Die humanistische Häresie
Ich habe im vorigen Beitrag Schopenhauers, Plotinos', P. K. Dick's und Abrahams Gottesverständnis erörtert, aber die meisten Menschen heutzutage hängen keinem von diesen an, sondern sind so genannte Humanisten, welche ich im folgenden näher beschreiben werde.
Der Grundgedanke des Humanismus' ist, daß das Gute seinen Ursprung im menschlichen Wesen hat. Wäre dieses Gute hochgradig individuell, so wäre es ihm zu nichts nütze, da es aber eine große gesellschaftliche Übereinstimmung hinsichtlich dessen gibt, was gut ist, läßt es sich sittlich verankern, also seine Förderung belohnen und seine Hinderung bestrafen.
Der Mensch übernimmt, indem er solche Sitten etabliert, die Rolle Gottes in P. K. Dick's Verständnis Seiner, das heißt er zügelt das (schopenhauersche) Buhlen des Menschen um Meinungsführerschaft durch ethische Normen und verwandelt es also.
Der Humanismus ist also eine Häresie des Schopenhauer-Plotinos'schen Denkens. Mit Abrahams ist er prinzipiell unvereinbar, da Individualität und Normativität sich ausschließen, also die Vorstellung, von Gott gehießen worden zu sein, von ihm als egotistische Anmaßung angesehen werden muß: Wir alle mögen ja unsere individuellen Vorstellungen haben, aber das sittlich Vereinbarte gilt.
Jetzt sind die Menschen natürlich keine Definitionen befolgenden Roboter, aber der Unterschied zwischen einem Gläubigen und einem Humanisten in dieser Frage läßt sich auch bei den einfachsten daran erkennen, daß sich der Gläubige die Sicht des Andern anhört, und wenn er meint, sie entspringe seinem aufrichtigen Bemühen, das Richtige ausfindig zu machen, wird er sie gewähren lassen, während der Humanist auf die Verbindlichkeit der Norm drängen wird.
Die Etablierung das Gute überwachender Sitten ist dem Humanisten die höchste Pflicht, welche jede Maßnahme zu diesem Zweck rechtfertigt. Freilich, anstatt das Gute in globalen Abstimmungen zu bestimmen, könnte es auch lokal situationsgemäß bestimmt werden, und dann näherten sich seine sozialen Verhandlungen zwischen Humanisten jenen zwischen Gläubigen an, doch bestünde dann eben keine vergleichbare Kontrolle und die Verantwortung für die Zügelung des Buhlens um die Meinungsführerschaft wäre wenigstens zum Teil an Gott abgetreten worden.
Was ihre Verfassung angeht, sind die Menschen freilich phlegmatisch und sehen höchstens darauf, daß ihnen kein Hindernis im Wege steht, so daß selber wohl eine Verfassung vereinseitigen können, aber sich ansonsten von einer sie zu ordnen beanspruchenden Gruppe verfassen lassen. Größtenteils ist dies in der europäischen Geschichte durch die katholische Kirche geschehen, und ich halte auch den Grundgedanken des Humanismus, sowie seine napoléonische Ausgestaltung für ihr Werk, Marx mag einige eigene Gedanken eingebracht haben, die Theorie des Korporalismus hingegen, welche den Faschismus vorbereitete, war wiederum ein katholisches Forschungsprojekt.
Es ist also gar nicht so gefährlich, Menschen unbeaufsichtigt zu lassen: Sie stehen sich doch nur gegenseitig auf den Füßen, aber selbst wenn es eine Fraktion von Humanisten geben sollte, welche dies als naturgesetzlich anerkennt und also gar nicht meint, ihre Kontrolle aufzugeben, wenn sie die Verhandlung des Guten lokal erfolgen läßt, müßte sie doch durch die heutigen technischen Möglichkeiten globaler Meinungsbildung aufgeschreckt werden und zunehmend selber zur globalen Kontrolle übergehen.
Betrachten wir also im folgenden den Humanisten reinen Wassers, um ihn einmal so zu nennen. Seine Verpflichtung zur Etablierung das Gute überwachender Sitten ist traditionsbildend, und Traditionen neigen aufgrund der fortgesetzten Umsetzungsfragen zur Aufspaltung. Eine wesentliche solche Aufspaltung unserer Zeit ist die in kulturelle Herrschaften, also in Erlebnis-, Repräsentations- und Willenskulturen., welche sich ja allesamt als das Gute überwachende Sitten etablierend verstehen, indes, und das möchte ich hier gleich dazu sagen, muß diese Etablierung nicht als vollumfängliche Pflicht verstanden werden, sondern wird es heute lediglich.
