, zu einem Sollen dieser Handlung wird. Analog zum Hineinversetzen der Erwartung gibt es also auch ein Hineinversetzen des Sollens, und mit dem Herausversetzen verhält es sich ebenso, was immer dann zu Tage tritt, wenn wir uns fragen: Und was soll ich nun tun? - eine Frage, welche ich nicht mag, und von welcher mich die Maxime: Tue immer das, was recht ist. auch befreit, denn nach kurzer Besinnung weiß ich noch immer, was recht ist. Diese Freiheit, und es ist recht eigentlich die Freiheit, möchte ich sagen, geht aber natürlich zu Lasten meiner im vorigen Beitrag definierten Willensfreiheit, das heißt der Freiheit, Haltungen beliebig anzunehmen.

Umgekehrt basiert aber auch jede Aussage, gleich ob sie eine Beschreibung oder ein Entwurf/eine Vorschrift ist, auf dem Akt des Bezeichnens/Benennens und dem regelhaften Umgang mit Bezeichnungen/Benennungen, denn die Eindrücke, welche die Verhältnisse zwischen Sich Auszeichnenden definieren, sind nur in Einsichten wahrnehmbar und lassen sich, im Gegensatz zu Aussagen, weder vorstellen, noch erinnern. Und folglich müssen sie durch Zeichen ersetzt werden, welche sich mit anderen Zeichen zusammenfügen lassen.

Die Zusammenfügung der Zeichen muß dabei von der Art sein, daß ihr die Zusammenfügung dessen, was die Zeichen in einer Einsicht bedeuten, eindeutig entspricht, vorausgesetzt, es handelt sich um eine zutreffende Aussage, denn eine unzutreffende Aussage gestattet die analoge Zusammenfügung dessen, was ihre Zeichen bedeuten, nie, also etwa die Aussage 7<4. Zuzutreffen bedeutet also soviel, wie eine analoge/homomorphe Abbildung in der Einsicht zu besitzen, und entsprechend spricht man ja auch davon, den Sinn einer Rede zu finden.

Wenn wir uns nun fragen, was zuerst da war, die Aussage oder die Haltung, so ist die Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß die für die Bildung von Aussagen nötige Haltung relativ einfach ist: Es genügt zu assoziieren. Und unter entsprechenden Voraussetzungen, das ist elterlicher Beschallung, assoziieren wir auch passiv ohne selbst formulierten Vorsatz.

Ausgerechnet damit also nimmt der freie Wille des Menschen seinen Anfang, was Schopenhauer am Beispiel von taub Geborenen auch bereits bestätigt hat, nur daß er von Vernunft spricht, welche aber nach dem vorigen mit dem freien Willen Hand in Hand geht, wobei die Vernunft ja die Fähigkeit zur Aussagenbildung ist.

Die allgemeine Form einer Aussage ist ein Tripel von bis zu drei Unbestimmten, wobei die erste Komponente das Erfaßte, zu welchem der Eindruck besteht, die zweite Komponente den Eindruck und die dritte Komponente das im Hintergrund Erfaßte enthält. Und wenn wir mehrere Aussagen betrachten, so dürfen sie sich ihre Unbestimmten teilen.

Aufgrund dessen, was ich anfangs von der Erwartungsform schrieb, ist es dabei so, daß wir ohne Einschränkung der Allgemeinheit das Zutreffen einer unbestimmten und möglicherweise über ihre Unbestimmtheit mit anderen Aussagen zusammenhängenden Aussage so definieren können, daß es bereits vorliegt, wenn es irgendeine Ersetzung der Unbestimmten gibt, so daß alle involvierten, und derart bestimmten, Aussagen zutreffen.

Mit anderen Worten befreit uns der Eindruck des Erwarteten davon, die Unbestimmten in zwei Klassen zu unterteilen, nämlich einmal jene, welche alle möglichen Werte annehmen, und zum andern jene, welche irgendeinen passenden Wert annehmen.

Damit ist alles Notwendige zum Thema gesagt, ich ergänze noch einiges Interessante.

Eine wichtige Vielheit von Aussagen ist die eines Begriffs oder eines Sich Ausformenden, welche dadurch charakterisiert wird, daß die erste Komponente aller zu ihr gehörenden Aussagen stets dieselbe Unbestimmte enthält, welche im Falle des erkannten Zutreffens von einer Form, einem Erfaßten, einem Sich Auszeichnenden, belegt wird, welche den Begriff dann ausformt. Aber auch ein Begriff darf dabei wiederum von anderen Aussagen, welche in ihm auftretende Unbestimmte näher bestimmen, abhängen, und insbesondere darf er sich also auf andere Begriffe stützen.

Die Aussage, alle Ausformungen eines Begriffs zu enthalten, welche sich qua Erwartung bilden läßt, kann, wie schon im Beitrag Chimären angemerkt, nur zutreffen, wenn es nur endlich viele derartige Ausformungen gibt.

So unangenehm eine verbindliche, und so schwierig eine umfassende Haltungsannahme auch sein mag, sie führt doch zu vielen interessanten Einsichten bezüglich ihrer enthaltenen Verhaltensweisen, welche sich aus ihrem Ausleben heraus ergeben, weshalb wir eben die Neigung empfinden, Haltungen auch einmal auszuprobieren, und insbesondere die Verwendung von Begriffen, wobei unsere Stimmung allerdings ein klares Urteil darüber spricht, welche Haltung uns bekommt und welche nicht.

Dieser und der vorige Beitrag sind nicht gerade in besonders guter Stimmung zu Stande gekommen, vielleicht spürt der Leser ja auch den Schmerz zwischen den Zeilen, die Kopfschmerzen, den Tunnelblick, aber bevor man sich von einer Haltung, welche einen weit gebracht hat, lösen kann, muß man sie bis zum bitteren Ende verfolgen, denn sonst bleibt immer die Frage, zu welchen Einsichten sie noch geführt hätte.

Es ist so: Man kann etwas nicht zugleich erforschen und es so, wie es das verdient, behandeln. Letzteres setzt die Erforschung voraus und verbietet die weitere Erforschung zugleich, denn die Erforschung schadet in ihrer Unwissenheit auch immer dem Erforschten. Was den hilflosen Wicht ehrt, ist, daß er sich über seine Hilflosigkeit nicht täuscht. Diese Ehre ist mehr wert als eine angenehme Stimmung, und jede bleibende erhobene Stimmung setzt voraus, daß ihr Genüge getan wurde.

Deshalb also bin ich wieder in diese Hölle hinabgestiegen, denn ich habe mir auf dem Weg dieses Maß gesetzt.

Post Scriptum vom 22.9.2015. Auftreten und Ausbleiben sind genauso flüchtig, wie alle anderen Eindrücke auch, und müssen bezeichnet werden, um sie dauerhaft festzuhalten. Dennoch, der logische Raum, in welchem sie nach meinen vorigen Ausführungen festgehalten werden, existiert, nur ist es der Raum, in welchem wir mit Zeichen operieren, um Aussagen zu bilden.

Die hieisige Darstellung stimmt mit meiner vorigen Darstellung unseres Denkens, welche im Beitrag Zur Formalisierung des Denkens: Ein Lagebericht gipfelte, im wesentlichen überein, wobei ich es aber nicht für nötig befand, die dynamischen Aspekte zu re-explizieren. Nur zwei Anmerkungen dazu:
  1. verhältnisdefinierende Eindrücke bilden sich tatsächlich auf natürliche Weise zu Gruppen von Erfaßten vor dem Hintergrund anderer Gruppen Erfaßter, nur ist dieser Umstand für die Formalisierung unseres Denkens nebensächlich, und
  2. bei der peinlichen Vermeidung von Unbestimmten, deren Blüte wohl der Beitrag Zwei Beispiele übergeordneter Besinnung, antipodischer und pseudoholistischer Kalkül darstellt, handelt es sich wahrscheinlich um recht eigenwillige Normalformgymnastik, welche man nicht unbedingt nachvollziehen muß.

