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29. April 2012

Von den anvertrauten Pfunden

Da sie nun zuhörten, sagte er weiter ein Gleichnis, darum daß er nahe bei Jerusalem war und sie meinten, das Reich Gottes sollte alsbald offenbart werden, und sprach: Ein Edler zog ferne in ein Land, daß er ein Reich einnähme und dann wiederkäme. Dieser forderte zehn seiner Knechte und gab ihnen zehn Pfund und sprach zu ihnen: Handelt, bis daß ich wiederkomme! Seine Bürger aber waren ihm feind und schickten Botschaft ihm nach und ließen sagen: Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche.
Und es begab sich, da er wiederkam, nachdem er das Reich eingenommen hatte, hieß dieselben Knechte fordern, welchen er das Geld gegeben hatte, daß er wüßte, was ein jeglicher gehandelt hätte. Da trat herzu der erste und sprach: Herr, dein Pfund hat zehn Pfund erworben. Und er sprach zu ihm: Ei, du frommer Knecht, dieweil du bist im Geringsten treu gewesen, sollst du Macht haben über zehn Städte.
Der andere kam und sprach: Herr dein Pfund hat fünf Pfund getragen. Zu dem sprach er auch: Du sollst sein über fünf Städte.
Und der dritte kam und sprach: Herr, siehe da, hier ist dein Pfund, welches ich habe im Schweißtuch behalten; ich fürchtete mich vor dir, denn du bist ein harter Mann: du nimmst, was du nicht hingelegt hast, und erntest, was du nicht gesät hast. Er sprach zu ihm: Aus deinem Munde richte ich dich, du Schalk. Wußtest Du, daß ich ein harter Mann bin, nehme, was ich nicht hingelegt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe? Warum hast du denn mein Geld nicht in die Wechselbank gegeben? Und wenn ich gekommen wäre, hätte ich's mit Zinsen erfordert. Und er sprach zu denen, die dabeistanden: Nehmt das Pfund von ihm und gebt es dem, der zehn Pfund hat. Und sie sprachen zu ihm: Herr, hat er doch zehn Pfund. Ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat. Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir.
Es geht in diesem Gleichnis allgemein darum, Verantwortung für andere zu tragen, ihr Wohl zu mehren oder im Falle von Unfähigkeit entlassen, im Falle von Widerwillen dagegen vernichtet zu werden. Insbesondere geht es aber um die Kirche und ihre Pflicht, das Gute in einem Volk zu mehren, damit beginnend, die Ansätze zum Guten in ihm zu lieben und sie im anleitenden Umgang mit ihm auszubauen.

Es geht, könnte man sagen, um den Sinn der Feindesliebe, das Gute auch im Feind zu erkennen und es durch sie zu mehren.

Vorausgesetzt allerdings, daß es da wenigstens ein Pfund gibt, mit welchem man beginnen kann zu handeln.

Gehet hin und formet die Menschen zum Besseren um oder vergehet.

Und das ist wahr.

Ist es darum falsch, wenn jemand sagt, daß Gott die einen schon selber formt und die anderen durch nichts und von niemandem geformt werden können?

Nein, auch das ist wahr.

Des Rätsels Lösung besteht darin, daß diesen beiden Einsichten nicht ein und dasselbe Volk zu Grunde liegt.

Wie ich es selbst zuvor bereits ausgeführt habe, unterscheiden sich Ringende, Suchende, Achtende und Versuchende in ihrer Religiösität. Ringende können nicht geformt werden, Suchende müssen nicht geformt werden, aber Achtende und Versuchende können und sollten geformt werden.

Das Christentum ist in dieser Frage auf die Römer zugeschnitten und der Islam auf die Araber.

Der Unterschied zwischen Achtenden und Versuchenden besteht darin, daß die Achtenden Formungen voriger Generationen tradieren und die Versuchenden eher nicht.

Da sich die Versuchenden also in jeder Generation in derselben Lage befinden, gilt die obige Einsicht der Notwendigkeit der Feindesliebe zu ihrer Umwandlung zum Guten hin also auch für alle Generationen. Für die Achtenden ist das hingegen nicht notwendigerweise der Fall, nämlich dann nicht, wenn sie in vorigen Generationen derartig zum Schlechten hin umgeformt wurden, daß es schlicht kein Pfund mehr gibt, mit welchem man handeln könnte.

Es liegt in ihrer Natur, sich für das Schlechte zu begeistern, da es sie zu den Ringenden hinzieht. Dem entgegen steht einzig das Lenkungsinteresse zwischen ihnen und den Suchenden, doch dieses muß sich in konkreten Akten äußern und konkrete Akte gelingen nicht immer.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sie sich in Hinblick auf ihre Formbarkeit den Ringenden angepaßt haben, sie erstarren, und sie erstarren in einem schlechten Zustand.

Allerdings können sie verjüngt werden, wenn auch nicht von innen, sondern durch ein äußeres Vorbild. Denn wenn ihnen die Überlegenheit einer anderen Gesellschaft klar vor Augen steht, übernehmen sie auch bereitwillig deren Glauben.

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27. April 2012

Ein kleines Lemma

Lemma 1. Es sei p=4n+1 und n=ab, wobei b-a=d und d=m²±1. Dann sind a und b quadratisch in Zp.

Beweis. Wir betrachten die Funktion x²+x-n über Z. Ihre Werte sind quadratisch in Zp und das Minimum der Parabel wird an der Stelle -0,5 angenommen, mithin ist sie also auch symmetrisch um diese Stelle. Ihr Wert an der Stelle -b beträgt b²-b-ab=-b(a+1-b) und an der Stelle a beträgt er a²+a-ab=a(a+1-b). Aber a+1-b=-d+1, und da -1 in Zp quadratisch ist, können wir stattdessen auch d-1 betrachten. Setzen wir m²+1 in den zweiten Ausdruck ein, so wird er quadratisch, und wenn wir -(m²-1) in den ersten einsetzen, was nur bedeutet, a und b zu vertauschen, so wird jener es ebenfalls.

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19. April 2012

Was ist Kultur?

Kultur ist, sollte uns nicht der Beweis des Gegenteils gelingen, ein Unbegriff.

Wir reden von Zellkulturen, wenn wir beispielsweise Nierenzellen zu einer künstlichen Niere heranwachsen lassen.

Demnach wären also unsere Kulturen das, was Deutsche, Franzosen, Engländer, Christen oder Muslime, um einige Beispiele anzugeben, heranwachsen läßt.

Wenn man unsere Kulturen füglich auf diese Weise definieren könnte, dann machte natürlich auch die Rede von der multikulturellen Gesellschaft einen Sinn, nämlich in etwa den selben, welchen Aldous Huxley's Unterteilung der Menschheit in Alphas, Betas, Gammas, Deltas und Epsilons macht.

Nun habe ich selbst bereits zuvor von der Möglichkeit gesprochen, uns zu konditionieren. Ich habe allerdings nicht erklärt, auf welchem Mechanismus die Konditionierung einer Gruppe von Menschen beruht. Das muß ich hier nachholen, um zu verdeutlichen, welche Prämissen eine solche Formung hat.

Der Mechanismus ist die Selbstverpflichtung. Ein guter Deutscher ist schlicht eine Abkürzung für das, was in diesen Begriff hineingelegt wurde. Niemand will ein schlechter Deutscher sein, also meint, wer sagt, daß er ein Deutscher ist, nichts anderes, als daß er sich vorgenommen hat, all das zu tun, was er tun muß, um ein guter Deutscher zu sein.

