Meine
Definition der Würdigkeit als Adäquatheit und der Gewachsenheit als Erfolgreichheit greift etwas zu kurz.
Zunächst einmal möchte ich
wieder ein paar begriffliche Probleme lösen. Wie das Verbindende die Verbundenheit ehrt und das Rechtschaffene die Rechtschaffenheit, so das
Erfüllende den Frieden (
Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern um zu erfüllen), und es ist die Erfüllung, welche Stolz im weiteren Sinne, das heißt Freude, Stolz im engeren Sinne oder Genugtuung, beurteilt.
Im
vorigen Beitrag stolperte ich über die Möglichkeit, daß sich das Adäquanzempfinden aus der eigenen Bildung ergibt,
-
die Aufgerufenheit aus einer Verpflichtung, durch Entwicklungsmuster zu befördern,
- die Bedeutsamkeit aus einem Gelübde, durch Behandlung anzunehmen, und
- die Sinnhaftigkeit aus einem (elektiven) Glauben, durch Abzielung aufzunehmen,
und wenn mas sie so betrachtet, gibt es wieder zwei Möglichkeiten, nämlich daß die Bildung für die Inadäquanz verantwortlich ist oder man selbst, indem man der eigenen Bildung nicht hinreichend entspricht, also die nötige Konzentration nicht aufbringt.
Beim Bemühen um Würdigkeit oder Gewachsenheit nun ergibt sich das Adäquanzempfinden
immer aus der eigenen Bildung, und wir können also die folgenden drei Fälle unterscheiden:
-
daß die Bildung vorgegeben und anerkannt ist, so daß wir uns lediglich um ihre Darstellung bemühen, also uns hinreichend auf sie zu konzentrieren,
- daß die Bildung entwickelt wird und wir lediglich ihre Erfüllendheit im Auge behalten, und
- daß die Bildung teils vorgegeben und anerkannt ist, teils entwickelt wird und wir uns um adäquate Erfüllung bemühen.
Letzteres ist bei den Durststrecken der Fall, welche irreparable Schäden anrichten, also bei
-
Verzweiflung und Auslieferung, wann wir im Namen der Aufgerufenheit durch unsere Verpflichtung zur Entfaltung um sie ermöglichende Entwicklungsmuster beten,
- Erhabenheit und Enthebung, wann wir im Namen der Bedeutsamkeit unserer gelobten Ausleuchtung um eine sie ermöglichende Erfahrungsweise beten, woraus dann auch neue Behandlungen entstehen, und
- Ehrfurcht und Unterwerfung, wann wir im Namen der Sinnhaftigkeit der Verpflanzung, an welche wir glauben, um sie ermöglichende Wirkkräfte beten, woraus dann auch neue Abzielungen entstehen.
Das Bemühen um Würdigkeit oder Gewachsenheit heißt uns unser Gewissen in Sorge um unsere Gebildetheit, zunächst, als Kind, die ererbte Bildung adäquat darzustellen, und später, als Erwachsener, die Bildung so zu entwickeln, daß sie uns adäquat erfüllt, wobei wir diese Adäquanz aber nicht spüren, so lange uns unsere Bildung erfüllt, wann wir also lediglich im Bewußtsein, unserer Bildungsverpflichtung nachzukommen, versuchen, die Erfüllendheit unserer Bildung zu steigern, und diese Unterscheidung in Kinder und Erwachsene liefert die richtige Definition der Würdigkeit und Gewachsenheit, nämlich adäquat darzustellen, beziehungsweise adäquat zu erfüllen.
Neben der
gehießenen und also
erhofften Erfüllung gibt es aber auch noch die
unverhoffte, und auch
unverhoffte Bestürztheiten gibt es neben den
geheißbedingten, und dies spielt eine wichtige Rolle, wenn man die so genannte
Gedankenlosigkeit im Detail betrachtet.
Zunächst einmal ist festzuhalten, daß das im verlinkten Beitrag Gesagte für Erwachsene, aber nicht für Kinder gilt, welche gar nicht gedankenlos sein können, denn wenn sie gehießen sind, sind sie's nicht, und wenn sie nicht gehießen sind, so wird sie das bestürzen, da ihre Gehießenheit gerade darin besteht, die ererbte Bildung adäquat darzustellen, und sie sich also, wenn sie fehlt, unwert, schuldig oder verstoßen machen, das heißt so lange die Gesellschaft ihre Bildung als Teil ihres Friedens ehrt. Zwar mag ein Kind vor sich achtend, ergeben und verwurzelt sein, auch wenn es die Gesellschaft als unwert, schuldig oder verstoßen betrachtet, doch in dem Fall ist es sowieso gedankenvoll, da gehießen, und wenn es nicht gehießen ist, übernimmt es die Ansicht der Gesellschaft jedenfalls bis zu einem gewissen, wiewohl bisweilen recht oberflächlichen, Grad, doch selbst ein solcher zwänge das Kind zu weiteren, und oftmals gehießenen, Gedanken.