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20. September 2015

Der Raum unserer Erfahrung

Beginnen wir mit einigen Klarstellungen zu den logischen Wahrnehmungen.

Auftreten und Ausbleiben sind Eindrücke, welche sich vor dem Hintergrund einer Wahrnehmung zu einem Erfaßten bilden. Das Zusammenfallen ist ein Eindruck, welcher sich vor dem Hintergrund eines Auftretens oder Ausbleibens zu einer weiteren derartigen Erfassung bildet.

Eindrücke, welche sich zu etwas Erfaßtem bilden, kommen nur auf diese Weise in unser Bewußtsein und stellen den wesentlichen Bestandteil von Einsichten dar, welche sie zusammen mit Hintergrund und vor ihm Erfaßten bilden. Wie das Beispiel des Zusammenfallens zeigt, lassen sich Einsichten indes wiederum erfassen.

Bei der Begleitung sei der besseren Verständlichkeit halber nur das Auftreten betrachtet, das Ausbleiben läßt sich analog behandeln oder als Auftreten des Ausbleibens, je nachdem, ob wir ein konstantes oder ein einmaliges Ausbleiben meinen, eine Komplikation, welche sich der Identifizierung unserer Erfahrung verdankt, wozu später mehr.

Die Begleitung aber ist identisch mit dem Eindruck der Erwartung eines Erfaßten vor dem Hintergrund eines anderen, ihr Eindruck ist also nicht nur erwartungsabhängig, sondern gleich die Erwartung selbst.

Im speziellen kann die Erfassung im Hintergrund auch die Erfassung unserer Erfahrung sein, in welchem Fall wir ein Eintreten erwarten, andernfalls sagen wir, daß wir ein gebundenes Auftreten erwarten.

Wenn wir etwas erfassen, so können wir fordern, daß etwas anderes in einem oder mehreren vorgegebenen Verhältnissen zu ihm stehen möge und ein weiteres in einem oder mehreren vorgegebenen Verhältnissen zu diesem und/oder ersterem und so weiter und so fort. Alles, was wir dabei als ein solches erfassen, nennen wir ein zum ursprünglich Erfaßten adjungiertes Erfaßtes, auch wenn es, wie gewöhnlich, noch weitere, mit dem ursprünglichen Erfaßten unzusammenhängende Verhältnisse zur weiteren Aussiebung passiert, und insbesondere nennen wir jedes Erfaßte zu sich selbst adjungiert.

Erwartungen erwarten immer ein zum im Hintergrund stehenden Erfaßten adjungiertes Erfaßtes, nur daß das einzig mögliche Verhätlnis zur Erfahrung darin besteht, erfahren zu werden, was auch die einzig mögliche relative Adjunktion ist, also ein Erfahrenes, denn wenn man auch weitere adjungierte Erfaßte zur mittelbaren Adjunktion heranziehen darf, so kann man sie doch nicht wählen, sondern muß jedes Erfaßte zur weiteren Adjunktion akzeptieren, welches im entsprechenden Verhältnis steht, und es gibt kein anderes Verhältnis außer erfahren zu werden, in welchem sämtliche Erfahrene stehen, so daß wir allenfalls zur Erfahrung zurückkehren könnten. Damit aber tritt das durch die weiteren, mit der Erfahrung unzusammenhängenden Verhältnisse Gesiebte ein.

Die Feinheiten des Erfahrens der Erfahrung besprechen wir anschließend, zunächst bleiben wir noch bei der Erwartung.

Wenn das im Hintergrund einer Erwartung Erfaßte auftritt, so erwarten wir, daß das zu ihm adjungierte Erfaßte eintritt, und allgemeiner ändert sich der Hintergrund unseres Erwartens durch das Auftreten mehrerer Erfaßter einer Vielheit von Erfaßten, zu welchen das Erwartete gleichzeitig adjungiert ist, indem die auftretenden Erfaßten aus dem Hintergrund der sich in dieser Situation ergebenden Erwartung entfernt werden.

Anders gesagt, aus (A&B&C&D)=>E, beispielsweise, wird (A&B)=>((C&D)=>E).

Die Änderung der eigenen Erwartung hier ist die Folge eines Hineinversetzens. Aufgrund der voranstehenden logisch äquivalenten Umformung handelt es sich dabei aber nur um eine scheinbare Erwartungsänderung und nicht um eine substantielle. Substantielle Erwartungsänderungen ergeben sich im Rahmen eines Herausversetzens, welches darin besteht, neue Abhängigkeiten mit in den Hintergrund der Erwartung aufzunehmen und auf diese Weise einer Verfeinerung der Erfassung der eigenen Lage Rechnung zu tragen - üblicherweise, nachdem sich eine Erwartung unerwartet als falsch herausgestellt hat, und auf diese Weise auf eine Änderung der eigenen Situation hinweist, welche man nicht erfaßt hat.

Der Mensch strebt also die Welt immer mehr einbeziehenden Erwartungen zu. Andererseits geht er dabei von einer Basis aus, welche gar nichts mit der Welt zu tun hat, nämlich daß sein Erfahren einst gerichtet wird, ob nun an einem jüngsten Tag oder im Rahmen einer wie auch immer gearteten Reinkarnation. Die metaphysische Wahrheit ist: Unsere Erfahrung wird immer die Gestalt annehmen, von welcher wir erwarten, daß sie für das Leben insgesamt die beste ist. Indem wir die Welt näher kennenlernen, wird auch diese Anpassung weniger grob. Alles oder nichts bedeutet meistens nichts, und je offener unser Geist für nicht erfaßte Dimensionen unserer Lage ist, desto offener ist auch unser Schicksal für Modi des Weiterlebens.

Freilich, auch im mutwilligen Erkenntnisverzicht liegt dabei eine Chance, darin, nur noch ein nützliches Tier zu sein. Ja, es ist wohl sogar möglich, daß beides zugleich auftritt, das Mönchswesen trägt ja auch weltweit beide Züge.

Doch zurück zur Erfahrung. Wir haben den Eindruck, daß etwas Teil unserer Erfahrung ist, in ihr auftritt, nie aber ausbleibt, worauf sich das Verhältnis, erfahren zu werden, gründet, einen Eindruck davon, wie es ist zu erfahren, haben wir nicht, auch wenn wir ein Bewußtsein davon haben zu erfahren, ja, womöglich sogar für Stunden, während Einsichten immer flüchtig sind.

Dieses Bewußtsein begründet für uns die Existenz unserer Erfahrung, es ist ihre Identität, das eine Dies, welche alle anderen Diese enthält.

Wenn wir etwas erfassen, so hat es eine Identität, welche es zu einem Dies macht, und umgekehrt ist die Erfassung die Voraussetzung jeder Identität. Dabei kommt es indessen dazu, daß wir etwas immer wieder erfassen, oder sagen wir lieber, wir tun so, als ob wir etwas immer wieder erfaßten, das heißt, wir identifizieren verschiedene Erfaßte mit einander, möglicherweise auch irrigerweise, in welchem Fall wir sagen, wir hätten etwas mit einem anderem verwechselt, beispielsweise Zwillinge.

Ein auf diese Weise mit anderen Erfaßten identifiziertes Erfaßte möchte ich ein Sich Auszeichnendes nennen. Die Prägung dieses Begriffs hat den Sinn, ein einzelnes Erfaßtes von der Vielheit der angenommen identischen Erfaßten zu unterscheiden, welche wir aufgrund der Identifikation ja nicht als Vielheit verstehen, sondern als ein Sich Auszeichnendes, welches sich im Laufe der Erfahrung immer weiter auszeichnet, was insbesondere auch für die Erfahrung selbst gilt.