Probieren wir es einmal an einem einfachen Beispiel aus. Ein Klingone ist ein häßlicher Humanoide von einem fernen Planeten. Ein guter Klingone ist ein tapferer Kämpfer.

Und jetzt sprechen Sie mir nach: Ich bin ein Klingone.

Wie fühlen Sie sich?

Häßlich, aber tapfer?

Es ist also durchaus möglich, uns zu formen, aber nur so lange, wie wir willens sind, diese Formung anzunehmen, und es bedeutet nicht den geringsten Aufwand, sie abzulehnen.

Nach ein paar Augenblicken sage ich mir, daß ich doch kein Klingone bin, und das war's.

Menschen lassen sich also nicht beliebig konditionieren, sondern nur im Einklang mit dem, wozu sie sich von Natur aus hingezogen fühlen, wobei dort aufgrund unserer Unklarheit über unsere eigene Natur ein gewisser Betonungsspielraum besteht, und wenn wir erst einmal die Fruchtbarkeit eines speziellen Ansatzes erkannt haben, neigen wir auch sehr dazu, an ihm festzuhalten.

Aber durch unsere Natur werden dem gewisse Grenzen gesetzt.

Wie gesagt, es gibt vier Geister, Ringende, Suchende, Achtende und Versuchende. Diese werden zu unterschiedlichen Ideen hingezogen, haben insbesondere auch unterschiedliche Rechtsvorstellungen, nämlich das Recht des Stärkeren, das Recht des Unschuldigen, das Recht des Gehorsamen und das Recht des Erbringenden.

Und weil diese Geister nur selten unter sich sind, bilden sie spezifische Synthesen. Um drei von ihnen beim Namen zu nennen.
  • suchend-ringend: semitisch
  • achtend-suchend: romanisch
  • versuchend-suchend: arisch
Diese Synthesen sind die Flußbette, in welchen Konditionierungen Feinabstimmungen vornehmen können. Nur so lange, wie wir in einem Fluß schwimmen, in welchem wir uns mehrheitlich wohlfühlen, werden wir das Angebot, uns zu irgendwelchen feineren Dingen selbst zu verpflichten, annehmen.

Wer also unsere Kulturen in Analogie zu Zellkulturen als das versteht, welches uns in eine bestimmte Form hineinwachsen läßt, denkt Milch zu schöpfen und schöpft doch nur die Haut auf ihrer Oberfläche.

Wenn wir aber nicht wesentlich das Produkt von Kulturen sind, was sind Kulturen dann?

Nicht Ausformungen bestimmter impliziter Gesellschaftsverträge? Der genannten Synthesen menschlicher Geister beispielsweise?

Wenn aber eine Kultur essentiell nichts anderes als ein Gesellschaftsvertrag ist, wozu dann Kultur sagen?

Jeder Depp versteht, was eine multigesellschaftsvertragliche Gesellschaft bedeutet.

Darüber muß man gar nicht diskutieren. Aber wenn Gesellschaftsvertrag durch Kultur ersetzt wird, schwirren die Gedanken um unterschiedliche Musikrichtungen und dergleichen mehr. Selbst eine multisittliche oder eine multibräuchliche Gesellschaft würde noch klar genug als das erkannt werden, was sie ist.

Kultur ist ein Begriff, welcher die Zehen hinter den Zehennägeln verdeckt.

Kultur ist ein Unbegriff und bewirkt Unbegreifen.

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18. April 2012

Der pietätlose Damaskios

Wir lesen, daß Photios der Große Damaskios pietätlos genannt hat, weil dieser in seinem Hauptwerk ἀπορίαι καὶ λύσεις περὶ τῶν πρώτων ἀρχῶν (Schwierigkeiten und Lösungen zu den ersten Prinzipien) christliche Konzepte unbehandelt ließ.

Das mag nicht direkt falsch sein, aber ich glaube, daß Photios etwas spezifischeres gemeint hat.

Was schreibt denn Damaskios in jenem Werk?

Wenn man der englischen Wikipedia Glauben schenken darf, dann läßt es sich wie folgt zusammenfassen. Sein Hauptergebnis ist, daß Gott unendlich ist, und als solcher unverständlich, daß seine Güte, sein Wissen und seine Macht ihm nur auf Grund ihrer angenommenen Auswirkungen zugeschrieben werden, daß diese Ableitung logisch ist und für das menschliche Denken ausreichend. Stets besteht er auf der Einheit und Unteilbarkeit Gottes.

Nichts läßt sich von Gott sagen, außer daß er einer ist.

Das ist in sofern interessant, als daß Damaskios' Vorgänger, unter anderem Plotinos und Proklos, darüber ganz anders dachten.

Aber hätte das alleine Photios gereicht, Damaskios pietätlos zu nennen?

Damaskios wurde gegen 458 in Damaskus geboren und lebte 538 noch. Um 479 ging er nach Alexandria, um Rhetorik zu studieren. Dort wurde sein jüngerer Bruder Julian von den christlichen Behörden im Rahmen ihres Vorgehens gegen die Heiden, zu welchen Damaskios gehörte, gefoltert. Damaskios hat seiner Ansicht der Sache in folgendem Bericht über Hypatia Ausdruck verliehen.
So war Hypatia, so artikuliert und flüssig in ihrer Rede, wie vorsichtig und höflich in ihren Taten. Zu Recht wurde sie von der ganzen Stadt geliebt und auf bemerkenswerte Weise verehrt, aber die Herrscher der Stadt beneideten sie von Anfang an, etwas, was sich auch in Athen des Öfteren zutrug. Denn wenn die Philosophie selbst auch vergangen ist, ihr Name erscheint den Männern, welche die Herrschaft im Staate ausüben, immer noch groß und verehrenswürdig. Also begab es sich, daß Kyrillos, Bischof der gegnerischen Sekte, als er an Hypatias Haus vorbeikam eine große Menge an Menschen und Pferden vor ihrer Tür sah. Einige kamen, andere gingen und wieder andere standen herum. Als er fragte, warum es dort so eine Menge gäbe und worum der ganze Wirbel ginge, wurde ihm von ihren Anhängern bedeutet, daß es das Haus der Hypatia, der Philosophin, wäre, und sie sich anschickte sie zu grüßen. Als Kyrillos dies hörte, biß ihn der Neid derart, daß er sogleich ihren Mord zu planen begann, und dabei die widerwärtigste Art von Mord. Denn als Hypatia aus ihrem Haus heraustrat, wie es ihre Gewohnheit war, wurde sie von einer Bande gnadenloser und grausamer Männer, welche weder göttliche Strafe noch menschliche Rache fürchteten, ergriffen und niedergemäht, wodurch sie eine unerhörte und schändliche Tat gegen ihr Vaterland begingen. Der Kaiser war wütend, und er hätte sie gerächt, wenn nicht Aidesios bestochen worden wäre. Also rief der Kaiser die Strafe auf sein eigenes Haupt und das seiner Familie, denn sein Nachfahre bezahlte den Preis. Die Erinnerung an diese Ereignisse ist noch immer lebendig unter den Alexandrinern.
Nicht jene Männer, den Kaiser, welcher solches zuläßt, trifft die Schuld, und da ja auch erst nach seinem Tod sicher ist, was er zuließ, muß die Strafe folglich seine Nachfolger treffen.

Das ist natürlich das Wesen jeder Verfehlung, daß der augenblickliche Nutzen über den späteren Schaden gestellt wird, und nicht selten trifft der Schaden nicht den, welcher den Nutzen hatte, sondern einen seiner Nachfolger. Daraus ergibt sich natürlich auch wieder die Verpflichtung zur Rechtsprechung, in dieser Sicht als vorgezogene Strafe Gottes, um den Schuldigen zu treffen und die Unschuldigen zu schützen.

