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9. März 2014

Ignatius von Loyola: Geistliche Übungen (die ersten beiden Wochen)

Es kann nicht schaden, Loyolas Überzeugungen unter die Lupe zu nehmen.

Ich werde mit den Urteilen beginnen, und unter ihnen wiederum mit jenen, mit welchen ich nicht übereinstimme.

1. Daß es drei Zeiten gebe, in welchen sich eine richtige und gute Wahl treffen läßt.

Es gibt ihrer nur zwei, nämlich wenn einen entweder Instinkt oder Einsicht bewegen. Wer in der so genannten ruhigen Zeit versucht, sich künstlich Einsicht oder Instinkt zu erwecken, dem mag dies zwar mit Glück auch gelingen, aber um so unwahrscheinlicher, je wichtiger die Frage für ihn ist und je mehr er bereits über sie nachgedacht hat. Wenn er also dann zu einem Ergebnis kommt, so handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine unreife Frucht.

2. Daß es drei Arten von Demut gebe.

Wiederum, es gibt ihrer nur zwei, und diese sind ebenfalls Ergebnisse der Reife. Wer sich über sein Wesen noch im Unklaren ist, der kann sich nur durch Willenskraft der Todsünden enthalten, und nur wer eine ihm genügende Klarheit seines Wesens erlangt hat, verspürt keine Neigung zu läßlichen Sünden mehr.

Es ist sogar schädlich, seine begehrende Natur zum Gegenteil ihrer natürlichen Begierden zu erziehen. Daß uns hin und wieder die Augen übergehen, wenn wir uns auf es besinnen, ist kein Aufruf, sondern Verheißung.

Hingegen stimme ich mit dem folgenden Urteile überein, daß der Teufel sein Werk über Reichtum, dafür empfangene Ehren und daraus resultierendem Hochmut in die Welt setzt. Ich habe es etwas anders beschrieben, aber darum dreht sich der Komplex Heldenproblem im wesentlichen, also um das Verderben der Ehre.

Es ist allerdings problematisch, durch simple Invertierung eine Gegenstrategie zu entwickeln, denn wenn es auch zweifellos stimmt, daß ein Streiter Jesu arm, geschmäht und verachtet und demütig ist, so stellt sich einerseits die Frage nach der Kausalität, welche mir Demut führt zu Schmach und Verachtung und jene zu Armut zu sein scheint, ersteres deshalb, weil in der Demut der Anspruch liegt, sie zu teilen, und andererseits liegt in der Reziprozität der Schmähung und Verachtung, selbst wenn die Kausalität die von Loyola behauptete wäre, ein unauflösliches Paradox, denn indem die katholischen Spanier beispielsweise die protestantischen Niederländer schmähten und verachteten, weil diese sich ihrer Meinung nach nicht genügend nach Schmähung und Verachtung sehnten, hätten sie diese in ihrem Protestantismus geheiligt.

Diese Beziehung ist im übrigen durchweg eine gänzlich verdrehte. Es ist offensichtlich, daß Loyola versucht hat, Katholiken durch seine geistlichen Übungen das zu geben, woran es ihnen im Vergleich zu den Protestanten mangelte, nämlich Ernsthaftigkeit. Und damit hat er recht eigentlich versucht, Gott dazu zu bringen, den Papst anzuerkennen. Gemäß seiner eigenen Beschreibung der beiden Fahnen kämpft er für den Teufel, wobei ich nicht davon ausgehe, daß er das selbst so gesehen hat.

Nichtsdestotrotz, wie verdreht auch immer seine subjektive Perspektive war, das Vorhaben, die Katholiken ernster und die Protestanten unernster zu machen, ist de facto das Rezept zur Herbeiführung der Endzeit gewesen.

Und was diese betrifft, Loyola zeigt Anzeichen der Ablehnung der körperlichen Existenz als solcher, es geht ihm nicht darum, die Lebensbedingungen zu verbessern, sondern darum, die Form menschlicher Existenz, welche wir kennen, hinter uns zu lassen. Der Gedanke geht auf Paulus zurück, biblisch ist er also. Aber er ist auch bescheuert, wie Schopenhauer zu Recht bemerkt hat: unser Intellekt ist das Spiegelbild der Welt in welcher wir leben, und umgekehrt. Eine weltlose Existenz ist, wenn man unseren Existenzbegriff zu Grunde legt, ein Ding der Unmöglichkeit.

Was läßt sich diesbezüglich vernünftigerweise von uns wünschen? Nur eines, nämlich daß Gott unsere Gebete erhört.

Loyolas Verachtung in dieser Frage war indes nicht stark genug ausgeprägt, um bewußt die Hölle auf Erden herbeiführen zu wollen, damit möglichst viele Menschen das himmlische Jenseits wählen, aber unbewußt mag dieser Punkt durchaus eine Rolle gespielt haben, wozu man sagen muß, daß der transzendente Mechanismus auch genau so funktioniert.

Es ist schon seltsam, wie Menschen die Grundlagen für Entwicklungen legen, deren Ziele sie allenfalls erahnen.

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