Bei Erwachsenen verhält sich die Sache aber wie gesagt umgekehrt, denn erst durch die gehießene Entwicklung entsteht die Bestürztheit der inadäquat erfüllenden Bildung. Und wenn sich irgendeine Bestürztheit aus der eigenen Bildung ergibt, so veranlaßt uns das, wie im vorigen Beitrag gesehen, zu konduktiver, idealistischer oder prognostischer Ausleuchtung, und offensichtlich weckt
-
die konduktive Ausleuchtung unserer Lage unser Gewissen,
- die idealistische Ausleuchtung unserer Verlegenheit unsere Vorliebe und
- die prognostische Ausleuchtung unserer Einsichten unseren (subjektiven) Glauben.
Nun, das deckt die gehießenen Erfüllungen und geheißbedingten Bestürztheiten ab. Kommen wir zu den unverhofften.
Im Gegensatz zu den gehießenen und geheißbedingten kennen Kinder und Erwachsene dieselben unverhofften Erfüllungen und Bestürztheiten; bezüglich ihrer unterscheiden sie sich also nicht.
Demut bezeichnet den (subjektiven oder objektiven) Glauben, daß Glück Voraussetzungen hat und sich nicht
mutwillig einstellt. Wenn nun ein demütiger Mensch unverhofft erfüllt wird, so fragt er sich, woran das liegt, und also
geht ihm
auf,
-
daß sich für seine Freude Verantwortung tragen läßt,
- auf welche Abhängigkeiten sich sein Stolz im engeren Sinne gründet und
- daß seine Genugtuung einer oder mehreren Gültigkeiten entspringt.
Mutwilligen Menschen aber geht das nicht auf.
Und entsprechend verhält es sich mit den unverhofften Bestürztheiten, nur daß es hier die
Selbstkritik ist, welche darüber entscheidet, ob jemandem aufgeht, daß seine
-
Eingeschnapptheit die Folge mangelnder Verpflichtung ist,
- Schmach die Folge mangelnder Gelobung und
- Gewurmtheit die Folge mangelnden (elektiven) Glaubens.
In beiden Fällen handelt es sich bei dem Aufgegangenen aber nicht um Gehießenes, nicht um das, woraus die Welt wird, den Begriff des Heils, welcher alles wirkt, sondern um das, was in der Welt geworden ist, den Begriff der Ordnung, welcher sich in allem zeigt.
Und also tragen unverhoffte Erfüllungen und Bestürztheiten zwar zu Welterkenntnis, aber nicht zur eigenen Gehießenheit bei, oder jedenfalls nur indirekt, in sofern mangelnde Welterkenntnis der eigenen Gehießenheit im Wege steht, was sie natürlich bisweilen, zumeist wohl vor der eigenen Gewachsenheit, tut, worauf sich denn auch die gesamte selbst wählbare Unterweisung stützt.
Natürlicherweise lassen sich die demütigen oder selbstkritischen also durch Unterweisung oder Prüfung an ihre gewachsene Gehießenheit, ihre adäquate Entwicklung ihrer erfüllenden Bildung, heranführen, doch die mutwilligen und unverbesserlichen Gedankenlosen lassen sich durch nichts erreichen. Auch gibt es unterschiedliche Arten der Unterweisung und Prüfung, die durch die Gesellschaft und die durch das Schicksal, die ordentliche und die außerordentliche. Nun, damit ist noch einmal der ganze Bogen von der Kindheit über die
Schau der himmlischen Ordnung zur Gewachsenheit gespannt.
Post Scriptum vom folgenden Tag. Selbst die Gedankenlosen heißt ihr Gewissen, sich zu bilden, nur eben oberflächlicher. Die Bezeichnung
geheißbedingte Bestürztheiten geht also in Ordnung als Komplement der
unverhofften, denn immer, wenn wir unserem Besinnen ein Entwicklungsmuster, eine Behandlung oder eine Abzielung zu Grunde legen, wurden wir dazu zumindest allgemein gehießen, aber deutlicher ist die Bezeichnung
anspruchsabhängige Bestürztheit als Pendant der
gehießenen oder
erhofften Erfüllung, reflektierend, daß die zugrundeliegende Bildung zwar einen
Anspruch an uns selbst darstellt, welcher einem Geheiß folgeleistet, aber nur selten in seiner exakten Form explizit gehießen ist.
Labels: 35, formalisierung, formalismus, gesellschaftsentwurf, gesetze, institutionen, intelligenz, metaphysik, sehhilfen, wahrnehmungen, ἰδέα, φαῖδρος, φιλοσοφία