Diese Verpflichtung läßt sich auch anders erkennen, und nichts ist darüber gesagt, wie der Schuldige zu treffen ist. Indes liegt in der obigen Sicht ein gewisser Charakterzug, eine gewisse Freude daran, daß die Strafe schon irgendjemanden treffen wird. Und wie würde wohl so jemand die Notwendigkeit zu strafen darstellen, wenn nicht als Liebesdienst in der Gewaltausübung?

Wer Unrecht, weil er edler ist, klarer verspürt als andere, soll es, ruhig auch wütend, strafen. Wut ist gut, Korruption ist schlecht. Du selbst zweifelst vielleicht am Sinn deiner Wut, aber wenn du auf das große Ganze siehst, siehst du, daß viele einzelne Wutausbrüche die Fäulnis der Gesellschaft verhindern, vorausgesetzt, sie bleiben nicht folgenlos.

An dieser Stelle sollte es dem Leser langsam dämmern, warum Photios Damaskios pietätlos nannte.

Er hatte das Wissen, sowohl die Kenntnis des syrischen Arabischen als auch die Versatzstücke der aristotelischen Naturbeschreibung, welche über den ganzen Koran gesprenkelt sind. Aber wichtiger ist, daß Damaskios eine scharfe Menschenkenntnis besaß, und es ihm Vergnügen bereitete, auch noch die Fehler seiner eigenen Vorbilder offenzulegen. Wie könnte er sich über die Menschen im allgemeinen anders geäußert haben, als in einer schier endlosen Bloßstellung ihrer Schwächen?

Spätestens 515 wurde Damaskios zum letzten Oberhaupt der Platonischen Akademie und 529 wurde sie von Iustinianus geschlossen. Bis zu seinem Tod im Jahre 565 hatte er noch die Chance, sie wiederzueröffnen. Danach war es klar, daß Gott einen seiner Nachfolger für sein Vergehen strafen würde.

Muhammad wurde gegen 570 geboren.

Die genaue Verwicklung der Sassaniden zu klären, welche Damaskios 532 für ein Jahr besuchte, ist für den Gegenstand der Untersuchung hier zwar nicht uninteressant, aber letztlich unerheblich.

Übrigens findet sich die genaue Entsprechung zur Geschichte der Ermordung der Hypatia im angeblichen Brief Herakleios' an Muhammad, der Kaiser erkennt die Wahrheit wohl, einzig sein Umfeld ist korrupt.

Oder ist das alles Zufall, Damaskios nur irgendein heidnischer Araber, welcher die Christen aus persönlichen Gründen haßte, andere Philosophen für ihre Zuschreibung von Eigenschaften zu Gott, als zu ihm selbst gehörig, angriff, die Machteliten für korrupt hielt und in der zeitigen Bestrafung von Vergehen die einzige Abwendung größeren Übels sah?

Es ist unmöglich das zu glauben. Damaskios ist der Autor des Korans. Und um es zu beweisen, verweise ich auf meine eigenen Beiträge hier, welche auch als Suren durchgehen könnten. Zehn von ihnen mindestens.

Bin auch ich pietätlos?

Was ich selber denk und tu, das trau ich auch den andern zu.

Nun, schon als Kind begriff ich, daß Wut zuvörderst ein Appell ist, welcher indes zumeist ungehört verhallt. Wer im Angesicht eines Wutausbruchs sein Unrecht nicht einsieht, wen die Scham nicht abzustehen zwingt, dem kann durch ihn nicht geholfen werden, und er muß fürwahr darum später einen höheren Preis bezahlen.

Im Gegensatz zu Damaskios sehe ich indes keinen Grund, den, welcher meine Liebe nicht verdient, zu lieben. Er wird, und er soll auch, später eine größere Strafe erhalten. Nicht werfe ich meine Wut dem vor die Füße, welcher in ihr nur Gewalt erblickt. Er verdient diese Form der persönlichen Auseinandersetzung nicht. Mit ihm ist umzugehen, wie mit einer Figur auf einem Schachfeld, das Wohl derjenigen im Auge behaltend, für deren Wohl es sich zu sorgen lohnt.

Das ist der Weg der Kirche. Darin liegt der wesentliche Unterschied zum Islam.

Indes, wenn wir die heutige Zeit betrachten, so finden wir die Freimaurer an der Stelle Gottes, und die Kirche setzt auf die völlige Zerrüttung der Ordnung, um die Liebe zu ihr wieder zu entfachen. Kann das überhaupt funktionieren?

Die Tyrannei verschlingt die bürgerliche Gesellschaft von innen heraus, der Tyrann stützt sich auf sein Wissen, aber Wissen ist flüchtig und verflüchtigt sich in alle Richtungen, und schwindet seine Bedeutung also, wird derjenige Herrscher, welcher die größte Gruppe Gewisser hinter sich weiß.

Unter diesen Umständen, kann die Kirche da die natürliche Überzeugung der Religiösen in ihre Bahnen lenken?

Es wird nicht schön, ich sehe da keinen Platz für Haarspaltereien.

Ich hoffe aber, daß die Weisheit groß genug sein wird, den Weg der Kirche zu beschreiten und nicht den Weg des liebenden Tötens, denn der Weg der Kirche ist überlegen, wie die Geschichte beweist.

Berwick's eigentliche Bedeutung besteht darin, für die christliche Sache den Weg des Islams beschritten zu haben. Er ist ein abschreckendes Beispiel genau dafür. Denn nichts gibt es so zu gewinnen. Jede Gesellschaft, in welcher Menschen ihre heilige Wut auf diese Weise gegen die Ungläubigen schleudern, wird am Ende genauso aussehen wie die islamische Welt.

Indes, während ich durchaus die Hoffnung hege, daß wir in Europa in der Krise, wenn auch nicht zur Kirche, so doch auf den Weg der Kirche zurückfinden, so kann ich nirgends sonst auf der Welt einen solchen Prozeß erkennen. Das jüngste Gericht vollzieht sich ausschließlich hier und muß es, wenn man seinen kulturellen Hintergrund bedenkt, auch.

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11. April 2012

Warum eine Ordnung eine Ordnung ist

Fürwahr, es ist gefährlich. Erst schaue ich mir meine Lieblingsamigademos an, dann lande ich beim C64 und schließlich denke ich über Sortieralgorithmen nach.

Wenn man das vorbildlich objektorientiert angeht, wird man eine Funktion zum Vergleich zweier Daten entgegennehmen. Und da stellt sich nun natürlich die Frage, welche Bedingungen man sinnvollerweise an die Relation zwischen einem geordneten Datenpaar stellt.

Wenn man großzügig ist, und ich bin großzügig, wird man nichts weiter als eine Halbordnung verlangen.

Was eine Halbordnung ist?

Bittesehr. Eine Halbordnung ist eine Relation R zwischen den geordneten Paaren (a,b) aus einer Menge M, derart daß (a,a) in R liegt für jedes a aus M und daß, falls (a,b) in R und (b,c) in R liegen, dann auch (a,c) in R liegt.

Natürlich fängt einen sogleich die Frage an zu quälen, ob man nicht noch großzügiger sein könnte. In gewisser Weise schon, schließlich ließen sich auch zyklische Daten sortieren, wenn auch nicht eindeutig, aber das behandelte man offensichtlich besser durch einen TYPECAST, und auch wenn da jetzt jemand schreit, daß TYPECASTS nie gerechtfertigt sind, in diesem Fall sind sie es einmal, denn besser zwei TYPECASTS als eine dreistellige Relation ohne handliche Eigenschaften.

