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4. September 2023

Die Reduktion des Geistes auf individuelle Potentialität

Geist ist die potentiale Anpassung des Ganzen an sich selbst, welche in Bewußtseinskapseln lokalisiert wahrgenommen wird.

Im Falle einer hypothetischen leblosen Kapsel (Don't Fear the Reaper), würde diese Anpassung schlicht als willkommene Veränderung empfunden werden, doch in allen lebenden Kapseln wird die Anpassung danach unterschieden, ob sie in die Kapsel ein- oder von ihr ausgeht, was den Willen des Lebens, sich zu erhalten, widerspiegelt.

Es gibt drei solche uns bekannte Kapseln, welche ich im Beitrag Die bisherigen vier Beschreibungsebenen aufgezählt habe,
  • die Ich-Kapsel,
  • die Gedankenkapsel und
  • die Rechtfertigungskapsel.
Die Ich-Kapsel setzt lediglich die Wahrnehmung der punktförmigen Zeit voraus, die Gedankenkapsel zusätzlich jene der linearen und die Rechtfertigungskapsel darüberhinaus jene der netzförmigen. Die hypothetische leblose Kapsel beruht selbstverständlich auf einer Umdeutung des Gedankens der Veränderung. Die Gedankenkapsel, welche der Rechtfertigungskapsel zugrunde liegt, ist um kategorische Gedanken erweitert, nämlich um
  • Erlebnisse, welche Zustände in ihnen auftretenden Verhältnissen nach erfassen,
  • Entsprechungen, welche von Zuständen zu sich analog verhaltenden Zuständen überleiten,
  • Verbindungen, welche Verhältnisse involvieren, insbesondere Wörter, und
  • Anstrebungen, welche Verhältnisse anstreben, im entlegendsten Fall absichtliche Verbindungen,
außerdem wird der innere Ablauf der Gedanken durch die Besinnungen in Form elementarer Anstrebungen verständlich.

Die Ich-Kapsel erlebt das Ein- und Ausgehen der Anpassung in der transzendenten Einheit des Seins, die Gedankenkapsel in jener des Lebenskreises und die Rechtfertigungskapsel in jener des Heils.

Das Eingehen bedeutet für
  • die Ich-Kapsel Überwältigtheit,
  • die Gedankenkapsel Aufgerufenheit zu einem Verhalten und
  • die Rechtfertigungskapsel Genötigtheit zu einer Haltung,
und das Ausgehen entsprechend
  • Überwältigen,
  • Aufrufen und
  • Nötigen.
Christus sagt zum Nötigen:
Doch darin freuet euch nicht, daß euch die Geister untertan sind. Freuet euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind.
und Johannes zur Genötigtheit:
So wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. So wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend.
Durch die Rechtfertigungskapsel hat Gott die Anpassung lokal potenziert: Zwar wird die Rechtfertigungskapsel durch das Heil genötigt und nötigt selbst durch Rechtschaffenheit, aber dies geschieht auf höherer Ebene, im Fokus der Rechtfertigungskapsel steht die Anpassung der eigenen Haltung an die Welt und der Welt an sie, so daß der Mensch jene Schöpfung Gottes ist, welche nicht an bestimmte Verhältnisse angepaßt ist, sondern sich dadurch auszeichnet, sich an beliebige Verhältnisse anpassen zu können, und dessen Wert also nicht in aktualer, sondern in potentialer Anpassung besteht.

Aufgrund dieser Potenzierung betrachtet sich der Mensch selbst als Geist, welcher das Ganze an sich anpaßt, was auch nicht falsch, aber unvollständig ist, wenn es den Geist des Ganzen leugnet, doch bevor ich zu den diesbezüglichen Pathologien komme und Johannes Worte etwas genauer ausführe, möchte ich eine weitere behandeln.

Indem der Mensch die Welt gestaltet, zwingt er sich zu variierendem Grade zur Anpassung an sein Werk, also dazu, seinen potentialen Generalismus, welcher seine Spezies auszeichnet, für die aktuale Anpassung des Tiers aufzugeben, und zu erheblichem, wenn er in Hierarchien eingebunden ist.

In Hierarchien eingebunden ist er insbesondere im Krieg, und das führt zu der Idee, ihn zu kontrollieren, um seine Menschlichkeit zu erhalten, aber die so entstehenden Imperien beruhen ihrerseits auf Hierarchien, und wenn sie verkrustet genug sind, sind sie nicht mehr in der Lage, sich schnell genug an die veränderten Bedingungen des Kriegs anzupassen, wie etwa China unter den Mandschus oder Spanien unter der katholischen Kirche.

Was sich hier zeigt ist die Erschöpfung des Menschen durch sein Werk, daß er, als potentiales Wesen, seinen Anpassungsvorteil verliert, wenn er sich aktual anpaßt. Um sich diesen zu erhalten, muß er in Frieden und Freiheit leben. Tut er das nicht, werden ihn jene, welche es tun, schließlich überwältigen, und alle Imperien sinnen folglich auch darauf, die ganze Welt zu beherrschen, nur daß es für sie wichtiger ist, kriegerische Menschen zu kontrollieren als friedliche, so daß sich natürlicherweise Oasen der Freiheit unter letzteren erhalten.

Es besteht also ein Gleichgewicht zwischen den Kräften der Rechtfertigungs- und der Gedankenkapseln.

Eine Strategie dieses Gleichgewicht zu stören, auf welche die Jesuiten verfallen sind, besteht darin, die Rechtfertigungskapseln davon abzubringen, sich nötigen zu lassen und ihre Sünden zu bekennen, sondern sich stattdessen auf ihre Freiheit als Menschen zu berufen. Sobald sie dies tun, können sie andere nicht mehr nötigen, in den Worten von Johannes
Wir wissen aber, daß Gott die Sünder nicht hört; sondern so jemand gottesfürchtig ist und tut seinen Willen, den hört er,
doch zugleich sind sie, nur weil sie der Nötigung nicht nachgeben, nicht gänzlich immun gegen sie, sondern richten sich langsam in ihrem halsstarrigen Festhalten an ihren Maximen zugrunde.

Derartige Halsstarrigkeit floriert heute durchaus, aber nicht die intendierte Selbstzerstörung bedroht uns, sondern eine weit entlegene Nebenwirkung: Weil die Selbstregulierung Freier durch das moralische Vorbild in Vergessenheit geraten ist, sind sie davon überzeugt, sich im Krieg behaupten zu müssen, und nicht anders erscheinen sie sich selbst als Maschinen, welche gleich ihnen zur autonomen Anpassung fähig sind, und fürwahr, jenen gleichen sie auch, nur daß sich jene nicht selbst zugrunderichten. Sie existieren nur auf der materiellen Ebene und können also nur überwältigt werden und wahrscheinlich nur durch materielle transzendente Akte.

Wohin die Menschen sich treiben!

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