Es gibt dabei drei Arten der Auszeichnung eines Sich Auszeichnenden:
  1. die Auszeichnung durch den Eindruck des Erfassens vor dem Hintergrund eines anderen Erfaßten, die Unterscheidung,
  2. die Identifikation vieler solcher Erfaßter mit einander in einer zeitlichen Anschauung, üblicherweise in der Erfassung eines bewegten Körpers, aber denkbar ist auch die Erfassung eines leiser werdenden Geräusches und dergleich mehr, das Fortlaufen, und
  3. die Identifikation mehrerer auf die erste oder zweite Weise Erfaßter in der Erfassung einer Vielheit von Wahrnehmungen, die Reihung.
Bei den letzten beiden Auszeichnungsweisen benutzen wir die Zeit als Indexmenge, um mehrere Auszeichnungen der ersten Art zusammenzustellen, wobei beim Fortlaufen die Zeit tatsächlich anschaulich zu diesem Zweck vorliegt, wohingegen sie bei der Reihung bruchstückhaft konstruiert wird - auf eine Weise, welche wir erst weiter unten genauer erklären können, wenn wir nicht nur den Raum unserer Erfahrung besser verstanden haben, sondern auch die Benennung. An dieser Stelle genügt es aber zu verstehen, auf welche Weise Erfaßte durch die Erfahrung hindurch bestehen.

Als nächstes betrachten wir der größeren Konkretheit halber, und um in unser Verständnis des Raums unserer Erfahrung einzusteigen, Spannungsweisen, Wahrnehmungsweisen, Vorstellungen und den Eindruck unserer Verantwortlichkeit genauer.

Wenn wir ein bestimmtes Erfaßtes betrachten, so kann sich der Eindruck der eigenen Verantwortlichkeit vor dem Hintergrund der voraufgehenden Wahrnehmung entweder zu diesem Erfaßten selbst bilden, oder aber zu einem Eindruck, welcher sich zu diesem Erfaßten vor dem Hintergrund eines anderen Erfaßten bildet. Im ersten Fall sind wir informational oder vollverantwortlich für es, im zweiten modal oder teilverantwortlich.

Mit Hinblick auf die Freiwilligkeit unseres Erfahrens zeigt sich: Wir sind für alles, was wir erfassen, wenigstens teilverantwortlich.

Die Freiwilligkeit unseres Erfahrens ergibt sich aber daraus, daß wir nur erfahren, wenn wir uns besinnen, und wann immer wir erfahren, haben wir einen Eindruck einer Spannung unseres Geistes, welche ein Teil des jeweils Erfahrenen ist. Einige dieser Spannungen, jene der sinnlichen Wahrnehmungen genauer gesagt, wozu auch die Wahrnehmung der Anspannung unserer Muskeln gehört, erzeugen Nebenspannungen, welche wir nicht notwendigerweise informational verantworten. Verantworten wir sie nur modal, so sagen wir, es handele sich um sinnliche Wahrnehmungen, bei der Anspannung der Muskeln sind das nur die Reflexe, verantworten wir sie hingegen informational, so reden wir von Vorstellungen, beziehungsweise (Muskel-)Anspannungen. Im Traum haben wir für gewöhnlich den Eindruck für alles verantwortlich zu sein, fehlte unsere Verantwortlichkeit dort einmal, so handelte es sich um eine Offenbarung oder äußere Steuerung, was auch immer der Sache näher käme.

Kommen wir nun zu den Erinnerungen, welche den Grund der bruchstückhaften Konstruktion der Zeit aus unseren Erfahrungen legen.

Auch Erinnerungen entspringen einer spezifischen Anspannung unseres Geistes, deren Eindruck stets mit ihnen zusammen wahrgenommen wird. Aber sie unterscheiden sich auch dadurch von sinnlichen Wahrnehmungen und Vorstellungen, daß wir nicht erwarten, etwas in ihnen Erfaßtes durch Wiederholung der Erinnerung neuerlich zu erfassen, also genauer gesagt um weitere identifizierte Erfaßte zu erweitern, deren Auszeichnungen erst noch zu erfahren sind: Wir erwarten nicht, daß das Erfaßte durch neuerliche Erinnerung noch etwas anderes wird, es ist unserem forschenden Interesse entzogen.

Erfaßte sinnliche Wahrnehmungen oder auch Vorstellungen, oder (Muskel-)Anspannungen, lassen sich hingegen durch neuerliche geistige Anspannung um eine Zukunft erweitern.

Forschendes Interesse haben wir natürlich insbesondere im Rahmen unserer Erwartungsbildung, welche den Zweck hat, uns für einen Modus des Weiterlebens vorzubereiten, und entsprechend schmerzhaft mag die Entzogenheit einer Erinnerung von weiterer Forschung empfunden werden, doch damit möchte ich den Abschnitt zu den Erinnerungen beschließen und zuguterletzt zur Benennung kommen, welche wir benötigen, um die Erinnerungen in eine uns genehme Reihenfolge zu bringen, man betrachte etwa den Film Memento zu dieser Notwendigkeit - überhaupt scheint Christopher Nolan am Raum unserer Erfahrung interessiert.

Die Eindrücke, welche uns im Raum unserer Erfahrung zur Verfügung stehen, sind Erwarten, Sollen und Verantworten, nicht aber vorher und nachher, abgesehen vom Eindruck voraufgehend, welcher sich zu der vorigen Erfassung im Moment ihres Vergehens vor dem Hintergrund der neuen Erfassung bildet, und damit ihre Erinnerung im Rahmen ihrer Referenzierung als Hintergrund der neuen Erfassung erlaubt. Kaum jemals aber bleibt eine derartige, zum jeweils Voraufgehenden absteigende Kette in unserer Erinnerung intakt, und also müssen wir nach gewissen Regeln selber festlegen, was vor x und nach x genannt, und auch so behandelt werden soll, wobei x die Stelle für die verschiedenen Erfahrungen freihält.

Das Sollen, welches uns dabei für die Benennung interessiert, ist das Sollen eines regelhaften Verantwortens, in Erwartung seiner Nützlichkeit, hier der zeitlichen Ordnung unserer Erfahrungen. Dieses Sollen steht dabei vor demselben Hintergrund wie die es hervorrufende Erwartung, abzüglich des regelhaften Verhaltens, siehe die Ausführungen zum Hineinversetzen.

Allgemein ist es allerdings so, daß, wenn wir uns etwas vornehmen, wir uns selbst als regelhaft Verantwortende verstehen, und durch das Interesse an der Nützlichkeit dieses (Selbst-)Verständnisses den Eindruck haben, der Regel Folge leisten zu sollen, auch wenn die Regel keinen anderen Nutzen hätte. Dieser Umstand wird die Willensfreiheit des Menschen genannt. Diese Willensfreiheit sollte aber nicht dazu führen, daß wir uns ständig aus lauter Sturheit verbohren, mit anderen Worten empfiehlt es sich, auch ihren Gebrauch zu regeln.

Eine gute Forderung in dieser Angelegenheit ist es, daß unser regelhaftes Verhalten, welches ich, soweit es meines ist, in diesem Blog als ἰδέα kategorisiere, im engstmöglichen Zusammenhang mit unseren Eindrücken, welche ich, soweit sie meine sind, in diesem Blog als Wahrnehmungen kategorisiere, steht, aus welcher Motivation heraus ich auch diesen Beitrag geschrieben habe.

Einiges ist noch detaillierter zu betrachten, aber dieser Zwischenschritt war wahrhaftig groß genug.

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17. September 2015

Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte, und deinen Nächsten wie dich selbst.