Aber vielleicht findet unser Gemüt ja auf anderem Wege Frieden.

Wozu will man denn überhaupt etwas ordnen? Angenommen, wir könnten diese Frage beantworten, dann besteht immerhin die Hoffnung, daß wir finden, daß Halbordnungen unseren Ansprüchen genügen.

Tja... jetzt muß man zwei Dinge wissen, dann stolpert man wie von selbst über die Antwort.
  1. Die Beziehungen zwischen unseren Begriffen entsprechen den Beziehungen zwischen Mengen.
  2. Jede endliche geordnete Menge ist isomorph zu einer Teilmenge der Potenzmenge der natürlichen Zahlen, und jede halbgeordnete Menge läßt sich durch Übergang zu ihren Äquivalenzklassen in eine geordnete Menge verwandeln.
(In einer geordneten Menge gilt statt (a,a) in R, daß, wenn (a,b) in R liegt, dann (b,a) nicht in R liegt. Den Rest lese man bei Belieben bei Wikipedia nach.)

Mit anderen Worten, jede endliche geordnete Menge entspricht einer Begriffshierarchie. Das kann man auch ohne weiteres beweisen und die verwendeten Begriffe konkret angeben, aber allzu sinnvoll ist es nicht, denn nicht von der Ordnung kommt die Begriffshierarchie, sondern von einer Begriffshierarchie kommt noch jede Ordnung.

Nichts anderes bedeutet es, etwas zu ordnen, als es unter eine Begriffshierarchie zu bringen, welche wir zum Zwecke des schnelleren Zugriffs auf das Geordnete gebildet haben. Eine Halbordnung entsteht dabei, wenn wir die ihr unterworfenen Gegenstände nicht durch diese Begriffshierarchie von einander unterscheiden können, wobei vorausgesetzt ist, daß eine Begriffshierarchie zu je zwei ihrer Begriffe auch deren Konjunktion enthält, eine Voraussetzung, welche in unserem Denken stets erfüllt ist.

Um das einfachste Beispiel anzugeben, wir numerieren Dinge, damit wir die Begriffe Unter-den-ersten und Unter-den-letzten anwenden können, wenn wir etwas suchen, also beispielsweise nicht in der ersten Hälfte, im dritten Viertel, nicht im fünften Achtel usw., wobei die Begriffshierarchie über den Zahlen aus den Begriffen Höchstens-Eins, Höchstens-Zwei, Höchstens-Drei usw. besteht, von welchen wir dann nach Gusto durch die logischen Operationen der Negation und Konjunktion (also durch Nicht und Und) die Begriffe ableiten, welche wir im Laufe der Suche benötigen.

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10. April 2012

Die größte Leistung meiner Generation

Phenomena - Enigma (1991)



The Silents (France) - Ice (1991)



Sanity - World of Commodore 92



Andromeda - Mind Riot (1993)



Kefrens - Desert Dream (1993)



Masque - Misery 2 (1993)



Andromeda - Sequential (1994)



Sanity - Roots (1995)



Und zu guter letzt noch:

The Silents (Sweden) - Pinball Dreams

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9. April 2012

Das Ich

Es fällt nicht schwer, sein Gemüt wahrzunehmen und noch viel weniger seine Sinnlichkeit. Das eigene Ich wahrzunehmen ist ungleich schwerer. Ich habe es schon einmal getan, im Beitrag zu den vollständigen Wahrnehmungen, aber seitdem habe ich es seit langer Zeit nicht mehr getan, und deswegen sind auch meine letzten Beiträge in dieser Hinsicht nicht so klar, wie sie es sein sollten. Ich unternehme es nun hier, Wahrnehmung und Ideen zu verschmelzen.

Ich schrieb, daß das Ich durch sein Ehrgefühl zu Erwartungen ermahnt werden kann, und das ist auch so. In Folge dessen entscheidet sich das Ich für diese Erwartung, welche, da sie sich auf das Ich beziehen muß, damit das Ich zu ihr ermahnt werden kann, eine Absicht enthält. Und so ist es immer, es gibt keine eigentlichen Absichten, welche nicht Teil von Erwartungen sind, soll heißen, daß sich Handlungen wohl vorstellen lassen, ohne sie zu erwarten, aber sich nicht ergreifen lassen, ohne sie zu erwarten.

Die Erwartung bezieht sich aber stets auf die Wahrnehmung, unabhängig davon, ob sie sich auch auf das Ich bezieht. Also muß das Ich auch die Wahrnehmung umfassen und tut es auch. Zu der Wahrnehmung bildet es eine Erwartung, entweder eine Antizipation, wenn sie sich nicht auf es als Entscheider bezieht, oder eine Absicht. Sollte es eine Antizipation gebildet haben, bildet es eine neue Erwartung als Reaktion darauf, solange bis diese schließlich eine Absicht ist. Details dazu finden sich im Beitrag zu den vollständigen Wahrnehmungen. Und wenn also zu guter letzt eine Absicht vorliegt, entscheidet es sich entweder unter Maßgabe seines Wertgefühls für sie oder nicht, in beiden Fällen zur Wahrnehmung zurückkehrend.

Ob wir auf einen Gedanken gekommen sind oder ob es unsere Lust oder Sorge war, läßt sich ganz einfach danach entscheiden, ob er eine Erwartung ist oder nicht. Unsere Lust liefert uns eine Möglichkeit, welche wir wahrnehmen, und zu welcher wir dann auch sogleich eine Erwartung bilden können, aber ursprünglich ist es eine bloße Möglichkeit, unser Widerwille liefert uns Widersprüche und unsere Stimmung Hinweise (im Wortsinn).

Insbesondere ist es unser Widerwille, welcher uns daran erinnert, was wir noch alles zu tun haben, weshalb es eben auch auf unserem Gemüt liegt.

Wenn wir uns also wahrnehmen wollen, so müssen wir uns fragen, was wir wahrnehmen, was wir erwarten, wie wir zu dem Erwarteten stehen und wie wir uns entscheiden. Wir durchlaufen stets auf's Neue diese Schleife und bilden also die Kette der Zeit, wobei unsere einzelnen sinnlichen Wahrnehmungen bewegt sind und von uns bestmöglich zusammengeflickt werden.

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8. April 2012

Das Räderwerk der Seele

Fürwahr, unsere Seele ist aus drei Teilen zusammengesetzt.

Zum ersten aus der Lust, welche im Rahmen der Sinnlichkeit beständig neue Unternehmungen ausheckt, um auf Genüsse zu stoßen und dabei unser individuelles Wesen ausdrückt.

Zum zweiten aus dem Ehr-, oder sachlicher gesprochen Wertgefühl, welches im Rahmen des Ichs jeder Absicht ihren Wert zuweist und sich, ihre Werte wägend, zwischen ihnen entscheidet, wobei sich im Werturteil die Rolle ausdrückt, welche das Schicksal uns bestimmt hat.

Zum dritten aus unserer Sorge, welche im Rahmen des Gemüts zum einen als Widerwille darüber wacht, daß unsere Taten unserer Haltung entsprechen und sich zum anderen als Stimmung um unsere Haltung kümmert, daß sie sich forme, wie es die ideenverbindende Kraft von ihr fordert.