Wiewohl Humanisten das Gute aus der menschlichen Natur entspringend betrachten, sind sie weiterhin versucht, es durch Zurschaustellung zu kommunizieren, um es zu präzisieren, konkretisieren und verbindlich zu machen, aber auch dies führt wieder zu Aufspaltung, diesmal nicht in unterschiedliche Traditionen, sondern in Blöcke unterschiedlicher Vertraut- und Überzeugtheit mit, beziehungsweise von dem Guten, wobei ihr Grade umso höher sind, desto näher der Block der Regierung steht.
Außerdem werden Humanisten oftmals ein Gutes vorenthalten, um Normverletzungen zu bestrafen, ohne dabei einen Unterschied zwischen ideellen, sozialen und materiellen Gütern zu machen, was hingegen nur die Grobheit ihres Denkens beweist, also sich nicht zu fragen, was wie geteilt werden sollte, und statt dessen die Zurverfügungstellung jeglicher Güter normativ zu regeln.
Doch wiewohl diese Grobheit heutzutage weit verbreitet ist, möchte ich sie nicht voraussetzen und erwähne sie nur, um die heutigen Humanisten erkennbarer zu machen.
Da Humanisten nun also einerseits von Natur heterogen sind und andererseits unter einer ausufernden Kontrollpflicht stehen, wobei sie aufgrund ihrer Verleugnung ihrer Gehießenheit ihr ganzes Handeln auch nur als aus gleichrangigen Ansätzen wählend betrachten können, das heißt nichts ausschließen oder bevorzugen mögen, sind sie unfähig geworden, weiterhin das Gute vor dem In den Bann Ziehenden zu schützen, nämlich weil sie zu seinem Schutz selbst zunehmend in den Bann zu ziehen versuchen.
Es ist unmöglich, Gutes zu wirken, wenn alle Anstrengungen darauf gerichtet sind, Schlechtes zu verhindern. Der Humanismus zerbricht an seiner Anmaßung und seinem Mißtrauen. Dennoch ist er bisher gänzlich unangekränkelt von Selbstzweifeln. Alles, was bisher geschehen ist, ist, daß sich die Menschen weniger phlegmatisch verfassen lassen als bisher, eine notwendige Voraussetzung für weiteres, aber noch lange nicht hinreichend.
Der Grundgedanke des Humanismus' ist, daß das Gute seinen Ursprung im menschlichen Wesen hat. Wäre dieses Gute hochgradig individuell, so wäre es ihm zu nichts nütze, da es aber eine große gesellschaftliche Übereinstimmung hinsichtlich dessen gibt, was gut ist, läßt es sich sittlich verankern, also seine Förderung belohnen und seine Hinderung bestrafen.
Der Mensch übernimmt, indem er solche Sitten etabliert, die Rolle Gottes in P. K. Dick's Verständnis Seiner, das heißt er zügelt das (schopenhauersche) Buhlen des Menschen um Meinungsführerschaft durch ethische Normen und verwandelt es also.
Der Humanismus ist also eine Häresie des Schopenhauer-Plotinos'schen Denkens. Mit Abrahams ist er prinzipiell unvereinbar, da Individualität und Normativität sich ausschließen, also die Vorstellung, von Gott gehießen worden zu sein, von ihm als egotistische Anmaßung angesehen werden muß: Wir alle mögen ja unsere individuellen Vorstellungen haben, aber das sittlich Vereinbarte gilt.
Jetzt sind die Menschen natürlich keine Definitionen befolgenden Roboter, aber der Unterschied zwischen einem Gläubigen und einem Humanisten in dieser Frage läßt sich auch bei den einfachsten daran erkennen, daß sich der Gläubige die Sicht des Andern anhört, und wenn er meint, sie entspringe seinem aufrichtigen Bemühen, das Richtige ausfindig zu machen, wird er sie gewähren lassen, während der Humanist auf die Verbindlichkeit der Norm drängen wird.
Die Etablierung das Gute überwachender Sitten ist dem Humanisten die höchste Pflicht, welche jede Maßnahme zu diesem Zweck rechtfertigt. Freilich, anstatt das Gute in globalen Abstimmungen zu bestimmen, könnte es auch lokal situationsgemäß bestimmt werden, und dann näherten sich seine sozialen Verhandlungen zwischen Humanisten jenen zwischen Gläubigen an, doch bestünde dann eben keine vergleichbare Kontrolle und die Verantwortung für die Zügelung des Buhlens um die Meinungsführerschaft wäre wenigstens zum Teil an Gott abgetreten worden.