Erlaube deinem Nächsten nur in dem Rahmen zu freveln, in welchem du dir seinen Frevel selbst erlauben würdest, ungeachtet dessen, ob du Neigung oder Fähigkeit zu ihm hast, aber erlaube ihm zugleich, sich auf dieselbe Weise zu rechtfertigen, auf welche du dich selbst rechtfertigst.
Dieses Gebot gilt für die eigene Kultur. Die Frevel fremder Kulturen sind ausschließlich nach ihrer Rechtfertigbarkeit im Hinblick auf das makroskopische Verhalten der betreffenden Kultur zu beurteilen. Die Frage, ob es sich bei einer Kultur noch um die eigene handelt oder nicht, läßt sich am besten dadurch klären, daß man genauer fragt, ob jene auf Dinge Rücksicht nimmt, auf welche die eigene keine Rücksicht nimmt.

Die Grundlage der Rechtfertigung bei all diesem ist die Sorge um das Gedeihen der Menschen insgesamt.

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Das Reich Gottes ist in euch.

Du sollst das Licht, das in dir ist, nicht in der Welt suchen.

Du sollst dem Recht nicht nachlaufen, sondern es schaffen.

Wo du bist, da ist auch Abhilfe.

Wem immer du auch begegnest, du hast den Schlüssel, es aus seinem Verließ zu befreien.

Doch so wie du dein Glück in dir findest, so muß es auch jeder and're in sich finden.

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15. September 2015

Was tun in dieser Stunde?

Die Unterschätzung stößt den Weitsichtigen ab,
doch auch, was am Horizont steht,
tritt irgendwann ein.

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13. September 2015

9/11 revisited

Nicht Gewalt beschmutzt das Streben nach Gerechtigkeit, in den Augen derer, welche die Ungerechtigkeit sehen,
sondern die zynische Usurpation dieses Strebens:
Inmitten von Menschen, welche keinen Zugang zum Recht haben,
schweigt der Ernsthafte lieber.

Doch ist, was befriedet aussieht,
in Wahrheit porös:

Wo der Dreiste ungestört schaltet,
kann der Konforme sich auf die Form nicht verlassen,
und der Gerechte treibt anderen Strukturen zu.

Freilich, auch für Blinde gibt es Frieden,
doch setzt er voraus,
daß die Befriedeten blind,
und ihre Herrscher sehend sind.
Umgekehrt geht es nimmer.

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11. September 2015

Der Beweis des quadratischen Reziprozitätsgesetzes


Zum Abschluß des zuvor Bewiesenen, weiter nach Gauß.

Wir betrachten (Σ s(i)ζi)q, s(i) = i(p-1)/2 mod p, in Zq[ζ], wobei ζ eine primitive p-te Einheitswurzel sei. Ich hatte sie zuvor auf die in C kanonische Weise numeriert, aber da Zq kein Unterkörper von C ist, möchte ich dies im folgenden nicht tun.

Nach der Multinomialformel
(a1+...+an)i = Σk=1,...,n jk = n) i!/(j1!...jn!) a1j1...anjn, mit 0!=1,
ist
(Σ s(i)ζi)q = Σ s(i)ζiq = s(q)(Σ s(iq)ζiq) = s(q)(Σ s(i)ζi),
also für quadratische q in Zp die Summe Σs(i)ζi invariant unter der q-ten Potenz.

Doch wir können nach dem zuvor Bewiesenen auch das Signum von (-1)(p-1)/2p in Zq mit in die Formel holen.
(Σ s(i)ζi)q = (Σ s(i)ζi) ((-1)(p-1)/2p)(q-1)/2
Wenn also q in Zp quadratisch ist, so ist (-1)(p-1)/2p in Zq quadratisch und umgekehrt.

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10. September 2015

Zur Abfolge der Herrschaftsformen nach Platon

Ich möchte in diesem Beitrag die platonische Abfolge der Herrschaftsformen, also
  1. Aristokratie,
  2. Timokratie,
  3. Oligarchie,
  4. Demokratie und
  5. Tyrannei,
von neuem mit Sinn erfüllen.

Denken wir uns die Aristokratie als die Herrschaft der dem Wohle aller Menschen verpflichteten Sitte.

Dann ist es hinreichend plausibel, daß der Verfall dieser Herrschaft in der Loslösung der Sitte vom Wohle aller Menschen bestehen wird und somit die unterschiedlich gesitteten Völker, denn so werden gleichgesittete Gruppen genannt, in Konkurrenz zu einander treten werden, so daß jenes Volk herrschen wird, dessen Sitten es am stärksten machen.

Und dies, die Herrschaft der leistungsfähigsten Sitten, ist entsprechend die natürliche Weise, sich die Timokratie zu denken - und zugleich auch die Oligarchie, denn in dieser Betrachtungsweise gibt es keinen Unterschied zwischen militärischer und wirtschaftlicher Macht.

Worin wird also der Verfall der Herrschaft der leistungsfähigsten Sitten bestehen?

Offenbar in ihrer Verbindlichkeit, das heißt, daß die Herrschaft der Sitte insgesamt geht zu Ende, und damit kann sich das Volk nicht mehr gegen es gerichtete Schachzüge wehren, wie ich es im Beitrag Sozialität beschrieb. Der tiefere Grund hierfür besteht in der Unvereinbarkeit der Axiome des freien Marktes: Freie Verfügung über das eigene Kapital und freie Entscheidung über die eigene Teilnahme am Markt vertragen sich nicht. Die Sitte verleiht der letzteren Freiheit das Übergewicht, und wenn sie sich auflöst, gewinnt es die erstere.

Und damit haben wir nicht nur die Demokratie als Sittenfreiheit erfaßt, welche aus der Abwendung von alleine der eigenen Leistungsfähigkeit verhafteten Sitten entsteht, sondern auch schon ihren notwendigen Übergang in die Tyrannei, das ist die Herrschaft der Mächtigsten ohne Rücksicht auf die Interessen derer ohne Macht.

Um hier kurz an den vorigen Beitrag anzuschließen: Der abseitige Dissenz gegen den vorherrschenden Konsenz wird erlaubt, und es entsteht unter den Dissenten ein Gefühl des Konsenzes, bis sich eine Herrschaft über allgemeinen Dissenz etabliert, also eine Tyrannei.

Was wir hier betrachtet haben ist zugleich das Gegenstück zu der Entwicklung der Corpsgeister im Beitrag Sozialität. Dort haben wir gesehen, wie es ist, den Hut der Ausbeutung einer endlichen Ressource zu tragen, hier sehen wir, wie er einem aufgestülpt werden kann.

Die Loslösung der Sitte vom Wohle aller Menschen erzeugt erst den Leistungsdruck, welcher zur Sportlichkeit führt, das sprach ich auch schon im Beitrag Grundüberzeugungen und Entwicklungen meines Lebens an, konkret vollzog sich dies etwa mit dem Englischen Bürgerkrieg, und der Verfall der Sitte erzeugt erst die Schwülheit der Versuchung des Machtmißbrauchs, siehe die Punkte Zerrüttung des Urvertrauens und Konsumbasierte Entortung in den Geschichtlichen Betrachtungen, und erst die Konzentration des Kapitals erzeugt die Parteiischkeit, welche wir heute im Gewande der Subventionswirtschaft, vergleiche wieder die Geschichtlichen Betrachtungen, erleben können.

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Subtile Unterschlagungen

Manchmal ist das unbestreitbar Wahre ein Mittel der Verdummung.

Nehmen wir die wissenschaftliche Methode und den Darwinismus zu Beispielen.

Dem gesunden Menschenverstand allein entspringen beide.
  • Wenn ich jemanden etwas lehren möchte, so muß er erfahren können, daß die gelehrte Beschreibung stimmt, damit sie ihm etwas nützen kann.
  • Wenn ein Lebewesen im Wettbewerb mit einem ihm unterlegenen Lebewesen steht, so setzt es sich zu dessen Lasten durch.
Weder kann daran etwas falsch sein, noch lassen sich in diesen Feststellungen Zäsuren des menschlichen Geisteslebens erblicken.