Der Lust entspringen mannigfache Vorstellungen, sie allein ist aktiv, der Widerwille reagiert, wobei er in dunkleren Fällen auch einfach mal nur ein paar Erinnerungen ins Gedächtnis zurückruft. Und die Stimmung wirkt alleine dadurch, daß sie sich mit zunehmender Deutlichkeit zu der aktuellen und schon einmal probeweise angenommenen Haltungen ausspricht, wodurch sie uns schließlich alle Wege außer einem versperrt.

Was unser Wertgefühl angeht, es ist passiv, entweder hört es der eigenen Lust oder Sorge zu, oder es nimmt Vorschläge anderer auf, worunter es auch fällt, sich durch einen transzendenten Akt des Interesses anstoßen zu lassen.

Daß unser Wertgefühl passiv ist, heißt aber nicht, daß es keine Eigenart besitzt. In einem mag es ganz der eigenen Lust zugewandt sein, in einem anderen den Vorschlägen anderer und einem dritten ganz der eigenen Sorge, und ja, auf diese Weise lassen sich Ringende von Achtenden und Versuchenden und alle drei wiederum von Suchenden unterscheiden. Daß darüberhinaus noch weitere, feinere, Unterschiede bestehen, sieht man am Unterschied zwischen Achtenden und Versuchenden.

In sofern diese drei Seelenteile vererbt werden, sind sie Lebendigkeit, Gesinnung und Sensibilität, denn auch das Gemüt der Menschen besitzt seine Eigenart, ihre Lust sowieso.

Wie gesagt, es sind die drei Zykeln, welche auf diese Weise in uns wirken. Und dann erfahren wir unsere abschließende Befreiung, wenn wir durch die Kenntnis der transzendenten Akte die Möglichkeit erlangen, zwischen ihrem weiteren Fortschritt und ihrer Zurücksetzung zu wählen, wobei es selbstverständlich Zurücksetzungen in Teilbereichen der einzelnen Zykeln gibt.

Es gibt keine schönere Stimmung als die, welche die Haltung begleitet, die Ideen sich bewußt in der Welt verbinden zu lassen. Und es gibt keine quälendere als die, welche die Haltung begleitet, sein Leben notfalls zu opfern, um der Verbindung bestimmter Ideen zu entkommen. Aber manchmal hilft nur der Weg durchs Feuer. Manchmal kann man nur auf seiner anderen Seite wieder Frieden finden.

Ich bin gewillt, dieses dunkle Zeitalter zu beenden.

Ja, dunkel ist es, zwar stehen überall Scheinwerfer, aber nur um zu blenden.

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Der Führer des Gespanns

Es ist doch kurios.

Platon schreibt.
Wie ich im Anfang dieser Erzählung dreifach jede Seele zerteilt habe, in zwei roßgestaltige Teile und drittens in den dem Führer ähnlichen, so bleibe es uns auch jetzt noch angenommen. Von den beiden Rossen, sagten wir weiter, sei eines gut, eines aber nicht. Welches aber die Vortrefflichkeit des guten und des schlechten Schlechtigkeit ist, haben wir nicht erklärt, jetzt aber müssen wir es sagen. Das nun von beiden, welches die bessere Stelle einnimmt, von geradem Wuchse, leicht gegliedert, hochhalsig, mit gebogener Nase, weiß von Haar, schwarzäugig, ehrliebend mit Besonnenheit und Scham, wahrhafter Meinung freund, wird ohne Schläge nur durch Befehl und Worte gelenkt; das andere aber ist senkrückig, plump, schlecht gebaut, hartmäulig, kurzhalsig, mit aufgeworfener Nase, schwarz von Haut, glasäugig und rot unterlaufen, aller Wildheit und Starrsinnigkeit freund, rauh um die Ohren, taub, der Peitsche und dem Stachel kaum gehorchend.
Ehrliebend mit Besonnenheit und Scham, wahrhaftiger Meinung freund, wird ohne Schläge nur durch Befehl und Worte gelenkt.
zuletzt aber, wenn des Ungemachs kein Ende ist, gehen sie dann von jenem fortgerissen, nachgebend und versprechend das gebotene zu tun, und so kommen sie hin und schauen des Lieblings glänzende Gestalt. Indem nun der Führer sie erblickt, wird seine Erinnerung hingetragen zum Wesen der Schönheit, und wiederum sieht er sie mit der Besonnenheit auf heiligem Boden stehen. Dieses erblickend fürchtet er sich, und von Ehrfurcht durchdrungen beugt er sich zurück, und kann sogleich nicht anders als so gewaltig die Zügel rückwärts ziehen, daß beide Rosse sich auf die Hüften setzen, das eine gutwillig, weil es nie widerstrebt, das wilde aber höchst ungern.
Wird seine Erinnerung hingetragen zum Wesen der Schönheit, und wiederum sieht er sie mit der Besonnenheit auf heiligem Boden stehen.

Das edle Roß gehorcht angemahnten Erwartungen und der Führer ist gestimmt?

Aber das ist doch kurios!

Nach meiner Darstellung der Sache im letzten Beitrag motivieren uns Lust, Ehrgefühl und Sorge.

Nun ist es offensichtlich so, daß wir uns mit dem Ehrgefühl identifizieren, man blicke nur auf den Begriff der Selbstbeherrschung. Ich mag zu einer leichteren Stimmung hinstreben oder auch zu einem Genuß, aber ich tue es nur, wenn ich mich nach Erwägung der Sache dafür entscheide. Also, wer bin ich? Offensichtlich derjenige, welcher der Erwartung nachkommt, selbstbeherrscht zu sein.

Uns erscheint es also so, daß das edle Roß gestimmt ist und der Führer angemahnten Erwartungen gehorcht.

Was ist das? Ein Ausrutscher Platons?

Er hat natürlich einen guten Grund, die Stimmung über die Ermahnung zu erheben, denn die Stimmung steht über der Ermahnung, soweit es die Ebenen der Existenz betrifft. Deshalb ist es ja auch das erste Gebot des Glaubens, Gott zu lieben, also sein Ehrgefühl darauf zu richten, der Sorge ein Ohr zu leihen.

Und so betrachtet stimmt es wieder, die Sorge spricht zum Ehrgefühl und das Ehrgefühl gehorcht.

Das schlechte Roß, das ist die Lust, das edle, das sind wir und der Führer, das ist unsere Stimmung.

Platon scheint es Freude bereitet zu haben, mißverstanden zu werden. Nun, man kann es glauben.

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7. April 2012

Motivation und Existenzebenen

Nach meiner bisherigen Sicht drückt sich Motivation immer in einem Gefallen an etwas aus, und freilich läßt es sich auch immer so auffassen.

Nur natürlich und unmittelbar ist diese Auffassung nicht.

Ich habe mich zuletzt mit der Frage beschäftigt, wie Widerwille, Stimmung und Ermahnung auf uns wirken. Und dabei bin ich darauf gekommen, daß wir den Eindrücken unseres Gemüts unterworfen sind und versuchen uns aus dieser Unterwerfung zu befreien, wohingegen es eben unser Wunsch ist, den angemahnten Erwartungen nachzukommen. Und dann gibt es natürlich noch die Dinge, welche wir wahrnehmen und erhoffen zu genießen.

Unsere Motivation zerfällt also in Genuß, Nachkommen und Befreiung. Aber was geschieht, wenn wir auf diese Weisen motiviert handeln?

