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17. Januar 2024

New Age als Entdeckensungleichgewicht

Endlich fügt sich was zusammen. Iasos und Ευάγγελος Οδυσσέας Παπαθανασίου haben genug Informationen hinterlassen.

So schlecht, wie ich erst dachte, ist Iasos' metaphysisches Verständnis gar nicht. Das hier
Beliefs ==> Perception ==> Interpretation ==> Emotional reaction ==> Thoughts ==> Action
kann man fast so stehen lassen, wiewohl ich Assessment statt Interpretation schreiben würde und es etwas heikel ist, die emotionale Reaktion von der Erfassung zu lösen, vergleiche Holostasen und Hypostasen. Ich würde also vielleicht lieber
Belief => Perception => Assessment => Thought => Action
schreiben, aber noch besser gefällt mir eine ausführlichere Darstellung, wie ich sie ja auch vorgenommen habe.

Aber lassen wir solche Haarspaltereien. Der springende Punkt ist, daß New Age nicht wegen seiner Metaphysik problematisch ist, sondern wegen seiner Ethik.

Nur weil alles eins ist und Zeit eine Illusion, das heißt, die lineare Zeit ist eine Illusion, einzig die punktförmige ist real, heißt das noch lange nicht, daß wir uns nicht auf diese Illusion einlassen sollten. Ein radikales Nichteinlassen führte zu asketischen Übungen der hier behandelten Art (natürlich nicht jene Oleg Vorslavs, welche die lineare Zeit indes auch dünner macht), aber darum geht es New Age gar nicht, sondern darum, wie aus Aphrodite's Child's 666 und dieser Zeile bei Iasos erhellt
#1. Act on your Excitement, your Passion - whatever is most exciting to you - in the moment. Do this every moment that you can. (Excitement is your Higher Self, pointing you in a particular direction, hoping you move in that direction.)
Einfälle freizulegen und sonst nichts, das heißt insbesondere
  • nicht Bewirkungen aufzugreifen (Erlebniskultur) und
  • nicht in Begriffe einzusetzen (Willenskultur),
und als ich meinen Beitrag vom 2. Januar schrieb, erließ ich also eine Fatwa, um es einmal so zu nennen, gegen New Age, in welcher ich New Age implizit selbstvergessen und selbstherrlich nannte, was bis zu einem gewissen Grad auch auf mich selbst zurückfällt, wie ich am 13. Januar einräumte.

Möglicherweise tue ich der bei Iasos vorgestellten Lehre damit ein wenig Unrecht, in dem Sinne, daß das Entdecken nur seiner Wichtigkeit wegen in den Vordergrund gerückt wird, angesichts seines Todes aber wahrscheinlich nicht.

Auch ist sein Haß auf Vangelis bezeichnend. Ich sagte schon, daß Vangelis Schopenhauers Auffassung vertritt, daß der Mensch, um Frieden zu finden, von dem tyrannischen Roß, welches er seinen Willen nennt, absteigen muß - oder zur Not auch heruntergestoßen werden. Und also bemüht er, genau wie Schopenhauer, die triefendste Melodramatik, etwa hier

und hier


Ich kann Message stundenlang zuhören, Losing Sleep (Still, My Heart) auch, auch wenn's ein Abklatsch ist, aber wenn ich's tagelang tue, stellen sich negative Begleiterscheinungen ein, ungefähr in dem Sinne, in welchem Iasos vor ihnen warnt.

Was Iasos hingegen verkennt, ist, daß es keine herrlichere Vorstellung gibt, welche unserem (subjektiven) Glauben mehr entspräche, als daß Gott die Trauer eines Kindes erhört. Und das kann man Vangelis nicht vorwerfen, daß er dies vergessen hätte.

Die Wahrheit ist, daß Vangelis Carl Sagan genau auf dieselbe Weise rechtgibt, wie Platon Sokrates rechtgegeben hat, und auch aus demselben Grund: Weil sie etwas in ihnen zerbrochen haben, schickten sie sich an, ihre vorwitzige begriffliche Auffassung bis auf ihre einzelnen Moleküle zu verdampfen.

Und das gefällt mir. Allerdings kann man sich nicht dauerhaft in der Rolle des Engels des Todes gefallen. Das trauernde Kind trauert ja um Gottes Ordnung, und ihr gelten die ureigene Beobachtung, Entscheidung und Schöpfung.

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