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28. Mai 2012

Über das Numinose

Dem ursprünglichen Wortsinn nach handelt es sich beim Numinosen schlicht um die transzendenten Akte des Interesses oder auch um jene des Fortschreitens im funktionalen Zykel.

Heute allerdings wird das Wort anders gebraucht, es bezeichnet den Wahn, daß das Bekannte fremd sei, daß sich in ihm etwas zeige, was dort nicht hingehöre. Mit anderen Worten verstehen wir heute unter dem Numinosen die Gegenwart eines bösen Geistes oder ähnliches.

Mag sein, daß sich darin ein Gesetz ausdrückt, daß jeder rechte Glaube mit der Zeit, wenn man ihn den Menschen ohne Priestern überläßt, zu Aberglauben wird. Aber davon möchte ich hier nicht handeln.

Das Numinose wird beschworen, planmäßig. Davon möchte ich handeln.

Ich erwähnte es bereits beiläufig in meinem Beitrag über Desinformation, aber angesichts meiner jüngsten Erfahrungen fühle ich mich verpflichtet, es noch einmal eindringlicher zu beschreiben.

Wer kennt ihn nicht, diesen Moment in einem Hercule Poirot Krimi, in welchem man beginnt, selbst die unmöglichsten Möglichkeiten als möglich zu erwägen. So ungefähr nach 2/3 der Geschichte. Wenn sich plötzlich Abgründe auftun, man all die Urteile, welche man bisher darüber gefällt hat, wer als Täter nach den Regeln des Poirot Krimis ausscheidet, beiseite legt, und man sich gänzlich anderen Erklärungen zuwendet. Abseitigen Erklärungen. Teuflischen Erklärungen.

Wie bekannt wäre Agatha Christie ohne diese Momente geworden?

Momente, welche oberflächlich realistische Geschichten in vollkommene Schauergeschichten verwandeln, wo alles Bekannte fremd geworden ist, und das ganz ohne stichfeste Anhaltspunkte.

Darin liegt ihr wesentliches Talent, sicher nicht in ihrem Stil oder in ihrer Handlungsgestaltung, wo man sich ja fragt, wie oft man auch in diesem Buch wieder “all right“ in adverbialer Bedeutung lesen muß oder auf welche unmögliche Weise Miss Marple wieder ins Geschehen verwickelt wird.

Nun, Agatha Christie ist nicht die einzige, welche ein Interesse daran hat, ihr Publikum in einen solchen Zustand äußerster Unschlüssigkeit und Offenheit zu versetzen.

Wir kennen es doch alle, oder jedenfalls viele von uns, daß man oftmals mit einem diabolischen Lächeln Leute zu Dingen bewegen kann, welche sie für gewöhnlich nicht täten.

Das funktioniert kultur- und geschlechtsübergreifend, weder ist es eine spezifische Schwäche von Frauen, noch eine von Christen, davon ausgehend, daß der Teufel der Herr dieser Welt wäre.

Nein, jeder Mensch läßt sich verunsichern. Und nicht wenigen kommt das zupaß.

Insbesondere liegt es seit Urzeiten im Interesse der Führung ihre Unterstützer zu verunsichern. Dann stellen sie weniger Fragen. Dann fordern sie weniger Gegenleistungen für ihre Unterstützung.

Wenn also ein Präsident seinen Vereinsmitgliedern etwas zuraunt, dann zumeist schlicht deswegen, weil er seine Stellung festigen will.

Worauf die lange Vorrede zielt? Nun, auf Desinformation. Ich erschrak dann doch, als ich auf Henry Makow's Internetseite Photos sah, welche beweisen würden, daß die Zwillingstürme durch den Einsatz einer Geheimwaffe, welche einen vermeintlichen Hutchinsoneffekt militärisch ausnützten, buchstäblich pulverisiert wurden.

Daran ist aber alles Kokolores. Ich habe nicht 15 Minuten gebraucht, um die Originalphotos zu finden, welche mit Photoshop bearbeitet wurden. Aber mit Blick auf Hutchinson und seine Experimente muß man doch etwas höchst Unangenehmes festhalten. Das Militär hat ihn nicht nur eine Weile für sich arbeiten lassen, ohne Ergebnisse, was ja nicht weiter bemerkenswert wäre, nein, seitdem hält es selbst die Legende am Leben, daß da doch irgendetwas war, mit der Folge, daß Hutchinson auch in Deutschland und Japan Experimente ohne Ergebnisse anstellen durfte.

Offenbar hat es das Militär nicht aus dem Grund getan, aber einen Grund hatte und hat das amerikanische Militär es zu tun, nämlich den Glauben in der amerikanischen Bevölkerung an Wunderwaffen zu nähren.

Wer würde Photos fälschen, um zu beweisen, daß Hutchinson's angebliche Effekte militärisch verwertbar sind?

Was ist das eigentliche Ziel? Diejenigen lächerlich zu machen, welche glauben, die Zwillingstürme seien so zum Einsturz gekommen?

Aber ich bitte Sie, wozu? Das lohnt doch gar nicht. Es gibt hier viel mehr zu gewinnen, nämlich das Numinose in die Welt zu bringen und damit eine totale Unschlüssigkeit und Offenheit der Bevölkerung.

Es gibt auch eine South Park Folge zum Thema.

Um es noch einmal ganz klar zu sagen, Geheimdienste verbreiten Verschwörungstheorien nicht, um Einfluß darauf zu nehmen was diskutiert wird, sondern um Einfluß darauf zu nehmen, was in der Diskussion als Fakt akzeptiert wird. Es geht ihnen genau wie Agatha Christie darum, das Urteil ihres Publikums in seinen Grundfesten zu erschüttern.

Und auch jeder andere, welcher sich numinos äußert, also Bekanntem einen fremden Beigeschmack gibt, zielt genau darauf.

Ich tue das auch, oft genug, es ist letztlich ein ganz normaler Bestandteil der Rhetorik, hin und wieder etwas drohend erscheinen zu lassen und die Festigkeit des Urteils des Publikums auf die Probe zu stellen. Nur wie bei allen Dingen gibt es ein rechtes Maß und zurzeit wird es überschritten, mit der Folge, daß eine allgemeine Verunsicherung darüber erzeugt wird, woran man sich halten kann.

Und das ist die eigentliche Absicht, das eigentliche Ziel der ganzen Angelegenheit.

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