Nun, Genuß können wir nur in unseren Geschäften finden, darin zu operieren. Und wie ich im letzten Beitrag gezeigt habe, sind es unsere Mitmenschen (oder gleich das Eine, welches alles ist), welche den Grund dafür liefern, daß wir etwas nachkommen, sofern die Ermahnungen durch transzendente Akte des Interesses in uns auftreten. Aber wenn das in diesem Fall so ist, warum sollte es nicht im allgemeinen so sein? Worin besteht denn der Sinn etwas nachzukommen, was als Erwartung unveränderbar vor uns steht, wenn nicht die Quelle der Erwartung ebenso unverändert vor uns steht? Und was steht unverändert vor uns? Eben die Welt, unsere Mitmenschen, das Eine, welches alles ist.

Bleibt die Befreiung. Indem wir uns von den dunkleren Stimmungen langsam zu den helleren aufschwingen, betreiben wir doch nichts anderes, als Ideen in uns zu verbinden oder auch erdrückende Verbindungen zu zerschlagen.

Es ist damit natürlich klar, daß wir durch den Genuß auf der kausalen Ebene motiviert werden (im Zykel der Ordnung und Mischung), durch das Nachkommen auf der funktionalen Ebene (im Zykel der Achtsamkeit und Willkür) und durch die Befreiung auf der intentionalen Ebene (im Zykel der Verbindung und Auflösung).

Angesichts der letzten Betrachtungen mag man die funktionale Ebene auch koexistentielle Ebene nennen, aber an systemischer Einsicht ist damit nichts gewonnen, Koexistenz bedeutet Umgang und Umgang bedeutet Funktionalität.

Die Art der Motivation ist natürlich für meine gesamte Begrifflichkeit von entscheidendem Belang. Sanguiniker oder Materialisten (oder Ringende) sind genußmotiviert und Choleriker oder Helden und Melancholiker oder Philosophen durch die Befreiung. Ersteres ist trivial, letzteres die Folge davon, daß sowohl Choleriker als auch Philosophen durch ihre Stimmung motiviert sind, jedenfalls meinen letzten Äußerungen zu diesem Thema nach.

An dieser Stelle ist es natürlich verlockend, die Choleriker statt dessen als nachkommensmotiviert zu definieren, aber das ist ein Irrweg, denn darin werden sie sich nicht von den Melancholikern unterscheiden. Vielmehr sind Choleriker und Melancholiker beide als nachkommens- und befreiungsmotiviert zu bezeichnen, wobei die genaue Gewichtung keine sonderlich große Rolle spielt. Was sich allerdings sagen läßt ist, daß es Suchende nicht so mit dem Nachkommen haben werden wie Achtende und Versuchende, also stimmungshöriger sind.

Letzteres beinhaltet natürlich auch eine Aussage zu meinem Konzept des geistigen Alters. So, wie es sich jetzt darstellt, besteht geistiges Alter lediglich in funktionalem geistigen Alter, also darin, im Zykel der Achtsamkeit und Willkür vorangeschritten zu sein.

Das ist natürlich, wenn man es mit dem geistigen Alter und der Entwicklung der Seelen im Laufe der Generationen ernst meint, nicht befriedigend. Der Fortschritt wäre in allen Zykeln zu erwarten. Und soweit es den Zykel der Ordnung und Mischung betrifft, ist es auch kein großes Problem, weil der dortige Fortschritt schlicht in der Verbesserung unserer Fähigkeiten bestehen sollte. Aber was den Zykel der Verbindung und Auflösung betrifft, dort wäre der Fortschritt so etwas wie Erhabenheit. Und in dem Sinne könnten Suchende durchaus alt sein, was auf allerlei undankbare Fragen führt, deren aufdringlichste wohl die ist, warum es so sein sollte, daß ein Menschenschlag auf eine und ein anderer Menschenschlag auf eine andere Weise geistig altert, der eine von immer erhabenerer Haltung und der andere von immer mehr angemahnten Erwartungen.

Nun denn, weder will ich diese Fragen an dieser Stelle weiterverfolgen, noch sagen, daß sie nicht weiterzuverfolgen sind.

Abschließend möchte ich mich mit den kulturellen Verkörperungen dieser drei Motivationen als solcher befassen, also nicht mit ihren kulturellen Auswirkungen, sondern mit kulturellen Artefakten des Genusses, des Nachkommens und der Befreiung.

Soweit es den Genuß betrifft, ist es natürlich nicht weiter schwierig auf sein Artefakt, das Genußmittel, zu kommen. Beim Nachkommen ist es nicht ganz so offensichtlich, aber andererseits führt auch kein Weg am Monument vorbei. Das Artefakt der Befreiung schließlich ist das Kunstwerk, so es diesen Namen verdient.

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Erwartungen, Interessen und Transzendenz im allgemeinen

Eine Nummer Uri Gellers bedenkend - Schau mir in die Augen, Kleines, und sag mir ob ich gerade an ein Dreieck, ein Quadrat, eine Welle oder einen Stern denke! - kam mir der Verdacht, daß sich die transzendenten Akte des Interesses dadurch vollziehen, daß wir dazu ermahnt werden, einer bestimmten Erwartung nachzukommen.

Um bei Gellers Fall zu bleiben, ich hatte mich, als er die Formen aufzählte, bereits auf das Quadrat festgelegt, und war nun gewillt, stur daran festzuhalten, doch dann stieg plötzlich der Gedanke in mir auf, daß es wohl von mir erwartet würde, das zu wählen, was sich beim Anblick von Gellers blitzend in die Kamera starrenden Augen als erstes anböte, und das war natürlich der Stern, denn schließlich konnte man in seinen Augen sternförmige Lichtreflexe sehen.

Nicht das beste Beispiel eines transzendenten Aktes, und doch ist es eines, denn es war Gellers freundlich auffordernder Gesichtsausdruck, welcher mich auf diesen Gedanken brachte.

Ein bloßes: Hey, spiel mit!, aber so ist es ja doch mit allen Interessen, ob es sich dabei um Flucht und Jagd, Lenkungsinteressen oder sonstige handelt. In allen Fällen werden wir dazu ermahnt, einer Erwartung nachzukommen, auch wenn wir uns unvermittelt umdrehen, weil wir das Gefühl haben, beobachtet zu werden, in welchem Fall die Erwartung schlicht darin besteht, wachsam zu sein. Und genau diese Erwartung drängt einem der einen Anstarrende auch auf: Sei wachsam! oder vielleicht genauer noch: Erinnere dich daran, daß du wachsam sein solltest!

Die moderne Psychologie nennt es wohl Suggestibilität, aber was sie dabei verschweigt ist, daß Suggestionen nicht auf sinnlichem Wege kommuniziert werden. Auch in Gellers Fall letztlich nicht, wenngleich man es da denken kann, weshalb ich den diesbezüglich eindeutigen Fall des unvermittelten Umdrehens aufgebracht habe.

Übrigens liegt es offenbar daran, welche Erwartungen jemand von sich hat, ob man ihn zu etwas hypnotisieren kann oder nicht. Ich bin stark geneigt anzunehmen, daß sich Achtende und Versuchende weit besser hypnotisieren lassen als Suchende oder Ringende, in Folge dessen letztere beiden in modernen Gesellschaften auch immer etwas renitentes an sich hätten.

Aber Hypnose ist im allgemeinen kein glücklicher Begriff, weil darin einerseits die Vorstellung eines Zwanges dominiert, während es sich in Wirklichkeit eher um Verträge handelt, und zum zweiten, weil sie auf Exotisches gelenkt wird und die meisten transzendenten Akte des Interesses ganz alltäglich sind.

Kommen wir nun aber zu etwas gänzlich nicht alltäglichem. Wie gesagt besitzen wir unter anderem auch eine Erwartung der transzendenten Akte selbst oder jedenfalls einige von uns. Aber wer oder was ermahnte uns zu ihnen? Und was für ein transzendenter Akt des Interesses wäre diese Ermahnung?

