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4. Oktober 2022

Zur Janusköpfigkeit des systemimplementierten Schlaraffenlands

Jetzt habe ich eine ganze Reihe von Beiträgen über den e-c-Akkord der abendländischen Geschichte geschrieben, aber wirklich präsent ist seine Bedeutung bisher nicht geworden.

Beginnen wir mit der Bedeutung von Implementation. Implementieren bedeutet, etwas auf der Basis oder im Rahmen von etwas anderem entstehen zu lassen, etwa ein Computerspiel auf einem bestimmten Computermodell.

Wenn ich also von systemimplementiert spreche, so meine ich die Realisierung auf der Grundlage des historisch gewachsenen sozio-ökonomischen Systems.

Seit Karl Marx gewinnt die Meinung an Zustimmung, daß es jetzt weniger darauf ankäme, unsere technischen Mittel weiter zu entwickeln, als darauf, sie zielgerichtet einzusetzen, und seit der Einführung des Internets sehe ich auch keine menschendienliche Entwicklungsperspektive mehr. Vielmehr sehe ich, wie sich das System gegen menschendienliche Internetanwendungen stellt, etwa am Beispiel von Google Maps, welches der Menschheit einst gestattete, sich anhand von von ihr beigesteuerten Photos vor Augen zu führen, wie schön die Welt ist, nur daß die Finanzierung dieser Infrastruktur nicht ins System paßte.

Dennoch kam es im kapitalistischen Westen bis 2020 nicht zum offenen Bruch mit dem Prinzip, daß jeder im Stillen zur Verbesserung unserer technischen Möglichkeiten beitrage, und die Allgemeinheit, gleichfalls schweigend, sich an dem erfreue, was ihr der Fortschritt schenkt.

Dann aber, im Frühjahr 2020, brach sich das Prinzip, daß die Beteiligung an einem politischen Ideal wichtiger sei, als persönlich seinen Idealen treu zu bleiben, erstmals im kapitalistischen Westen praktisch Bahn, und seitdem ist es dabei geblieben und wird auch dabei bleiben, weil Marxens Meinung, daß nun endlich die Zeit für's Schlaraffenland gekommen sei, längst Mehrheitsmeinung ist.

Nur sind wir im kapitalistischen Westen natürlich zu vorsichtig, um an das, was sich bewährt hat, Hand zu legen, und daraus folgt zwangsläufig, was wir gegenwärtig beobachten, nämlich die Arme des Systems allerorten schlaraffisch einzuspannen. Und darin liegt die Janusköpfigkeit,
  • einerseits wird nun alles am Schlaraffenland gemessen, und kein anderes Ideal vermag sich Gehör zu verschaffen, doch
  • andererseits diktiert die Sachlogik des Systems alle Entscheidungen, und sie ist für alle ideellen Erwägungen taub, da sie auf bereits versteinerten Idealen beruht.
Und weil dies so ist, weil sich die Gegenwart paradiesisch schmückt, doch über die Zukunft nach fanatischen Formeln entschieden wird, ist es so wichtig, die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und insbesondere unserem Schicksal durch mit einander rivalisierende Prophezeiungen zu ersetzen, welche bewirken, daß wir uns nur noch im Nachhinein darüber Rechenschaft geben, was eingetreten ist und was nicht, und darüber vergessen, daß es unser Leben hätte sein sollen, was wir also kommentieren. Das prophezeie ich, mag sich jeder selbst ein Urteil darüber bilden, wodurch eine Prophezeiung den Boden des Lebens verläßt.

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