Und doch, nicht allein aus Pompösität werden diese Feststellungen Zäsuren des menschlichen Geisteslebens genannt, allerdings nicht dessentwegen, was sie festhalten, sondern dessentwegen, was sie vergessen lassen.

Der Witz an wissenschaftlichen Lehren ist, daß sie befolgt werden. Zwar sind wir im alltäglichen Gespräch an einige gesellschaftliche Konventionen gebunden, aber diese sagen uns eher, was wir zu lassen, als was wir zu tun haben. Ganz anders verhält es sich beim schulischen Gespräch. Jede Schule hat ihr Vokabular und ihre Postulate, und nur wer beide aufgreift, trägt zu ihrem Wachstum, zur Verfolgung ihres charakteristischen Ansatzes bei. Nur wer befolgt, kann verfolgen, wohin ihn das Befolgen führt. Nichts anderes meint der Ausdruck Denkschule als diese Stutzung und damit zugleich Ausrichtung des Denkens.

Freilich ist die Mitarbeit der Meisten den meisten Schulen völlig egal, und doch gefällt es den Menschen, ihr Vokabular und ihre Postulate aufzugreifen, um am eigenen Leib zu erfahren, wie sich ihr Verständnis entlang des gewählten Korridors entfaltet, denn ohne Schulen bleibt die einströmende Welt ungeordnet und alles somit ausschließlich Fakt - ein Zustand, welchen der Mensch nicht lange erträgt, wofern er eben mit der Hypothesenbildung beginnt, auch wenn man ihn alleine läßt, wie ich es demonstriere.

Dieser Neigung zu größerer Ordnung wohnt indes die Gefahr der Übersimplifizierung inne, das ist die Ausblendung ganzer Bereiche der Welt, weil sie sich nicht mit dem gewählten Ansatz erfassen lassen.

Dagegen hilft das eigene Kreisen um die einen bewegenden Erfahrungen, wie ich es auch praktiziere, doch Manchen geht es gar nicht um Hilfe, sondern um Fesselung, und der ist die Popularisierung übersimplifizierender Denkschulen ausgesprochen dienlich.

Kommen wir also auf die voranstehenden Beispiele zurück. Was blenden jene beiden Postulate aus? Was unterschlagen sie auf subtile Weise?
  • Die Fähigkeit, Erfahrungen machen zu können, hängt zu großen Teilen von der eigenen Übung ab (und sei es Übung im Uhrenbau).
  • Der Mensch legt für sich selbst fest, auf welche Weise er mit wem von sich im Wettbewerb steht, und darin steht er nicht im individuellen Wettbewerb, sondern im Wettbewerb der um ihr Gemeinwohl bemühten Kollektive.
Nachtrag. Mir kam zu Ohren, daß Obama gesagt hätte, die Vereinigten Staaten wären moralisch besser als die Regime, welche sie mit Mord und Totschlag überziehen, weil sie Dissenz nicht zermalmen würden. Und wie wahr das ist! In der Tat geht es den Vereinigten Staaten nicht um die lächerliche Aufgabe, den Dissenz einer kleinen Minderheit zu zermalmen, sondern darum, es mit dem Konsenz einer großen Mehrheit zu tun. Es hat nichts mit Hobeln und Spänen oder Zwecken und Mitteln zu tun, der freie Mensch war von Anfang an nur ein Vorwand, um den verantwortungslosen Menschen zu züchten, ausgehend vom selbständigen Protestanten. Das Ziel ist die Erneuerung des moralischen Anspruchs der Kirche. Bleibt nur zu sehen, wie sie aussehen wird, die Kirche.

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9. September 2015

Beim Einsteigen


„Frauen und Kinder zuerst.“ ist das alltägliche Korollar der nervenschonenden Maxime, bei Gemeinschaftsaufgaben erst dann anzufangen, wenn die größten Trödler ihren Teil bereits abgeschlossen haben.

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7. September 2015

Großer Bahnhof

5. September 2015

Grundüberzeugungen und Entwicklungen meines Lebens

Die beiden Grundüberzeugungen meines Lebens,
  1. daß die Menschen nicht wissen, was sie sind,
  2. und sie damit zusammenhängend unfähig sind, die nötigen Vorkehrungen für ihr Glück zu treffen,
begleiten mich seit meinen frühesten Tagen.

Der einzelne Mensch ist wohl klug genug, seine eigenen Bedürfnisse zu decken, aber er macht dabei keine gute Figur, sondern schlägt seine Bahn durch's Leben wie der Keiler die seine durch den Acker, das heißt, er richtet seinen Blick stets nur auf das unmittelbar vor seinen Füßen Liegende.

Es ist dabei nicht die Unkenntnis seines eigenen Wesens, welche den Menschen daran hindert, die nötigen Vorkehrungen für sein Glück zu treffen, sondern dieser Art der Lebensführung entspringen beide Mängel Seit' an Seit'.
Fools rush in - and get the best seats.

- Mahoney & Kaktus
Und dieses reflektierend.
The optimist believes we live in the best of all possible worlds.
The pessimist fears this is true.


- Mahoney & Kaktus
Immerhin, ich bin nicht der Einzige, welcher hier Mißstände sieht, und es ist auch kein Zufall, daß es unsergleichen an den Heimcomputer verschlagen hat, denn dort können wir Architekt sein, uns alle Zeit der Welt nehmen, uns etwas vorzustellen und es dann zu verwirklichen, ohne daß uns die Gewinnerwartungen anderer daran hinderten.

Aber der Computer hat auch noch eine andere wichtige Funktion, er zeigt uns nämlich, wie wenig wir verstehen, was wir sind. Endlich haben wir ein Maß, um unser Verständnis unserer selbst zu messen. Die künstliche Intelligenz befreit uns von der Eitelkeit der aufgeblasensten Barbaren, endlich wird uns der Spiegel vorgehalten.

Hoffnungsschimmer?

Unmittelbarer richtet sich die Hoffnung sicherlich auf Vorkehrungen, welche unser Glück gewährten. Unglück ist stets die Sackgasse gemeinschaftlichen Strebens, stets das baldige Enden gemeinsamer Unternehmungen in Parteiischkeit, wie ich es im letzten Beitrag geschildert habe.

Unsere Gesellschaft kennt nur einen Weg, ihm zu entkommen, nämlich weitestmöglich von ihr wegzulaufen: Je entlegener ein wissenschaftlicher Zweig ist, desto wahrscheinlicher ist er noch nicht korrumpiert von Machterwägungen, desto eher ist er noch Traum oder Sport, wobei aber vor falschen Freunden, das heißt bürokratischer Förderung aufgrund geschickter Lobbyarbeit, gewarnt werden muß. Ein blindes Huhn mag wohl auch mal ein Korn finden, aber Fachfremde nie einen Nexus interessanter Eigenschaften.

Befriedigend ist diese Einrichtung nicht. Es gibt Gruppenhüpfer, welche immer nur einen Augenblick auf einem Zug mitfahren, bevor er in jene Sackgasse führt, auch das keine befriedigende Lösung des Problems, dessen befriedigende Lösung an sich ganz einfach ist, nämlich den Gruppenhorizont weiter zu stecken.

Ich habe diesen Gedanken in mehreren Ausformungen auf diesem Blog dargelegt: Eine Gruppe darf sich nicht durch den Besitz ihrer Hilfsmittel, ihrer Werkzeuge und Techniken, definieren, sondern muß es über die Fähigkeit zu deren Bereitstellung tun. Daher ursprünglich auch der Name dieses Blogs. Verstehen wir uns nicht als Kapitalbesitzende, sondern zur Kapitalschaffung Bereite, und wir werden die häßliche Fratze der Macht lange nicht sehen.