Interesse besteht ja stets an einem Interaktionsmuster, und Interaktionen bestehen zwischen verschiedenen Akteuren.

Es ist einer oder mehrere dieser (anderen) Akteure, welcher einen zu einem bestimmten Interaktionsmuster ermahnt.

Unter welches Interaktionsmuster aber fallen die transzendenten Akte als solche?

Nun, ich sprach davon bruchstückhaft im Beitrag zu Leere und Fülle, unsere Seinsangst ist ein Zustand des ungestimmt Seins, gestimmt fällt sie von uns ab.

Und wie ich gestern festhielt, handelt es sich bei Angst um die Warnung, nicht genügend vorbereitet zu sein. Wenn wir nicht gestimmt sind, sind wir also nicht genügend vorbereitet. Vorbereitet auf was?

Vorbereitet auf die transzendenten Akte, durch welche wir die Welt ja selber stimmen, wie ich es in den letzten Beiträgen über die drei Zykeln ausführlich beschrieben habe.

Damit ist aber das Transaktionsmuster der transzendenten Akte selbst erfaßt, es besteht schlicht darin, daß uns einerseits die Kräfte, welche die Welt hervorbringen, formen und andererseits wir sie. Wir tun dies auf unterschiedlichen Ebenen, eben der kausalen, funktionalen und intentionalen, wobei wir im Sinn aufsteigen, je höher die Ebene, desto sinnvoller die Formung. Unsere Form manifestiert sich dabei in den geistigen Horizonten. Indem wir in diesen wieder aufsteigen, übernehmen wir zunächst Verantwortung für sie und werden dadurch würdig, die Welt auf die jeweilige Weise zu stimmen.

Damit wäre das Transaktionsmuster der transzendenten Akte geklärt, unsere Rolle in ihm ist die Wahl zwischen dem Fortschreiten in einem Zykel oder seiner Zurücksetzung, aber wer oder was ist oder sind dann der oder die anderen Akteure, welche uns zu den transzendenten Akten ermahnen?

Die Ideen selbst können es nicht sein, da es eine allgemeine Ermahnung zu transzendenten Akten ist. Es muß etwas noch über ihnen sein. Das Eine selbst, welches alles ist.

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6. April 2012

Vom Widerwillen

Ich sprach zuletzt einige Gefühle an, Enttäuschung, Scham, Erleichterung, Ermahnung und Stimmungen.

Stimmungen stehen, wie bereits vor einigen Jahren festgehalten, mit unseren Haltungen in Verbindung, derart, daß sie uns Aufschluß darüber geben, wie zufrieden wir mit unserer Haltung sind. Und da wir kein rationales Kriterium dafür besitzen, was eine gute Haltung ist, erscheinen uns die Stimmungen als etwas über uns hinaus weisendes.

Aber sie sind nicht die einzigen Gefühle, welche mit unseren Haltungen in Verbindung stehen. Ebenfalls mit ihnen in Verbindung steht unser Widerwille, welcher sich zum Beispiel in Angst, Wut und Reue bemerkbar macht.

Er entsteht, wenn wir unserer Haltung zuwider handeln, also, um bei den vorigen Beispielen zu bleiben, wenn wir uns schlechter vorbereiten, als wir es uns vorgenommen hatten, es also an Vorsicht mangeln lassen, wenn wir etwas geschehen lassen, welches zu verhindern, wir stolz auf uns sein zu dürfen glaubten oder etwas taten, welches nicht zu tun, wir stolz auf uns sein zu dürfen glaubten.

Wenn man diese Definitionen von Angst, Wut und Reue liest, so bemerkt man vielleicht eine gewisse Überschneidung, aber das ist kein Fehler, denn Angst kann durchaus in Wut umschlagen, wenn das Versäumnis sich vorzubereiten sich aktualisiert und Wut in Reue, wenn es sich zeigt, daß der Wutausbruch nicht (oder nicht nur) zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat.

Nein, es geht mir hier nicht um Zeitgeschichte, ich weiß auch nicht, wie sie sich hier einschleichen konnte.

Diese Gefühle nun können wir natürlich vollständig als unseren Widerwillen, von unserer Haltung abzuweichen, erklären. Und also sehen wir sie nicht als etwas an, was über uns hinaus weist, sondern als uns selbst innewohnend. Ich nannte sie zuvor Emotionen, ohne ihre Beziehung zu unserer Haltung zu erkennen. Ebenso wie die Stimmungen sind sie Teil unseres Gemüts, werden von ihm aber nicht nur in Abhängigkeit von unserer Haltung hervorgebracht, sondern auch in Abhängigkeit von unserem Erleben.

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5. April 2012

Metaphorische Umschreibung unseres Selbstverständnisses

Zu meinem Erstaunen habe ich feststellen müssen, daß ich bisher eine Art von Erfassungen (fast) vollständig ignoriert habe, nämlich die Erwartungen (einschließlich der Befürchtungen). Dabei spielen diese eine ähnlich große Rolle wie die Haltungen. Und wie unser Wille sich zu unserer Haltung durch unsere Stimmung äußert, so äußert er sich zu unseren Erwartungen durch die Gefühle der Enttäuschung, welche, wenn sie uns selber gilt, als Scham empfunden wird, oder der Erleichterung, falls die Erwartung abgeschlossen wurde, oder durch das Gefühl der Ermahnung, falls sie erst anbrach.

Interessanterweise ist uns gerade bei den Gefühlen der Scham und Ermahnung unsere Verbindung zu Gott besonders bewußt, wobei wir die Ermahnung als Wink des Schicksals empfinden, wenn wir bei ihr etwas von uns selbst erwarten.

Das Gefühl, dieses alles sei nicht real, es müsse noch etwas anderes geben oder irgendetwas ganz anderer Art könne geschehen, ist nichts anderes als die Erwartung transzendenter Akte. Es bestünde kein rechter Grund, so etwas zu erwarten, wenn es so etwas nicht gäbe. Schließlich weisen uns unsere Instinkte den Weg.

Unser bewußtes Erleben gleicht der Bahn der Erde um die Sonne. Wir sehen, daß wir vorankommen, aber wir ahnen nur, daß wir bei jedem Schritt etwas von der geraden Linie abweichen und uns zur Sonne hin bewegen.

Wir spüren ihre Schwere in den Drohungen unserer Erwartungen, ihre Wärme in unserer Stimmung und ihre gebietende Gewalt in den transzendenten Akten.

Das ist uns der dunkle Teil unseres Ichs, unser Wille und hinter ihm Gott. Er zeigt sich uns als Ermahner zu unserem Schicksal, als Spender aller Glückseligkeit und als Schöpfer alles Seienden.

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3. April 2012

Lebensgefühle des Durchlaufens der drei Zykeln

Ein Mensch, welcher im Zykel der Ordnung und Mischung voranschreitet, sorgt nicht nur dafür, daß seine Umwelt seinen Vorstellungen entspricht, sondern betrachtet sich auch selbst unter dem Aspekt des Entsprechens, arbeitet also an sich.

Wer hingegen im Zykel der Achtsamkeit und Willkür voranschreitet, verbringt die meiste Zeit damit, den vermeintlichen Vorstellungen seiner Mitmenschen nachzulaufen, in der Hoffnung dadurch Teilhabe zu erlangen.