Was ihre Verfassung angeht, sind die Menschen freilich phlegmatisch und sehen höchstens darauf, daß ihnen kein Hindernis im Wege steht, so daß selber wohl eine Verfassung vereinseitigen können, aber sich ansonsten von einer sie zu ordnen beanspruchenden Gruppe verfassen lassen. Größtenteils ist dies in der europäischen Geschichte durch die katholische Kirche geschehen, und ich halte auch den Grundgedanken des Humanismus, sowie seine napoléonische Ausgestaltung für ihr Werk, Marx mag einige eigene Gedanken eingebracht haben, die Theorie des Korporalismus hingegen, welche den Faschismus vorbereitete, war wiederum ein katholisches Forschungsprojekt.
Es ist also gar nicht so gefährlich, Menschen unbeaufsichtigt zu lassen: Sie stehen sich doch nur gegenseitig auf den Füßen, aber selbst wenn es eine Fraktion von Humanisten geben sollte, welche dies als naturgesetzlich anerkennt und also gar nicht meint, ihre Kontrolle aufzugeben, wenn sie die Verhandlung des Guten lokal erfolgen läßt, müßte sie doch durch die heutigen technischen Möglichkeiten globaler Meinungsbildung aufgeschreckt werden und zunehmend selber zur globalen Kontrolle übergehen.
Betrachten wir also im folgenden den Humanisten reinen Wassers, um ihn einmal so zu nennen. Seine Verpflichtung zur Etablierung das Gute überwachender Sitten ist traditionsbildend, und Traditionen neigen aufgrund der fortgesetzten Umsetzungsfragen zur Aufspaltung. Eine wesentliche solche Aufspaltung unserer Zeit ist die in kulturelle Herrschaften, also in Erlebnis-, Repräsentations- und Willenskulturen., welche sich ja allesamt als das Gute überwachende Sitten etablierend verstehen, indes, und das möchte ich hier gleich dazu sagen, muß diese Etablierung nicht als vollumfängliche Pflicht verstanden werden, sondern wird es heute lediglich.
Wiewohl Humanisten das Gute aus der menschlichen Natur entspringend betrachten, sind sie weiterhin versucht, es durch Zurschaustellung zu kommunizieren, um es zu präzisieren, konkretisieren und verbindlich zu machen, aber auch dies führt wieder zu Aufspaltung, diesmal nicht in unterschiedliche Traditionen, sondern in Blöcke unterschiedlicher Vertraut- und Überzeugtheit mit, beziehungsweise von dem Guten, wobei ihr Grade umso höher sind, desto näher der Block der Regierung steht.
Außerdem werden Humanisten oftmals ein Gutes vorenthalten, um Normverletzungen zu bestrafen, ohne dabei einen Unterschied zwischen ideellen, sozialen und materiellen Gütern zu machen, was hingegen nur die Grobheit ihres Denkens beweist, also sich nicht zu fragen, was wie geteilt werden sollte, und statt dessen die Zurverfügungstellung jeglicher Güter normativ zu regeln.
Doch wiewohl diese Grobheit heutzutage weit verbreitet ist, möchte ich sie nicht voraussetzen und erwähne sie nur, um die heutigen Humanisten erkennbarer zu machen.
Da Humanisten nun also einerseits von Natur heterogen sind und andererseits unter einer ausufernden Kontrollpflicht stehen, wobei sie aufgrund ihrer Verleugnung ihrer Gehießenheit ihr ganzes Handeln auch nur als aus gleichrangigen Ansätzen wählend betrachten können, das heißt nichts ausschließen oder bevorzugen mögen, sind sie unfähig geworden, weiterhin das Gute vor dem In den Bann Ziehenden zu schützen, nämlich weil sie zu seinem Schutz selbst zunehmend in den Bann zu ziehen versuchen.
Es ist unmöglich, Gutes zu wirken, wenn alle Anstrengungen darauf gerichtet sind, Schlechtes zu verhindern. Der Humanismus zerbricht an seiner Anmaßung und seinem Mißtrauen. Dennoch ist er bisher gänzlich unangekränkelt von Selbstzweifeln. Alles, was bisher geschehen ist, ist, daß sich die Menschen weniger phlegmatisch verfassen lassen als bisher, eine notwendige Voraussetzung für weiteres, aber noch lange nicht hinreichend.
Labels: 40, formalisierung, geschichte, gesellschaftsentwurf, gesellschaftskritik, gesetze, institutionen, sehhilfen, wahrnehmungen, zeitgeschichte, ἰδέα, φιλοσοφία