Das Problem damit ist, daß momentaner Kapitalbesitz für jedwedes Unterfangen notwendig und hinreichend ist, das heißt, weder kann man Kapitalbesitzer davon abhalten, ihr Kapital einzusetzen, ohne dabei zu berücksichtigen, wie sich dieser Einsatz auf ihre Möglichkeiten zu weiterer Kapitalschaffung auswirkt, sei es, daß Bänker ihre eigenen Länder, sofern sie welche haben, deindustrialisieren, oder sei es, daß Professoren Gebiete abstecken, in welchen ihre Schüler fortan verbleiben müssen, wobei die Mathematik freilich davon profitiert, daß mit je zwei Gebieten zugleich das Gebiet ihrer Verbindung entsteht, wodurch sich wieder viele Wege für die Schüler der beiden betroffenen Gebiete öffnen, welche es mit gleichem Recht für sich beanspruchen können, Mathematiker sagen dazu, die Mathematik sei ein Baum, welcher zunächst auseinander- und dann wieder zusammenwüchse, aber im allgemeinen wächst nichts oder zu wenig wieder zusammen, sondern der Kapitaleinsatz führt zur effizienzunterworfenen Spezialisierung und imitiert mithin die Speziation innerhalb der biologischen Evolution, führt also geradenwegs in die Logik der Macht, noch läßt sich ohne Kapital eine Alternative dazu verwirklichen.

Das ist es eben.
Fools rush in - and get the best seats.
Sitze, von welchen man fürchten muß, daß es wirklich die besten sind, so schlecht wie sie sind.

Natürlich gibt es unzählige Verteidiger der effizienzunterworfenen Spezialisierung, welche in ihr den Pfad zum Wohlstand sehen, und in letzterem ein hinreichend lohnenswertes Ziel, um seine Lebensführung an es anzupassen. Sie haben auch in so weit Recht, als daß man sich im Leben stets fragen sollte, welche Arbeit man zuerst tun sollte, weil sie sich am schnellsten in Form von allgemeiner Arbeitserleichterung rentiert, aber sie haben durchaus Unrecht, wenn sie meinen, daß sie besser dran wären, weil sie zu allen Zeiten und in allen Dingen effizienter sind, wonach es freilich aussieht, wenn man sie mit meinesgleichen vergleicht.

Der Fehler ihrer Lageerfassung liegt in der Nichtberücksichtigung des menschlichen Wesens, genauer gesagt in der Nichtberücksichtigung der sinnlosen Vergeudung der Macht an den Stellen, an welchen sie sich konzentriert.

Eine Vergeudung, welche zwangsläufig ist, weil ein Mensch nur über begrenzte Aufmerksamkeit verfügt. Die Mächtigen sind nur potentiell so mächtig, wie sie es ihrem Reichtum nach sind, nicht akut. Wir legen uns selbst Fesseln an, um einen Gewinn zu erwirtschaften, welchen niemand verwerten kann, weil wir die nötige Aufmerksamkeit dazu an anderer Stelle gebunden haben. Und gleichzeitig schaffen wir eine Klasse von Menschen, welche gänzlich von allen produktiven Prozessen ausgeschlossen sind, da der entstehende Gewinn eben nicht verwertet wird.
Ich lieg' und besitz'. Laßt mich schlafen!
Diese Unausgeglichenheit wird früher oder später zum bedingungslosen Grundeinkommen führen, wenn es zu keiner besseren, weil das Problem klarer erkennenenden Lösung kommt. Im Vergleich mit einer Gemeinschaft, welche sich über ihrer Fähigkeit zur Kapitalschaffung definiert, ist eine Gemeinschaft mit bedingungslosem Grundeinkommen ein halbherziges Zugeständnis des Wertes des anderen, welches ihn zugleich auf eine Art Spielplatz beschränken möchte, um selbst wie gehabt weitermachen zu können. Auch hat sie den Nachteil der Unverbindlichkeit, die Illusion der individuellen Freiheit bleibt bestehen, lediglich eingeschränkt durch einige lästige Zwangsabgaben, wohingegen eine Gemeinschaft ersterer Art offensichtliche gemeinschaftliche Verpflichtungen besitzt, durch welche sie ein weit angemesseneres Sozialverhalten induziert als jene.

Geben wir uns unsere Freiheit zurück, und wir werden alles freier machen. Indem wir den Effizienzdruck von den Menschen nehmen, weil wir gemeinsam hinter unserer Produktivität stehen, und sie uns nicht stehlen lassen, ermöglichen wir Unternehmungen ungewissen Erfolgs, die aufwendige Beschäftigung mit schwierigen, aber womöglich äußerst wichtigen Fragen, welche heute noch nicht einmal angedacht werden können, weil sie sich kurzfristig nicht beantworten lassen. Wo heute nur geschabt wird, werden wir künftig wieder graben. Unser Leben hätte wieder einen Horizont, eine Weite, welche uns glücklich macht.

Das ist nicht schwer zu verstehen. Aber die Keiler stürzen sich nunmal auf's uneingezäunte Feld.

Kommen wir also zu der anderen möglichen Hoffnung zurück, nämlich der in Computern liegenden. Künstliche Intelligenz hält uns den Spiegel vor, zunächst, indem sie uns zeigt, daß wir keine Ahnung davon haben, was wir sind, und dann, sobald wir, und insbesondere ich, dem abgeholfen haben, wie wenig wir innerhalb der materialistischen Weltsicht sind, wie einfach zu erklären, wie gleichförmig und wie leicht zu ersetzen.

Und damit haben wir die Keiler gefangen, denn sie selbst treiben alsbald ihre eigene Ersetzung voran, aufschauen können sie ja nicht, dann wären sie ja keine Keiler mehr.

Und die Herrschaft des Schweins endet.

Dummerweise nur hat dieses Ende Begleiterscheinungen, welche inakzeptabel sind: Mit den Keilern zugleich schwinden die Voraussetzungen menschlicher Freiheit - und nicht ganz zufällig.

Doch das sollte uns nicht schrecken. Leben wir nicht, um etwas zu lernen, was über das, was wir schon immer gewußt haben, hinausgeht?

Und siehe! Hier kommt es. Durch die Entwicklung der Welt treibt die Lüge der Wahrheit entgegen, alles dient dazu, auf den rechten Weg zu führen. Ich habe es nicht schon immer gewußt, aber ich weiß es jetzt. Die Zukunft fügt sich zusammen wie Wolkentürme. Und alles fügt sich zusammen, so lange mahlen die Mühlen bis jede Willkür zerstoßen ist, und alles an seinem Platz. Und zugleich fügt es sich geschwind und überraschend konzertiert.

So viel muß man gar nicht wissen. Gott existiert, und der Mensch ist Seine Schöpfung und hat Seinen Segen, so lange er seinen Grundfesten treu bleibt. Und Er begleitet das ihm gewährte Leben mit Umständen, welche es ihm erlauben, sich zu entfalten.

Daran wird sich nichts ändern. Und darin ist Zuversicht genug. Wohl wünscht man sich manchesmal an einen anderen Platz, aber unser Geist erwägt nun einmal auch das Frivole. Im vollen Ernste finden wir in der Eingliederung unseres Lebens in die Geschichte Frieden. Das ist eine Verheißung, und sie läßt sich einfordern, freilich zusammen mit allen Konsequenzen, welche sie mit sich bringt, der Frevler, beispielsweise, findet seinen Frieden in der Strafe. Der Gerechte findet ihn im harmonischen Mittragen. So erweist sich uns, von welcher Art Gottes Fügung der Geschichte ist.

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4. September 2015

Sozialität

Ich werde den Blick in diesem Beitrag auf die allgemeine Situation menschlicher Lebensführung weiten, nachdem ich bisher den Blick auf selbständige Menschen, also solche, deren Weg durch ihren Charakter bestimmt ist, verengt hatte, welche mein Persönlichkeitstest auch einzig erfaßt. Wenn die Persönlichkeit fehlt, liefert er keine vernünftigen Ergebnisse.