Nun mag man einwenden, daß es zu den Vorstellungen der Mitmenschen gehören mag, daß man an sich arbeitet, aber subjektiv würde diese Arbeit unterschiedlich empfunden, einmal unter dem Druck, den Anforderungen zu genügen und das andere Mal unter dem Druck, seinen Teil beizusteuern.

Und wer im Zykel der Verbindung und Auflösung voranschreitet, ist schlicht anhänglich.

Es fällt auf, daß wir in unserer Kindheit zunächst im oberen Zykel voranschreiten, dann im mittleren, wenn wir beginnen mit anderen Kindern zu spielen, und schließlich im unteren, wenn wir anfangen, uns beweisen zu wollen, daß wir erwachsen sind.

Natürlich ist ein Voranschreiten in einem höheren Zykel nicht möglich, ohne zugleich auch in den niederen Zykeln voranzuschreiten. Die vorangegangene Aussage ist also so zu verstehen, daß unser bewußter Fokus auf der entsprechenden Ebene liegt oder, anders ausgedrückt, daß wir uns zunächst um das große Ganze kümmern und dann im Laufe der Zeit in die Einzelheiten hinabsteigen.

Nachdem wir also hinabgestiegen sind, schließt sich indes bei manchen ein Wiederaufstieg an, welcher sich dadurch auszeichnet, daß wir uns der unterschiedlichen Ebenen als solcher bewußt werden und damit zugleich die Fähigkeit erwerben, den entsprechenden Zykel zurückzusetzen.

Außerdem erlangen wir zusätzliche Lebensgefühle, nicht des Voranschreitens, sondern der Bereitschaft zur Zurücksetzung, welche sich einstellt, wenn uns unser Leidenswille nicht weiter in den Zykeln vorantreibt.

Die Bereitschaft zur Zurücksetzung des Zykels der Ordnung und Mischung äußert sich als Freigiebigkeit und die Bereitschaftschaft zur Zurücksetzung des Zykels der Achtsamkeit und Willkür als Neigung zur Ermunterung.

Die Bereitschaft zur Zurücksetzung des Zykels der Verbindung und Auflösung schließlich zeigt sich als Überdruß an irdischen Dingen, Schmerzunempfindlichkeit der Begrenzung des eigenen Schicksals gegenüber und herzliche Freude über die Entstehung und Verkörperung der Ideen.

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2. April 2012

Ein Nachtrag zu den drei Zykeln und den transzendenten Akten

Ich hatte behauptet, daß die transzendenten Akte, welche aus Standhaftigkeit und Interessen entspringen, nichts mit den drei Zykeln zu tun hätten, oder jedenfalls ließen sich meine Worte so verstehen.

Nun, natürlich haben sie als transzendente Akte, welche immanente Akte begleiten, etwas mit dem Zykel der Ordnung und Mischung zu tun, da alle immanenten Akte in ihm voranschreiten. Ob dabei die Konzentration auf den eigenen Erfolg tatsächlich dazu führen kann, daß die Sonne zwischen den Wolken hervorbricht oder ob wir das vielmehr unbewußt ahnen und dadurch optimistischer werden, möchte ich nicht endgültig entscheiden, da die Beweislage dort nicht die beste ist, wiewohl ich dazu neige, dort Transzendenz anzunehmen.

Zum anderen haben unsere Interessen aber auch etwas mit dem Zykel der Achtsamkeit und Willkür zu tun, denn offenbar ist es so, daß uns diese Interessen zur Achtsamkeit hinziehen, indem wir sie zu festen Bestandteilen unserer Leben machen.

In diesen beiden Arten transzendenter Akte drückt sich also unser natürlicher Wille aus, unsere Menschlichkeit, während die übrigen drei ihnen als unsere Göttlichkeit, wenn man es so nennen will, entgegenstehen.

An dieser Stelle liegt es natürlich nahe, darauf zu spekulieren, daß es noch eine dritte Art menschlicher transzendenter Akte gibt, aber ich sehe nicht recht, wie diese als solche erkennbar wären, da sich im Zykel der Verbindung und Auflösung das natürliche Fortschreiten in unserem Geist vollzieht, abgesehen von der Fortpflanzung, und allzu oft wird man nicht Gelegenheit haben, transzendente Akte während dieser zu studieren, wobei ich die Fortpflanzung ja sowieso schon als einen transzendenten Akt der Bedrägung und Hilfe ansehe, des Erfolgs, mit welchem also ein transzendenter Akt der Bejahung der besten Teile beider Eltern einhergehen müßte. Nun, es mag so sein, aber die Beweislage ist wiederum nicht die beste, und auch wenn ich mir gestatten mag, daran zu glauben, werde ich doch deswegen nicht diesen Akt zu den übrigen hinzufügen.

Eine andere Möglichkeit der menschlichen Transzendenz im Zykel der Verbindung und Auflösung bestünde in der Übertragung der eigenen geistigen Verbindung auf andere, aber das ist auch schwer zu erfassen, und selbst wenn es erfaßt würde, ist es ja zumeist nicht klar, in wiefern die Übertragung immanent und in wiefern sie transzendent gewesen ist. Daß es hin und wieder zu gezielten derartigen Übertragungen kommen kann, mag ich glauben, aber daß die Übertragung von Verbindungen ein grundlegender transzendenter Mechanismus ist, nicht, denn das stünde im Widerspruch dazu, daß alles nach seiner Art ist.

Wahrscheinlich habe ich in den religiösen Ahnungen und Täuschungen sogar schon ein Phänomen angesprochen, welches sich nur auf diese Weise erklären läßt, nämlich das transzendente Zusammenspiel im Rahmen der Lösung mit einander verbundener Probleme. Formal handelt es sich dabei natürlich um ein Interesse, aber es ist doch fraglich, ob es sich substantiell auf der Ebene abspielen kann, denn es ist ja in dem Fall kein feststehendes Muster, welchem alle Seiten zustimmen, sondern eben die Auseinandersetzung mit einer oder mehreren verbundenen geistigen Störungen.

Nun, vielleicht sollte ich an dieser Stelle diese angenommenen transzendenten Akte einmal versuchsweise als Verbindungen bezeichnen, wobei ihre Not die Unvollkommenheit ist und die Stellung zu ihr als Anschlußbereitschaft bezeichnet sein möge.

Wie diese Akte in der Klassifikation der verschiedenen transzendenten Akte von den Austauschen aus Interesse unterschieden werden können, habe ich bereits im vorletzten Absatz geschildert.

Wenn man die transzendenten Akte der Verbindung (nicht zu verwechseln mit den Verbindungsinteressen) konsequent annimmt, wird man auch noch das fünfte Gebot in zwei Untergebote aufspalten müssen, also sich einmal auf Formen des Zusammenspiels mit anderen einzulassen und ein anderes Mal auf den Geist (oder die Gene) anderer.

Nun denn, vielleicht ist es besser, die Unterscheidung zwischen Formen des Zusammenspiels und Verbindung von Geistern (und Genen) zu machen. Mag auch sein, daß bei der Fortpflanzung menschliche transzendente Akte in allen drei Zykeln zugleich stattfinden. Nein, das ist zu vorsichtig ausgedrückt, Drang, Zusammenspiel und Wertschätzung kommen definitiv zusammen, wenn die Angelegenheit als gelungen bezeichnet werden kann.

Die Erkenntnis und das Schätzen anderer Geister als dem eigenen, einschließlich dem Schätzen einer bestimmten politischen Verbindung ihrer, beruht hingegen nicht auf transzendenten Akten, sondern schlicht auf Dialektik und dem eigenen Geschmack. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei diesen politischen Interessen aber um mächtige Wirkkräfte.

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