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14. Juni 2023

Jenseitsvorstellungen in ihrer Wirkung als Lageermessungstrichter

Ich sprach im drittletzten Beitrag etwas flapsig von Psychopathen, einen Begriff, welchen ich aus begriffslogischen Gründen ablehne, da eine leidende Seele eine gesunde ist und eine unempfindsame eine kranke, und also ziemt es sich, genauer zu erklären, was ich damit meinte.

Interessanterweise werden die verschiedenen Typen dieser sogenannten Psychopathen durch die Jenseitsvorstellungen der sie beherrschenden Kultur bestimmt, wobei das Psychopathische darin besteht, das sich in diesen Vorstellungen ausdrückende Herrschaftsprinzip unverschämt, also ohne Scham, es schlechter anzuwenden, und schamlos, das heißt ohne Scham, nichts eigenes zu schaffen, aufzunehmen.

Ich sprach im vorigen Beitrag davon, wie sich unsere Lageermessung entwickelt, wie wir beginnen,
  • unsere Verlegenheit,
  • die Gesetzmäßigkeiten und
  • den Stand der Kunst
zu verstehen, doch bevor wir das tun, sind wir also
  • arglos,
  • gutgläubig und
  • hilflos,
und die populäreren Jenseitsvorstellungen bauen darauf auf.

Bevor ich diese Untersuchung nun fortsetzen kann, muß ich zunächst ein paar Dinge zu ihrer besseren Einordnung erörtern.

Zum ersten, was die natürliche Jenseitsvorstellung ist, nämlich das zeitlich begrenzte Talent des irdischen Lebens einzusetzen, um in die jenseitige Existenz hinüberzuwachsen. Darin stimmen auch alle Hochreligionen überein, aber nur in ihren inneren Zirkeln, also unter jenen, welche sich für's Mönchdasein entschieden haben. Die jenseitige Existenz wird dann in etwa so gedacht, wie Christus Seine beschreibt, also den Vater zu bitten, jene zu erhören, welche in Christi Namen beten, was die katholische Kirche auf alle Heiligen verallgemeinert hat und George Lucas auf Obi-Wan Kenobi, aber die hinduistischen und buddhistischen Vorstellungen laufen auch auf nichts anderes hinaus.

Zum zweiten, worin die charakteristische Spannung zwischen Erziehung und Bevormundung besteht. Selbstverständlich
  • ebnen wir dem Arglosen den Weg,
  • lehren den Gutgläubigen und
  • helfen dem Hilflosen,
doch wenn es uns darum geht,
  • den Arglosen auf einem vorbestimmten Weg zu halten,
  • den Gutgläubigen auf vorbestimmte Lehren zu verpflichten und
  • dem Hilflosen durch vorbestimmte Mittel zu helfen,
so bevormunden wir sie, und dies geschieht durch die populäreren Jenseitsvorstellungen.

Den Arglosen wird durch Himmel und Hölle der Weg zu ihren höheren Aspirationen geebnet, indem sie angehalten werden, an das Gemeinwohl zu denken. Zugleich werden sie aber auch an die moralische Autorität der Geistlichkeit gebunden, und nach einer gewissen Zeit verstehen sie die Mechanismen, mit welchen die Geistlichkeit sie auf ihrer vorgesehenen Bahn hält. Und da es ihrer Natur widerspricht, so gehalten zu werden, werten sie das Vorgehen der Geistlichkeit als arglistig und beginnen womöglich, selber arglistig zu werden.

Diese Arglist, die erste Ausprägung der unverschämten und schamlosen Anwendung eines sich in einer Jenseitsvorstellung ausdrückenden Herrschaftsprinzips, sieht man indes nur bei Arabern, da sie die einzigen sind, welche heute noch an Himmel und Hölle glauben, und als sich die Europäer von ihnen abwandten, handelten sie zwar unverschämt, aber nicht schamlos, und äfften die Kirche nicht einfach nach, sondern ersetzten ihr Herrschaftsprinzip und ihre Jenseitsvorstellungen durch andere. Genauer gesagt betrachteten sie den Himmel nur als ein billiges Versprechen, welches sie durch diesseitige zu ersetzen trachteten, wozu es der Tatkraft bedurfte, welche sie durch die Vorstellung, daß es nichts außer diesem Leben gäbe, noch zusätzlich aufwerteten, doch dazu weiter unten mehr.

Den Gutgläubigen wird durch die Reinkarnation gelehrt, die Existenz als Mensch zu schätzen, wozu gehört, die Menschen nicht zu gängeln, sondern ihnen zur bestmöglichen Entfaltung ihrer Natur zu verhelfen, wiewohl diese natürlich als durch ihre Geburt an ihrer jeweiligen Stelle in der Gesellschaft bestimmt angesehen wird - abgesehen von jener der Mönche, wenigstens heutzutage.

Und jene Inder, welche diese Art des Lehrens unverschämt und schamlos für ihre eigenen Zwecke anwenden, sind Betrüger.

Und den Hilflosen wird durch den fürsorglichen Atheismus unter die Arme gegriffen, aber auch nicht, um sie schließlich eigenständig laufen zu lassen, sondern um sie als Zahnräder einzupassen.

Und jene Europäer, welche ihre Mitmenschen als hilflose Wichte betrachten, welche alles mit sich machen lassen, und entsprechend zynisch mit ihnen umspringen, unverschämt und schamlos die Methoden der politischen Wissenschaft nachäffend, sind Monster.

Also,
  • den Arglosen den Weg zu ebnen, bringt sie ihrer Verlegenheit auf sanfte Weise näher, aber es zu übertreiben, macht sie arglistig,
  • die Gutgläubigen zu lehren, bringt sie den Gesetzmäßigkeiten auf sanfte Weise näher, aber es zu übertreiben, macht sie zu Betrügern, und
  • den Hilflosen zu helfen, bringt sie dem Stand der Kunst auf sanfte Weise näher, aber es zu übertreiben, macht sie zu Monstern.

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