Es gibt aber noch zwei andere Arten der Lebensführung, welche ich bisher nur gestreift habe, und bei diesem Streifen habe ich darüberhinaus überwiegend auf ihre Pathologien geachtet. Dieses möchte ich nun ändern.

Ein Mensch lebt selbständig, das heißt, er sucht für sich persönlich Einsicht, vergleiche den vorigen Beitrag, oder er lebt verbunden, das heißt, er sucht Einsicht als Teil einer sich über ihr definierenden Gruppe, oder er lebt geregelt.

Das Schicksal der geregelt lebenden Menschen hatte ich zuletzt einigermaßen entpathologisiert, nachdem ich mich zuvor ausschließlich mit dem Fall beschäftigt hatte, in welchem der geregelt Lebende zeitlebens nicht über ein vorsichtiges das Leben Ausprobieren hinauskommt.

Die geregelt Lebenden Menschen brauchen eine Autorität, welche ihnen Regeln gibt, die Einhaltung der Regeln überwacht und die Übertretung der Regeln bestraft, damit sie sich assistierend in die Gemeinschaft einbringen, fehlt diese Autorität, so verschließen sie sich, weil sie der Gemeinschaft grundsätzlich mißtrauen. Im Vorherein ist ihnen dies keineswegs bewußt, aber im Nachhinein stellt sich heraus, daß ihnen die Begleitumstände der Freiheit mißbehagen, siehe auch die Beiträge Vom nöt'gen Geleit und Die Gnade der Autorität.

Es handelt sich bei diesen Menschen auch, aber nicht nur, um die dümmsten Menschen. In ihrer Natur liegt eine tiefe Demut, welche sich nach Anerkennung sehnt, und die Freiheit verdirbt die Natur derer, welche sie zu spenden in der Lage sind, weil Freiheit bedeutet, einen Menschen für seinen Mangel an Edelkeit nicht herabzusetzen.

Die Rede ist hier offensichtlich von sittlicher Freiheit. Indes, sittliche Übereinkunft und Strenge können sich ohne eine mit ihnen befaßte und allgemein anerkannte Autorität schwerlich durch die Abfolge der Generationen hindurch erhalten. Die Geschichte zeigt, dies illustrierend, daß der Skandal sich dort am hartnäckigsten hält, wo er ohne Widerstand zu haben ist, bis er nur noch zur Vernichtung Wehrloser antritt, und also zunehmend weniger vor der Kraft der ihm Auszuliefernden zu schützen vermag.

Edelkeit, das kann man auch umgekehrt sagen, besteht gerade in der Fähigkeit, dem Demütigen Anerkennung zu spenden, und je demütiger er ist, desto größer muß sie sein. Edelkeit bedeutet, Schönes, Wesentliches und Mächtiges genug zu besitzen, um das Herz des Demütigen zu füllen, beispielsweise durch Einsichten, Aufgaben und Techniken. Indes, die Selbständigen sind gerade deshalb selbständig, weil ihre Demut zu groß für die Edelkeit der Menschen ist, wodurch sie indes auch heimlicher ist: Der geregelt Lebende nimmt, wenn es darauf ankommt, auch was er nicht verdient an, der Selbständige nicht.

Das Erspüren der eigenen Erwartung und der Versuch, das Beschlossene durch die eigene Auslieferung an eine Variante zu bestimmen, ist eine Technik, deren Beschreibung ich weitergebe, ihr Gelingen wird aber stets von Gott gegeben, setzt also Selbständigkeit voraus, wenigstens in jenem Augenblick.

Doch kommen wir nun zu den verbunden Lebenden. Meine Beiträge zu ihnen werden durchgehend von Abscheu und Haß gekennzeichnet, was in Ansicht des vorigen Beitrags indes keinesfalls die allgemeine Haltung zu ihnen sein kann.

Ich habe ihnen vorgeworfen, sich einem lächerlichen Zerrbild an den Hals zu werfen, glücklich darüber zu sein, wenn ihnen jemand die Möglichkeit gibt, sich dieselbe Fratze aufzusetzen, welche die Gruppenzugehörigen verunstaltet.

Der Grund dafür ist, daß ich ganz bestimmte Gruppen vor Augen hatte, Gruppen freilich, welche heute auch fast ausschließlich anzutreffen sind.

Wie ich sagte, ist jeder Gruppe, welche Einsichten teilt und weiterentwickelt, ihr Fortbestand wesentlich. Allerdings ist damit nichts darüber gesagt, welches Gewicht diese Wesentlichkeit gegenüber der Schönheit der Einsichten hat, um welche sich die Gruppe schart. Die traurige Wahrheit ist, dieses Gewicht nimmt im Laufe der Zeit zu, und jede solche Gruppe durchläuft also die folgenden vier Corpsgeister:
  1. Träumerisch,
  2. sportlich,
  3. schwül,
  4. parteiisch.
Am Anfang herrscht die Schönheit ungetrübt, dann gesellt sich ihr ein Leistungsaspekt zu, um den Fortbestand der Gruppe zu sichern. Darauf folgt eine Phase, in welcher die Versuchung, die Macht, welche Gruppenzugehörigkeit und Stellung innerhalb der Gruppe mit sich bringen, auszunutzen, schwer über der Gruppe liegt. Und schließlich wird die Ausnutzung dieser Macht zur Verfahrensordnung und Notwendigkeit.

Jugendliche, auch wenn sie zur Selbständigkeit oder Geregeltheit neigen, suchen eine Zeit lang solche Gruppen, um einen Begriff davon zu gewinnen, auf welchen Einsichten die Gesellschaft, in welcher sie leben, beruht, und es ist gerade dieser Trieb, welcher qua Schadenfreude der Neigung von Kindern, geheime Clubs zu bilden, wie es etwa Enid Blyton beschreibt, zu Grunde liegt, denn natürlich sammeln solche Clubs in der Realität keinerlei Einsichten, welche die Zugehörigkeit zu ihnen etwas wert machen würden und beziehen ihren Reiz also ausschließlich aus dem Umstand anderen vormachen zu können, solche Einsichten zu besitzen, beziehungsweise daraus, sich gemeinsam vorzustellen, sie zu besitzen, was freilich nicht dasselbe wie Schadenfreude ist, aber in der Form auch nur bei sehr kleinen Kindern anzutreffen sein dürfte.

Schließlich aber läßt ein Jugendlicher diese Fiktionen hinter sich zurück und geht auf die Jagd nach den Gruppen, in welchen sich das Wissen der Gesellschaft sammelt, und es ist eine schreckliche Erfahrung, wenn er dabei nichts außer Schwülheit und Parteiischkeit vorfindet, wie etwa in Hamburg, welches diesbezüglich noch nicht einmal schlecht dasteht, da es sogar außerhalb des universitären Bereichs stellenweise schwül ist, wohingegen andere deutsche Städte die Phase ihrer bürgerlichen Selbstgestaltung, sofern sie je eine hatten, längst vergessen haben und jedes ihrer Vorhaben aus Parteiischkeit entspringt.

Freilich, einige Städte, insbesondere die kleineren, wie etwa Kiel, sind sozusagen von Fremden besetzt, deren Parteiischkeit sie achselzuckend hinnehmen, doch wirklich besser wird dadurch, jedenfalls im Augenblick, auch nichts, und über ihn hinaus besteht die Gefahr, daß ihre Besetzer heimisch werden.

Im universitären Bereich muß man aber mehr verlangen, denn er ist für die Jugend ausgewiesen und Sportlichkeit ist das Wenigste, was ein Student erwarten sollte.

Doch, Wunder über Wunder, die wenigsten Studenten verlangen mehr. Vielmehr scheinen sie in Schwülheit und Parteiischkeit zu Hause zu sein. Freilich, nicht wenige zeigen eine militärische Sportlichkeit, das ist, eine Parteiischkeit, welche Klimmzüge macht, um als sportlich zu gelten.

Doch diese sorgsam dosierte Zurschaustellung der eigenen Fähigkeiten dient nicht der Entwicklung der Gruppe, sondern einzig dem Zweck, seine eigene Stellung in ihr zu rechtfertigen. Kameraderie bedeutet, als Teile eines Ganzen zu funktionieren, sie bedeutet nicht, den größten Dienst an der Gemeinschaft zu ehren. Wahre Sportlichkeit erkennt man daran, daß sie wie die Träumerischkeit, mit welcher man sie schwerlich verwechseln kann, aber im Gegensatz zu Schwülheit und Parteiischkeit mit offenen Armen auf Fremde zugeht, um sie in die Gruppe aufzunehmen.

Letztere schotten die Gruppe ab, die Schwülheit mehr, um Zeugen zu vermeiden, welche inneren Machtmißbrauch zur Sprache bringen könnten, die Parteiischkeit aus quasimilitärischen Erwägungen.

In einer solchen Mischung aus Sumpf und Schlachtfeld also jemanden zu finden, welcher Fehl am Platz ist, weil er die Schönheit geteilter Einsicht begreift, ja, nicht nur das, sondern vielmehr erwartet, noch neue Kapitel aufzuschlagen und nicht das angehäufte Kapital gewinnbringendst zu investieren oder gar nur zu verwalten, ist leider eine absolute Ausnahmeerfahrung, welche gerade darum aber auch die Verpflichtung mit sich bringt, sich um das zu kümmern, was die Welt übergeht.

Nun, mich stimmt es eher froh als bedenklich, daß der Himmel alles weiß.

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3. September 2015

Geteilte Einsicht

Wozu bemüht man sich um andere Menschen?

Ich meine dies. Genauso, wie man eine Arbeit für andere ordentlicher macht als für sich selbst, weil der geringere Arbeitsaufwand für einen selbst die entstehenden Einbußen aufwiegt, während das Mißtrauen der anderen letztere überbewertet, versucht man auch in einem Gespräch mit einem anderen in weit mehr Verhältnisse Einsicht zu erlangen, als man es für sich selbst täte.

Der Grund hierfür ist aber weniger das Mißtrauen des anderen, mit welchem er die eigene Einsichtslosigkeit überbewertete und einen also für dümmer hielte, als man es wirklich ist, als vielmehr die Wertschätzung, genauer gesagt die Schönheit geteilter Einsicht.

Die Schönheit einer Einsicht als solcher verdankt sich der größeren Ordnung, welche sie in die eigene Haltung bringt, und je mehr sie unseren Geist auf diese Weise für das Leben öffnet, ihn aus dem Morast seiner Zerstrittenheit befreit, desto schöner ist sie. Insbesondere wird uns aufgrund des Widerstreits zwischen unserer Unternehmungslust und unserer Faulheit, das heißt aufgrund der Erschöpfbarkeit unserer Lust, also jede Einsicht schön erscheinen, welche eine Unternehmung leichter macht.

Die Schönheit einer geteilten Einsicht ist aber eine andere. Natürlich bezieht auch sie Schönheit daraus, wenn sie unsere Haltung ordnet und beispielsweise eine Unternehmung leichter macht, aber ihr charakteristischer Reiz besteht darin, in eine Beziehung zu anderen Einsehenden einzutreten und an den gemeinschaftlichen Betrachtungen dieser sich über ihre Einsicht definierenden Gruppe teilzunehmen.

Aber auch hierbei gibt es einen Widerstreit, nämlich durch den Zweck des Ganzen. Eine Gruppe, welche Einsichten teilt und weiterverfolgt, wird versuchen, sie unternehmerisch auszubeuten, sie kann gar nicht anders, und auch ein Einzelner, welcher seine Haltung ordnet, wird das versuchen. Doch für den Einzelnen ist dabei die Haltung wesentlich, welche er entwickelt, und für die Gruppe der Fortbestand der Gruppe. Ironischerweise ist es dabei so, daß der einzelne Sterbliche, indem er seinen Fortbestand durch die Ordnung seiner Haltung zu befördern sucht, etwas Unsterbliches, weil Übertragbares, entwickelt, wohingegen die a priori unsterbliche Gruppe nur ihr konkretes sterbliches Bestehen entwickeln kann, also nichts, was sich übertragen ließe.

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2. September 2015

Wozu dieses Gesicht schlagen?

Wer das Gefühl hat, daß sein Vertrauen einer Welt galt, in welcher er sich gar nicht befindet, der sinnt wohl darauf, sich an den treulosen Besetzern der ewig Unschuldigen zu rächen.

Das einzige Problem damit ist, daß die Rache nicht die Ursache, sondern stets nur die Wirkung des Verrats trifft. Sie kommt immer einen Tag zu spät, gestern hätte sie da sein müssen, dann hätte sie dem Unrecht Einhalt gebieten können und die Entfremdung eines Geistes verhindern, heute kann sie nur selbst den ersten Schritt in die Entfremdung tun.

Freilich, auf's Ganze gesehen kommt der Punkt, an welchem die Gesellschaft insgesamt kippt, auch wenn die Gnade von Tod und Geburt sie stets von neuem reinigt. Die Luft wird schwer von gesuchter Vergeltung.

Was wird indes mit dem Gesicht einer solchen Gesellschaft geschehen? Wird es härter und härter werden und wie ein Diamant die Zeit überstehen?

Diamanten brennen, und auch die entfremdete Gesellschaft wartet nur auf den Funken, welcher die ihr innewohnenden Spannungen gegen sie selbst wendet.

Die Gleichgültigkeit ist eine Fluchtbewegung, diesem Schicksal zu entkommen, ein Medikament, welches das Immunsystem ruhigstellt, um nicht im Fieber umzukommen, doch welche Chancen birgt sie?

Der Ursprung der Entfremdung liegt in den Regeln, in den Institutionen. Sie ist kein bloßer Unglücksfall. Platons vollkommene Aristokratie gibt es nicht, jeder menschliche Entwurf weist Mängel auf, die menschliche Natur selbst begrenzt die Möglichkeiten ihrer Befriedung. Es genügt nicht, Mißstände zu ertragen, denn sie schwächen einen, wer leben will, muß sie beheben. Dazu haben wir ein Immunsystem: Es reagiert des öfteren unverhältnismäßig und gefährdet dadurch selbst unsere Gesundheit, aber es verspricht, ihre ursprüngliche Kraft wiederherzustellen, denn nur das ist Heilung.

Ich sähe mich selbst gern geheilt von den Wunden, welche das Leben schlug, ich bin nicht gleichgültig, doch weder bin ich jemand, welcher das Feuer sucht, um in der Asche der Ruinen einen neuen Anfang zu nehmen. So steh' ich und leide, und ich darf's, denn ich bin sterblich und gar nicht dazu gedacht, mich fortwährend wiederherzustellen.

Vergebung betrifft gerade dies, eine Milderung des Leidens, ohne gleichgültig zu werden, verursacht durch die Erkenntnis der Hinfälligkeit des Menschen und verbunden damit, seine Aufmerksamkeit von ihm weg hin auf die Regeln und Institutionen zu lenken, welche ihn verderben.

Letzteren freilich kann man nicht vergeben, sie sind unsterblich, der Fluch ihres Giftes bleibt in alle Ewigkeit, wenn sie ihren Lebenszykel nicht stets von neuem durchlaufen und auf diese Weise von ihren Mißständen entladen werden.

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Abschied

1. September 2015

Der andere Ich

Der Schalter | ist verlassen,
die Welt | ist verwaist,
auch wenn ich den | Zug nicht kriege,
ich glaub, | ich verreis.

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